Frage von Dr. W.J. aus Ravensburg: >> Vor allem bei der Indikation Herzinsuffizienz, aber auch bei Hypertonie, wird zunehmend als angeblich bessere Alternative Carvedilol im Vergleich zu anderen Betarezeptoren-Blockern beworben. Gibt es nach Studienlage (z.B. die CAPRICORN-Studie) objektive Gründe, Carvedilol vorzuziehen? <<
Antwort: >> Die CAPRICORN-Studie (1) untersuchte herzinsuffiziente Patienten mit Zustand nach akutem Myokardinfarkt. Sie waren – anders als in älteren Studien – zu einem größeren Teil mit Reperfusionsmaßnahmen vorbehandelt. Fast alle erhielten auch ACE-Hemmer. Die zusätzlich mit Carvedilol Behandelten hatten eine Letalität von 12%, die anderen von 15%. Der Unterschied war gerade eben statistisch signifikant. Man kann also wohl davon ausgehen, daß Carvedilol zur Behandlung von herzinsuffizienten Patienten bei Zustand nach akutem Myokardinfarkt wirksam ist. Ein Vergleich mit anderen Beta-Blockern ist allerdings – auch in der CAPRICORN-Studie – bisher nicht durchgeführt worden. Es gibt aber eine Reihe von Studien, in denen die Wirksamkeit von Beta-Blockern bei Herzinsuffizienz untersucht wurde. Eine Übersicht gibt Tab. 1. Man kann daraus ersehen, daß bis auf Bucindolol alle untersuchten Beta-Blocker eine ähnliche Wirkung haben. In die BEST-Studie (4), die Bucindolol untersuchte, waren relativ viele schwarze Patienten eingeschlossen worden, bei denen Beta-Blocker erfahrungsgemäß weniger gut wirken. Man vermutet, daß die Unterschiede auch genetisch bedingt sein können.
Im N. Engl. J. Med. wurde eine Arbeit von B.D. Lowes et al. publiziert, die sich mit dem Wirkungsmechanismus der Beta-Blocker bei Herzinsuffizienz befaßt. Es scheint sich zu bestätigen, daß Beta-Blocker direkt modulierend in die Molekülstrukturen (Gene) eingreifen, die etwas mit Kontraktilität und damit der linksventrikulären Auswurffraktion zu tun haben (6).
In einer Übersicht im selben Heft (7) weist L.W. Stevenson darauf hin, daß Beta-Blocker heute zur Basistherapie von Patienten mit Herzinsuffizienz gehören, solange keine Kontraindikationen vorliegen, z.B. chronisch obstruktive Lungenerkrankung oder dekompensierte Herzinsuffizienz. Bezüglich der Auswahl der Beta-Blocker unterstreicht er, daß nur solche angezeigt sind, die selektiv die Beta1-Rezeptoren blockieren, wie Metoprolol oder Bisoprolol, und bedingt auch solche, die Beta1– und Beta2-Rezeptoren blockieren, wie Carvedilol. Carvedilol führt zusätzlich zu einer Vasodilatation. Das kann günstig sein. Beta-Blocker mit einer intrinsischen sympathikomimetischen Aktivität, wie z.B. Xamoterol, sind schädlich. In den USA wird überwiegend Carvedilol oder Metoprolol, letzteres mit verzögerter Freisetzung, verordnet. Einen direkten Vergleich der Beta-Blocker miteinander hat es aber bisher nicht gegeben und damit auch keine sichere Grundlage dafür, ein Präparat an die erste Stelle zu setzen. <<
Literatur
- CAPRICORN investigators (Carvedilol Postinfarct survival Control in LV dysfunction): Lancet 2001, 357, 1385; 2001, 358, 1457.
- Packer, M., et al. (COPERNICUS = CarvedilOl ProspEctive RaNdomIzed CUmulative Survival study): N. Engl. J. Med. 2001, 344, 1649; s.a. AMB 2001, 35, 42.
- CIBIS-II investigators (Cardiac Insufficiency BIsoprolol Study-II): Lancet 1999, 353, 9 und 1360; s.a. AMB 1996, 30, 49; 1999, 33, 21 und 75; 2001, 35, 57.
- BEST investigators (Beta-Blocker Evaluation of Survival Trial): N. Engl. J. Med. 2001, 344, 1659; s.a. AMB 2001, 35, 42.
- MERIT-HF = MEtoprolol CR/XL Randomized Intervention Trial in Heart Failure: Lancet 1999, 353, 2001; JAMA 2000, 283, 1295; s.a. AMB 1999, 33, 75.
- Lowes, B.D., et al.: N. Engl. J. Med. 2002, 346, 1357.
- Stevenson, L.W.: N. Engl. J. Med. 2002, 346, 1346.