Artikel herunterladen

Welcher GP IIb/IIIa-Rezeptor-Blocker ist bei Koronarinterventionen zu empfehlen? Die TARGET-Studie

Stents, ADP-Rezeptor-Blocker (Clopidogrel) und GP IIb/IIIa-Rezeptor-Antagonisten (Abciximab = ReoPro, Tirofiban = Aggrastat, Eptifibatid = Integrilin) haben die koronaren Katheterinterventionen in den vergangenen Jahren wesentlich sicherer gemacht. Noch nicht ganz klar ist die Differentialindikation der verschiedenen zur Verfügung stehenden GPIIb/IIIa-Rezeptor-Antagonisten, die sich in ihren pharmakokinetischen und -dynamischen Daten und auch im Preis unterscheiden. Vereinfacht gesagt wirkt Abciximab lange (75% der Dosis als Bolusgabe und 25% als Kurzinfusion) und ist teuer, dagegen wirken Tirofiban und Eptifibatid kurz (5% als Bolusgabe und 95% als Dauerinfusion über 1-2 Tage) und sind billiger (1).

Während Tirofiban und Eptifibatid nach der gegenwärtigen Datenlage bei instabilen, Troponin-positiven Koronarsyndromen als ”Bridging” bis zur Koronarintervention sinnvollerweise angewendet und im übrigen auch wegen der kurzen Halbwertszeit von Herzchirurgen mehr geschätzt werden, ist Abciximab mit seiner schnellen und stabilen Wirkung die wichtigste Notfallsubstanz im Herzkatheterlabor.

In nur ganz wenigen Studien wurden GP IIb/IIIa Rezeptor-Antagonisten vergleichend untersucht. Die bedeutsamste dieser Vergleichsstudien ist TARGET (2), bei der Tirofiban gegen Abciximab als Adjuvans bei Stent-Implantationen getestet wurde.

Bei den 4809 Patienten in TARGET handelte es sich um Patienten, die im Rahmen eines akuten Koronarsyndroms (63%) oder elektiv wegen nachgewiesener Stenosen mit einem Stent versorgt wurden. Es handelte sich nicht um Infarktpatienten. Die 30-Tage-Ergebnisse der TARGET-Studie wurden 2001 veröffentlicht (2). Es zeigte sich, daß Abciximab besser abschnitt als Tirofiban hinsichtlich des gemeinsamen Endpunkts Tod, Myokardinfarkt und frühe Reintervention (RR = 0,74) bei einem gleichen Sicherheitsprofil. Der Unterschied kam im wesentlichen durch die höhere periinterventionelle Herzinfarktquote (CK-Anstieg) bei den Patienten mit instabilem Koronarsyndrom im Tirofiban-Arm zustande.

Nun wurden die 6-Monats-Daten aus der TARGET-Studie (sekundärer Endpunkt) vorgelegt (3). Der Zeitraum von 6 Monaten ist deshalb interessant, weil während dieser Zeit üblicherweise Restenosen auftreten. Nach 6 Monaten ist der Unterschied beim gemeinsamen Endpunkt zwischen den beiden Behandlungsarmen nun nicht mehr nachweisbar (Tab. 1). Besonders interessant ist der Punkt Re-PTCA an der Primärläsion. Mit 8,1% bzw. 8,6% traten erstaunlich wenige klinisch relevante Restenosen auf. In der Ära vor den Stents, ADP-Blockern und GP IIb/IIIa Rezeptor-Antagonisten lag die Quote über 30%.

Es bleibt der Unterschied bestehen in der Häufigkeit der Infarkte bei den Patienten, bei denen ursprünglich wegen eines instabilen Koronarsyndroms interveniert wurde (10,4 vs. 8,2%), wobei der Unterschied bereits in den ersten 48 Stunden entstanden ist; danach liefen die Kaplan-Meier-Kurven parallel. Einen Einfluß auf die Sechs-Monate-Sterblichkeit hatte dieser Effekt nicht.

Kritisch angemerkt werden muß, daß 40% der TARGET-Patienten kein akutes Koronarsyndrom bei Studienbeginn hatten. Bei solchen Patienten würde heute routinemäßig kein GP IIb/IIIa-Rezeptor-Blocker verabreicht werden. Dies könnte den Unterschied zu Gunsten von Tirofiban positiv beeinflußt haben.

Fazit: Die TARGET-Studie zeigt, daß die Koronarintervention mit modernen Stents und den hochpotenten Thrombozytenaggregationshemmern sicherer geworden ist und daß die Restenoserate nach 6 Monaten mittlerweile unter 10% liegen kann. TARGET hat auch gezeigt, daß Abciximab bei Interventionen wegen instabiler Koronarsyndrome Komplikationen effektiver verhindert als Tirofiban. Dieser initiale Unterschied in den klinischen Ereignissen scheint sich aber mit der Zeit anzugleichen, so daß sich in der Routine die kostengünstigere Substanz durchsetzen dürfte.

Literatur

  1. AMB 2001, 35, 48.
  2. Topol, E., et al. (TARGET = Do Tirofiban And ReoPro Give similar Efficacy outcome Trial): N. Engl. J. Med. 2001, 344, 1888.
  3. Moliterno, D.J., et al. (TARGET = Do Tirofiban And ReoPro Give similar Efficacy outcome Trial): Lancet 2002, 360, 355.

Abbildung 2002-76-1.gif