Preispolitik bei Zoledronat i.v. zur Behandlung der Osteoporose
Dr. Ch. S. aus Berlin schreibt: << Es überrascht mich, dass in der guten Übersicht zur Therapie der postmenopausalen Osteoporose mit i.v. Bisphosphonaten (1) nicht auf die problematische Preisgestaltung von Novartis eingegangen wird. Zoledronat wird unter dem Namen Aclasta® in Ampullen zu 5 mg für 561,63 EUR und pharmakologisch identisch als Zometa® in Ampullen zu 4 mg für 359,92 EUR (oder für 332,59 EUR pro Dosis in einer 4 er-Packung) vertrieben. Die in der zitierten Phase-II-Studie von I.R. Reid et al. (2) verwendete Jahresdosis betrug 4 mg. Somit ergibt sich ein Einsparpotenzial von 201 bzw. 229 EUR pro Applikation. Formal handelt es sich allerdings bei der Anwendung von Zometa® bei Osteoporose um einen Off-label use, denn Zometa® ist nur für die Prophylaxe von Skelettkomplikationen bei ossär metastasierten Tumorerkrankungen und für die tumorinduzierte Hyperkalziämie zugelassen. <<
Antwort: >> Sie haben das Problem richtig beschrieben. Behörden haben leider keinen Einfluss auf die Preisgestaltung der Pharmafirmen. Das ist eine Gesetzeslücke. Eine Anfrage bei Novartis würde vermutlich folgendermaßen beantwortet werden: Die 4-mg-Dosis (einmal pro Jahr) in der Studie von Reid et al. (2) wurde – anders als die 5-mg-Dosis von Aclasta® in der HORIZON-Studie (3) – nicht hinsichtlich Reduktion des Frakturrisikos bei Frauen mit Osteoporose geprüft, sondern nur hinsichtlich der Änderung der Knochendichte. Außerdem müsse Novartis die hohen Kosten für die klinische Prüfung von Zoledronat i.v. bei Osteoporose über den Preis des Medikaments wieder hereinholen. Sie haben auch Recht in der Annahme, dass 4 mg Zoledronat i.v. einmal im Jahr vermutlich keinen signifikant geringeren Effekt als 5 mg einmal im Jahr auf das Frakturrisiko bei Osteoporose hat, da in der zitierten Studie von Reid et al. (2) selbst so kleine Dosen wie viermal 0,25 mg oder 0,5 mg Zoledronat im Jahr den gleichen Effekt auf die Knochendichte hatten wie zweimal 2 mg oder einmal 4 mg i.v. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist die Mitteilung der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMEA) vom 17.01.2008, dass der pharmazeutische Hersteller von Zometa® und Aclasta® (Novartis) den Antrag auf Zulassungserweiterung von Zometa® im Anwendungsgebiet „Prävention von Frakturen und Abnahme der Knochendichte bei postmenopausalen Frauen mit Mammakarzinom unter adjuvanter Therapie mit Aromatasehemmern” zurückgezogen hat (4). Der wissenschaftliche Ausschuss der EMEA (CHMP) hatte Kritik an den beiden zur Zulassungserweiterung eingereichten klinischen Studien geäußert, in denen gezeigt werden konnte, dass die Abnahme der Knochendichte unter Aromatasehemmern durch Zometa® reduziert wird (5), aussagekräftige Ergebnisse zur Verminderung von Frakturen jedoch nicht vorgelegt wurden. Darüber hinaus bemängelte die EMEA die fehlende Information über die geeignete Dosis von Zometa® für die beantragte zusätzliche Indikation.
Das Beispiel Aclasta® bzw. Zometa® belegt wieder einmal die unseriöse Preisgestaltung pharmazeutischer Hersteller und verdeutlicht die gravierenden Mängel im Design klinischer Studien vor der Zulassung von Arzneimitteln, die dazu führen, dass die für die Versorgung der Patienten wichtigen Fragen (z.B. zur angemessenen Dosis) häufig unbeantwortet bleiben. Ein Off-Label use von Zometa® zur Behandlung der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen kann aus unserer Sicht derzeit aufgrund der unzureichenden wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht empfohlen werden. <<
Literatur
- AMB 2007, 41, 81. Link zur Quelle
- Reid, I.R., et al.: N. Engl. J. Med. 2002, 346, 653 Link zur Quelle; s.a. AMB 2002, 36, 29b. Link zur Quelle
- Black, D.M., et al. (HORIZON Pivotal fracture trial = Health Outcomes and Reduced Incidence with Zoledronic acid ONce yearly): N. Engl. J. Med. 2007, 356, 1809. Link zur Quelle
- http://www.emea.europa.eu (EMEA/31266/2008) Link zur Quelle
- AMB 2005,39, 81. Link zur Quelle