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Integraseinhibitoren: eine weitere Option in der HIV-Therapie

Die Infektion mit dem Humanen Immundefizienz-Virus (HIV) konnte in den letzten 20 Jahren durch antiretrovirale Pharmakotherapie von einer fatalen zu einer chronischen Erkrankung gemildert werden – ein einzigartiger medizinischer Erfolg (1). Es hat sich aber auch gezeigt, dass das HIV wegen seiner hohen Mutationsrate häufig Resistenzen gegen die eingesetzten Wirkstoffe entwickelt. Ein weiterer Wermutstropfen sind die häufigen unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) der bisherigen Therapie. Beides sind gute Gründe, nach neuen Wirkstoffen gegen das HIV zu suchen.

Für Patienten mit multiplen HIV-Resistenzen gibt es in den letzten Jahren Hoffnung durch die Entwicklung verschiedener Substanzen mit anderen, neuen Angriffspunkten im Replikationszyklus des HIV. Zu diesen neu zugelassenen Arzneimitteln gehört auch die Klasse der Integraseinhibitoren (z.B. Raltegravir = MK-0518 = Isentress®). Die Integrase ist ein HIV-Enzym, das für die Integration des Provirus ins Wirtsgenom sorgt. An Hand zweier vom Hersteller Merck, USA, im N. Engl. J. Med. publizierten Studien zu Raltegravir (2, 3) wollen wir diese Substanzklasse kurz vorstellen.

In der ersten Studie (2) wurden doppeltblind Wirksamkeit und Sicherheit von Raltegravir bei HIV-infizierten Patienten getestet, bei denen bereits Resistenzen gegen drei Substanzklassen bestanden. Diese Studie wurde parallel in verschiedenen geographischen Regionen durchgeführt. Die zweite Studie (3) ist eine Subgruppenanalyse der ersten Studie hinsichtlich unterschiedlicher prognostischer Faktoren. Alle Patienten erhielten eine optimale Therapie mit den bisher zur Verfügung stehenden Medikamenten („backbone oder background therapy”). Raltegravir wurde von 462 Patienten zusätzlich eingenommen (zweimal 400 mg/d) und mit Plazebo (237 Patienten) verglichen (Randomisierung 2:1). Die Auswertung erfolgte nach 16 und 48 Wochen. Eine Suppression der Viruslast unter die Nachweisgrenze (< 50 Kopien/ml Blut) fand sich nach 16 Wochen bei 61,8% in der Raltegravir- und bei 34,7% in der Plazebo-Gruppe (p < 0,001). Die Ergebnisse nach 48 Wochen waren ähnlich: 62,1% vs. 32,9%. Während der Studienzeit wurden in der Raltegravir-Gruppe bei 16 Patienten (3,5%) bösartige Erkrankungen diagnostiziert (zehn neu aufgetreten, sechs Rezidive), in der Plazebo-Gruppe bei vier Patienten, davon drei neue (1,7%). Die bösartigen Erkrankungen waren sehr unterschiedlich, so dass ein direkter Zusammenhang mit der Substanz eher unwahrscheinlich ist. In der Raltegravir-Gruppe gab es zehn, in der Plazebo-Gruppe sechs Todesfälle (nicht signifikant unterschiedlich). Die UAW waren in beiden Gruppen ähnlich.

Bei der Analyse von Subgruppen (3) zeigte sich, dass Raltegravir einen Vorteil bringt bei Patienten mit niedrigen CD4-Ausgangswerten und hoher Viruslast (ungünstige prognostische Faktoren). Bedenklich ist jedoch, dass es nach 48 Wochen bei 105 von 462 Patienten bereits zur Resistenz des HIV gekommen war, die zur Unwirksamkeit von Raltegravir führte. Diese Resistenz wurde besonders bei solchen Patienten gefunden, bei denen die laufende „Background-Therapie” durch Resistenzentwicklung bereits komplett unwirksam war und somit faktisch eine Monotherapie mit Raltegravir stattgefunden hatte. Die Studien belegen die geringe genetische Resistenzbarriere des HIV gegenüber Integraseinhibitoren (4, 5).

Fazit: Integraseinhibitoren sind eine weitere wichtige Option in der Therapie von HIV-Patienten, bei denen ein Teil der bereits eingesetzten antiretroviralen Arzneimittel durch Resistenzbildung des HIV unwirksam geworden ist. Wegen der schnellen Resistenzentwicklung, auch gegen die Integraseinhibitoren, sollte diese neue Wirkstoffklasse ausschließlich in Kombination mit anderen, noch wirksamen Substanzen eingesetzt werden.

Literatur

  1. Palella, F.J., et al.: N. Engl. J. Med. 1998, 338, 853. Link zur Quelle
  2. Steigbigel, R.T., et al. (BENCHMRK-1 und 2 = Blocking integrase in treatment Experienced patients with a Novel Compound against HIV, MeRcK-1 und 2): N. Engl. J. Med. 2008, 359, 339. Link zur Quelle
  3. Cooper, D.A., et al. (BENCHMRK-1 und 2 = Blocking integrase in treatment Experienced patients with a Novel Compound against HIV, MeRcK-1 und 2): N. Engl. J. Med. 2008, 359, 355. Link zur Quelle
  4. Havlir D.V., et al.: N. Engl. J. Med. 2008, 359, 416. Link zur Quelle
  5. Malet, I., et al.: Antimicrob. Agents Chemother. 2008, 52, 1351. Link zur Quelle