Die Studien der Women’s Health Initiative (WHI) zum Effekt der „Hormonersatz-Therapie” (HRT) auf die Gesundheit postmenopausaler Frauen sind ein Meilenstein der klinischen Forschung. Wir haben 2002 und 2006 zusammenfassend darüber berichtet (1, 2). Im Jahr 2002 wurde nach etwas mehr als fünf Jahren Laufzeit derjenige Teil der Studie, in dem ca. 16 600 Frauen (im Mittel um 65 Jahre alt) mit intaktem Uterus täglich 0,625 mg konjugierte Östrogene plus 2,5 mg Medroxyprogesteron-Azetat oder Plazebo eingenommen hatten, wegen einer erhöhten Inzidenz unerwünschter Wirkungen abgebrochen. Zu dieser Zeit war das Risiko für neu aufgetretenen Brustkrebs in der Verum-Gruppe um durchschnittlich 26% höher als unter Plazebo. Außerdem waren kardiovaskuläre Ereignisse häufiger. Die Mitteilung dieser Ergebnisse hat fast überall in der Welt zu einem Rückgang der Verschreibung und Einnahme von HRT-Präparaten geführt. In mehreren regionalen Studien wurde gezeigt, dass parallel hierzu die Inzidenz neu entdeckter Mammakarzinome seit 2003 abgenommen hat (3-5). Die Ursachen hierfür werden aber kontrovers diskutiert.
Die Autoren der WHI-Studien berichten jetzt im N. Engl. J Med. über die Inzidenz neu entdeckter Mammakarzinome nach Beendigung der Intervention in der Östrogen/Gestagen-Gruppe (6). Alle Frauen waren im Juli 2002 angewiesen worden, die HRT- bzw. Plazebo-Einnahme zu stoppen. Dieser Brief eröffnete die Post-Interventions-Phase der Studie. In der Folgezeit wurden die Teilnehmerinnen weiterhin aufgefordert, regelmäßig Mammografien durchführen zu lassen. Tatsächlich nahm die Zahl der Mammografien pro Jahr nur um etwa 15% ab. In den Jahren der Intervention war die Inzidenz neu entdeckter Mammakarzinome im Steigen begriffen. In den letzten drei Jahren der Hormoneinnahme betrug das Relative Risiko (RR) für neu entdeckten Brustkrebs in der HRT- vs. Plazebo-Gruppe 1,59 bzw. 1,88 bzw. 1,48. Im ersten Jahr nach Beendigung der Studie fiel das RR auf 1,2 und betrug im zweiten Jahr 1,43 und im dritten Jahr 1,19. Hier endete offenbar die Nachbeobachtungszeit. Diese Zahlen sprechen für einen Rückgang der Inzidenz von Mammakarzinomen nach Beendigung der HRT, unabhängig von der Intensität der Diagnostik (z.B. durch Mammografien).
Weiterhin wird über eine andere Gruppe von 41 449 etwa gleich alten postmenopausalen Frauen berichtet, die an anderen WHI-Studien teilnahmen, bei denen die kombinierte HRT (Östrogene/Gestagene) und die jährliche Diagnoserate von Brustkrebs bekannt war. 25 328 Frauen dieser Beobachtungsstudie nahmen keine Hormone, während 16 121 Frauen bei Einschluss ein Östrogen/Gestagen-Präparat einnahmen, vermutlich nicht in allen Fällen die gleichen Medikamente wie die Frauen der prospektiv-randomisierten Studie. Auch diesen Frauen wurden die Ergebnisse der im Jahr 2002 abgebrochenen Studie mitgeteilt, ohne dass sie ausdrücklich aufgefordert wurden, die HRT-Präparate nicht mehr einzunehmen. Die Beobachtung dieser Frauen begann im Jahr 1994 und endete ebenfalls 2005. In den genauer erfassten Jahren 2000 bis 2002 war das RR für neu entdeckten Brustkrebs bei den Frauen, die Hormone einnahmen, 1,89 bzw. 1,79 bzw. 1,65. In den Jahren 2003 bis 2005 fiel das RR auf 1,18 bzw. 1,28 bzw. 1,23, parallel zur Abnahme des Gebrauchs von HRT-Präparaten.
Diese und andere Daten sprechen dafür, dass der deutliche Rückgang des Gebrauchs kombinierter Östrogene/Gestagene zu einem Rückgang der Neuerkrankungen an Brustkrebs geführt hat. Über die Ergebnisse desjenigen Teils der WHI-Sudie, in der Frauen nach Hysterektomie nur mit Östrogenen oder Plazebo behandelt worden waren, haben wir früher berichtet (7). Die Studie wurde nach 6,8 Jahren Laufzeit wegen eines erhöhten Risikos für Schlaganfall unter Östrogentherapie beendet. Das Brustkrebsrisiko war aber nicht erhöht.
Fazit: Die Postinterventions-Ergebnisse der WHI-Studie sprechen für eine abnehmende Inzidenz des Mammakarzinoms nach (und vermutlich infolge) Beendigung einer kombinierten HRT. Zu den noch verbleibenden Indikationen für eine HRT haben wir in einem Hauptartikel im Jahr 2006 Stellung genommen (2). Diese Empfehlungen gelten auch heute noch.
Literatur
- AMB 2002, 36, 68. Link zur Quelle
- AMB 2006, 40, 57. Link zur Quelle
- Canfell, K., et al.: Med. J. Aust. 2008, 188, 641. Link zur Quelle
- Vankrunkelsven, P., et al.: Breast Cancer Res. Treat. 2009, Feb. 24 (Epub ahead of print). Link zur Quelle
- Katalinic, A., und Rawal, R.: Breast Cancer Res. Treat. 2008, 107, 427. Link zur Quelle
- Chlebowski, R.T., et al. (WHI = Women’s Health Initiative): N. Engl. J. Med. 2009, 360, 573. Link zur Quelle
- AMB 2004, 38, 37. Link zur Quelle