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Bessere Restitution der CD4+ T-Zellen durch frühe antiretrovirale Therapie bei HIV-infizierten Patienten

Die akute Infektion mit HIV ist durch einen schnellen Verlust der CD4+ T-Zellen im Blut charakterisiert. Im weiteren Verlauf erholen sich diese spontan, aber nur vorübergehend. Das Ausmaß und die Dauer dieser Erholung (ca. vier Monate) ist wenig untersucht (1, 2). Der dreiphasige Verlauf der CD4-T-Zellen legt nahe, dass es kurz nach der akuten Infektion ein Zeitfenster gibt, in dem sich das Immunsystem zu erholen scheint. Möglicherweise verbessert eine zu diesem frühen Zeitpunkt beginnende Therapie die Chancen auf eine vollständige Restitution des Immunsystems. Um diese Hypothese zu testen, wurde von den National Institutes of Health (NIH) in den USA eine sehr gut definierte Kohorte HIV-infizierter Patienten evaluiert, die eine antiretrovirale Behandlung (ART) früh bekommen hatte (3).

In dieser prospektiven Kohorte wurden zwei Gruppen untersucht, die sich in den Therapiezeitpunkten teilweise überschnitten. In der 1. Gruppe waren 384 Patienten, die während der frühen Phase der HIV-Infektion keine ART bekamen, in der 2. Gruppe waren es 213 Patienten, die sofort oder sehr früh nach der HIV-Infektion eine ART bekamen und die eine Suppression der Viruslast erreichten. Alle Patienten wurden 48 Monate lang nachverfolgt. Sie wurden zu einem Teil aus der „San Diego Primary Infection Cohort” der Jahre 1996-2010 rekrutiert. 80% der Patienten hatten Symptome einer primären HIV-Infektion. Deshalb konnte der Infektionszeitpunkt dieser Patienten recht gut rekonstruiert werden; er lag bei ca. 10 Wochen vor Eintritt in die Studie. Die meisten Teilnehmer dieser Studie waren weiße Amerikaner im Alter von median 35 Jahren. Zum Beginn der Studie hatten die Patienten der 1. Gruppe im Median 495 (383-622) und die der 2. Gruppe 451 (336-612) CD4+ Zellen/µl im peripheren Blut. Ziel der Studie war das Erreichen von ≥ 900 CD4+ Zellen/µl.

In der 1. Gruppe stiegen die CD4+ T-Zellen im peripheren Blut in den ersten Monaten spontan an und erreichten nach ca. vier Monaten einen Spitzenwert von median 763 (573-987)/µl. Im weiteren Verlauf fielen sie kontinuierlich ab. Das mediane Intervall vom errechneten Infektionsdatum bis zum Beginn der Therapie betrug in der 1. Gruppe 9,6 und in der 2. Gruppe 2,8 Monate. Bei Beginn der ART hatten die Patienten in Gruppe 1 median 386 (281-534) und in Gruppe 2 504 (378-720) CD4+ T-Zellen/µl im peripheren Blut.

Das Studienziel – die Erholung der CD4+ Zellen auf ≥ 900 /µl – wurde bei 64% der Studienteilnehmer erreicht, bei denen eine ART innerhalb von vier Monaten nach dem errechneten Infektionszeitpunkt begonnen wurde, aber nur bei 34% der Teilnehmer mit späterem Therapiebeginn (p > 0,001). Der Zielwert wurde in Gruppe 1 median nach 15,2 Monaten erreicht, in Gruppe 2 nach 3,8 Monaten. Wurden die Daten beider Gruppen adjustiert hinsichtlich des Therapiebeginns bei CD4+ Zellzahl oberhalb oder unterhalb von 500/µl, war die Wahrscheinlichkeit, den Zielwert von ≥ 900 CD4+ T-Zellen/µl zu erreichen, in der Gruppe mit frühem Therapiebeginn höher. Es fand sich keine Assoziation zwischen den HIV-RNS-Werten im Plasma zum Zeitpunkt des Beginns der ART und der Restitution der CD4+ Zellen. Unerwünschte Arzneimittelwirkungen waren in beiden Gruppen nicht unterschiedlich und selten.

Die Studie hat zwei wichtige Ergebnisse: 1. Der natürliche Verlauf der CD4+ T-Zellen im peripheren Blut nach HIV-Infektion hat offensichtlich zwei immunologisch wichtige Wendepunkte nach ca. vier und ca. zwölf Monaten. 2. Wird bereits innerhalb der ersten vier Monate nach HIV-Infektion die ART begonnen, gelingt es, bei 64% der Infizierten eine normale CD4+T-Zellzahl wiederherzustellen.

Fazit: Die Studie zeigt, dass bei vielen HIV-Infizierten durch einen frühen Beginn der antiretroviralen Behandlung, d.h. innerhalb der ersten vier Monate nach Infektion, wieder normale CD4+T-Zellzahlen zu erreichen sind.

Literatur

  1. Cooper, D.A., et al.: J.Infect. Dis. 1988, 157, 889. Link zur Quelle
  2. Gaines, H., et al.: AIDS 1990, 4,995. Link zur Quelle
  3. Le, T., et al.: N. Engl. J.Med. 2013, 368, 218. Link zur Quelle