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Beim Ischias-Syndrom sind epidurale Steroid-Injektionen wenig wirksam

Einer der häufigsten orthopädischen Therapieversuche bei Patienten mit Rückenschmerzen und Wurzelreiz-Symptomen der LWS sind epidurale Injektionen mit Kristallsuspensionen von Prednisolon, Methylprednisolon, Triamcinolon-Azetonid oder Betamethason, obwohl nicht klar ist, wie diese Injektionen wirken (1).

R. Pinto et al. aus Australien und den Niederlanden veröffentlichten kürzlich eine Metaanalyse mit Review zum Effekt epiduraler Steroid-Injektionen (ESI) bei Patienten mit Ischias-Syndrom, meist verbunden mit Rückenschmerzen (2). Es wurden nur solche Studien berücksichtigt, in denen bei den Patienten ein über das Knie nach kaudal ausstrahlender Schmerz mit Hinweis auf eine radikuläre Ursache ein notwendiges Einschlusskriterium war. Voroperierte Patienten und solche mit engem Spinalkanal als vermutete anatomische Ursache der Beschwerden wurden nicht berücksichtigt, denn Steroid-Injektionen sollen dabei unwirksam sein (3).

Aus vielen Publikationen wurden nur 25 – basierend auf insgesamt 23 Studien – ausgewählt. Bei allen handelte es sich um einfach verblindete, randomisierte Studien. Die Patienten mit ESI wurden getrennt nach den Injektionswegen kaudal, interlaminar (zwischen den Wirbelbögen) oder transforaminal mit solchen Patienten verglichen, die ähnliche Injektionen mit physiologischer Kochsalzlösung erhalten hatten. Auch Studien, in denen Steroide plus Lokalanästhetika mit Lokalanästhetika allein verglichen wurden, waren zugelassen, denn als Endpunkte wurden in allen Studien die Unterschiede auf einer orthopädischen Schmerz- bzw. Behinderungsskala von 0-100 zwischen den verglichenen Gruppen herangezogen.

Die Ergebnisse wurden nach den Kriterien kurzfristiger Effekt, d.h. mehr als zwei Wochen bis weniger als drei Monate, und mittellanger Effekt (drei bis zwölf Monate) ausgewertet. Zwischen den drei Injektionswegen (s.o.) ergab sich kein bedeutsamer Unterschied. Insgesamt hatten die Interventionen kurzfristig einen geringen, aber signifikanten Effekt (-6,1 Punkte auf der Schmerzskala; 95%-Konfidenzintervall = CI: -9,1 bis -3 Punkte). Auf der Behinderungsskala war der Effekt mit -3,1 Punkten (CI: -5 bis -1,2 Punkte) noch eben signifikant. Mittellange Effekte waren geringer und nicht signifikant. Auch waren die Effekte insgesamt geringer, wenn unabhängige Personen an der Auswertung beteiligt waren statt derjenigen, die die Injektionen verabreichten. Auf den das Ischias-Syndrom begleitenden Rückenschmerz hatten die Prozeduren keinen signifikanten Effekt. Die Autoren der Metaanalyse sind der Meinung, dass diese Behandlungsmethoden zwar signifikante Vorteile haben, die aber wahrscheinlich klinisch nicht bedeutsam sind.

Über UAW bzw. die Sicherheit dieser Injektionstechniken konnten keine Aussagen gemacht werden. Prinzipiell kann es zu bakteriellen und Pilz-Infektionen und auch zu Meningitiden kommen. Auch Einzelfälle von Paraplegie wurden beschrieben. In Deutschland fällt auf, dass Patienten, die Steroid-Injektionen erhielten, sehr selten von den behandelnden Orthopäden einen „Steroid-Ausweis” ausgehändigt bekommen und dass sie deshalb häufig nicht wissen, was ihnen injiziert wurde. Werden die Injektionen in zu kurzen Abständen wiederholt, können klinische Zeichen des Hyperkortisolismus (Cushing-Syndrom) auftreten. Alle Patienten haben in den ersten Wochen nach solchen Injektionen eine extrem niedrige Plasma-ACTH- und Kortisol-Konzentration durch Suppression der endogenen Hormonsekretion. Das widerspricht der häufig gemachten Mitteilung an die Patienten, die Injektionen hätten keine systemischen Wirkungen. Durch das zirkulierende synthetische Steroid sind die Patienten allerdings vor einer „Addison-Krise” geschützt. Nach mehrfachen Injektionen kann es wegen der dann eingetretenen Atrophie der Nebennierenrinde allerdings ratsam sein, die Patienten vorübergehend oral mit Hydrokortison oder Prednisolon vor einer adrenalen Krise zu schützen, wenn die Injektions-Serie beendet werden soll.

Fazit: Die Behandlung des Ischias-Syndroms mit epiduralen Injektionen kristalliner Kortikosteroide (von kaudal, interlaminar oder transforaminal) hat nur einen geringen und kurzfristigen (bis zu drei Monaten anhaltenden) Effekt auf Schmerz und Behinderung und ist nach Ansicht der Autoren dieser Metaanalyse wahrscheinlich klinisch nicht bedeutsam. So behandelte Patienten sollten immer vom Orthopäden einen „Steroid-Ausweis” erhalten, damit sie selbst und andere behandelnde Ärzte über die auch systemisch wirkende Steroidbehandlung informiert sind.

Literatur

  1. Murakibhavi,V.G., und Khemka, A.G.: Evid. Based Spine Care J. 2011, 2, 19. Link zur Quelle
  2. Pinto,R.Z., et al.: Ann. Intern. Med. 2012, 157, 865. Link zur Quelle
  3. Radcliff,K., et al. (SPORT = Spine Patient Outcomes ResearchTrial): Spine (Phila Pa 1976) 2012, 38, 279. Link zur Quelle