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Wirksamkeit nicht-steroidaler Antiphlogistika bei Arthroseschmerzen im Knie- oder Hüftgelenk – eine Netzwerk-Metaanalyse

Gelenkschmerzen gehören zu den häufigsten Symptomen, weswegen ältere Menschen einen Arzt aufsuchen (1). Die durch Schmerzen bedingte Einschränkung der Mobilität erhöht bei Älteren sogar die Letalität (1-3). In der Behandlung spielen nicht-steroidale Antiphlogistika (NSAID) eine wichtige Rolle (1-3), und die Häufigkeit solcher Beschwerden bei älteren Menschen führt dazu, dass NSAID zu den am meisten verschriebenen Arzneimitteln gehören (4). Dennoch sind die Kriterien für die Wahl eines NSAID hinsichtlich seiner Wirksamkeit – von den vielen angebotenen – und die Dosierung oft nicht klar. Es gibt viele Studien zur Wirksamkeit einzelner NSAID gegenüber Plazebo, aber nur wenige, in denen die Wirksamkeit gegeneinander verglichen wurde (5, 6). Ebenso sind Wirksamkeitsvergleiche verschiedener Dosierungen der einzelnen NSAID selten. Eine Netzwerk-Metaanalyse ist eine Methode, die es ermöglicht, anhand der Daten verschiedener Studien die Wirkstoffe untereinander einschließlich ihrer Dosierungen zu vergleichen und zu klinisch wichtigen Aussagen zu kommen.

Die Autoren einer solchen Netzwerk-Metaanalyse zur Wirksamkeit klassischer NSAID und Paracetamol bei Knie- und Hüftschmerzen (7) – sie hatten bereits 2011 die kardiovaskulären Nebenwirkungen von NSAID untersucht (8) – fanden bei ihrer Recherche 8.973 Publikationen; davon wurden 74 randomisierte Studien mit 58.556 Patienten im Zeitraum von Januar 1980 bis Februar 2015 in die Analyse aufgenommen. Nur Studien mit mindestens 100 Patienten pro Gruppe wurden berücksichtigt. Außerdem mussten die primären und sekundären Endpunkte der Studien Schmerzen und Gelenkfunktion enthalten. Die Auswertung erfolgte nach einem komplizierten erweiterten multivariablen „Bayesian random effect model“. Es wurden sieben NSAID ausgewertet: Celecoxib, Diclofenac, Etoricoxib, Ibuprofen, Lumiracoxib (2007 vom Markt genommen), Naproxen, Rofecoxib (2004 vom Markt genommen) und Paracetamol. Das am häufigsten in den Studien untersuchte NSAID war Celecoxib (200 mg/d). Das mediane Alter der Patienten lag in den Studien zwischen 58 und 71 Jahren. Die Nachverfolgung betrug im Median 12 Wochen.

Alle NSAID linderten die Schmerzen besser als Plazebo, wobei die statistische Evidenz einer besseren Wirksamkeit von Paracetamol in dieser Indikation besonders gering war (Effektgröße = EG: -0,17; vgl. 9). Bei sechs Interventionen (Diclofenac 150 mg/d: Etoricoxib 30 mg/d, 60 mg/d und 90 mg/d; Rofecoxib 25 mg/d und 50 mg/d) ergab sich eine Wahrscheinlichkeit von > 95%, dass ein vorher festgelegter klinisch relevanter minimaler Effekt gegenüber Plazebo erreicht wird. Aber nur Diclofenac 150 mg/d (EG: -0,57; 95%-Glaubwürdigkeitsintervall = GI: -0,69 bis -0,46) und Etoricoxib 60 mg/d (EG: -0,58; GI: -073 bis -0,43) erreichten die besten klinischen Ergebnisse mit einer Wahrscheinlichkeit von 100%, die vorher festgelegte minimale klinische Wirksamkeit zu erreichen. Der Behandlungseffekt nahm mit steigender Dosis zu, war aber für eine lineare Beziehung nur bei drei Präparaten signifikant: Celecoxib (p = 0,030), Diclofenac (p = 0,031) und Naproxen (p = 0,026). Es gab keine Hinweise, dass sich der Behandlungseffekt im Laufe des Behandlungszeitraums ändert. Für fast alle Präparate und Dosierungen zeigte sich eine funktionelle Verbesserung im Vergleich zu Plazebo, nur für Etoricoxib 90 mg/d gab es keine Daten zu diesem Parameter. Zwei weitere hier verwendete Auswertungsmodelle führten zum gleichen Ergebnis. Aber nur für zwei Interventionen (Diclofenac 150 mg/d und Rofecoxib 25 mg/d), ergab sich genügend Evidenz, den vorher festgelegten minimalen klinisch wichtigen Behandlungseffekt zu erreichen.

In dieser Netzwerk-Metaanalyse wurde nur die Wirksamkeit untersucht, nicht aber die Nebenwirkungen. Die Autoren gehen jedoch in der Diskussion ihrer Ergebnisse auf die zu den jeweiligen NSAID publizierten Nebenwirkungen ein, speziell auf gastrointestinale Blutungen und kardiovaskuläre Ereignisse. Sie empfehlen, die Wahl des NSAID individuell auch unter diesem Gesichtspunkt zu treffen.

Fazit: Diese Analyse zeigt, dass die Wirksamkeit von Paracetamol in der Behandlung von Knie- und Hüftschmerzen klinisch unzureichend ist, auch unabhängig von der Dosierung. Diclofenac und Etoricoxib hatten eine gute Wirkung in dieser Indikation. Natürlich müssen bei Behandlung mit NSAID die bekannten Nebenwirkungen beachtet werden (gastrointestinale Blutungen und kardiovaskuläre Ereignisse; vgl. 10, 11). Bei korrekter Indikation und nur kurzzeitiger Behandlung überwiegt wohl der Nutzen die Risiken.

Literatur

  1. Altman, R., et al.: Osteoarthritis Cartilage 1996, 4,217. Link zur Quelle
  2. Rosemann, T., et al.:BMC Musculoskelet. Disord. 2006, 7, 48. Link zur Quelle
  3. Nüesch, E., et al.: BMJ 2011, 342,d1165. Link zur Quelle
  4. Gore, M., et al.: PainPract. 2012, 12, 550. Link zur Quelle
  5. Chen, Y-F., et al.:Health Technol. Assess. 2008, 12, 1. Link zur Quelle
  6. Chou, R., et al.: Rockville (MD): Agency for Healthcare Research and Quality (US) 2011. Link zur Quelle
  7. da Costa, B.R., etal.: Lancet 2016 ahead ofpress. Link zur Quelle
  8. Trelle, S., et al.: BMJ 2011, 342,c7086. Link zur Quelle. Vgl. AMB 2011, 45, 21. Link zur Quelle
  9. AMB 2015, 49,37b. Link zur Quelle
  10. AMB 2013, 47,46a. Link zur Quelle
  11. AMB 2015, 49,40. Link zur Quelle