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Leserbrief: Zum Einsatz von Glukokortikosteroiden beim Septischen Schock

Frage: >> Apotheker R. aus G. weist uns – Bezug nehmend auf unseren Hauptartikel zu neuen Definitionen bei Sepsis und zur Glukokortikosteroidtherapie beim Septischen Schock (1) – auf eine aktuelle Publikation aus den USA von P.E. Marik et al. hin (2). Sie hat den Titel „Hydrocortisone, vitamin C, and thiamine for the treatment of severe sepsis and septic shock“ und berichtet über eindrucksvolle Erfolge mit diesem neuen Therapieansatz. Unser Leser schreibt: Wenn die Behandlung mit Kortisol (Hydrokortison) nun einen, wenn auch geringen Vorteil gezeigt hat (in der von uns besprochenen APROCCHSS-Studie (3) – die Red.) und ein Vitamin C-Mangel nachweislich bei Sepsispatienten vorliegt, frage ich mich, ob diese Kombinationsbehandlung regelhaft sinnvoll ist <<.

Antwort: >> Wir danken für diesen Hinweis (2). Die Autoren aus Norfolk/Virginia gingen von der Beobachtung aus, dass die meisten Patienten mit Sepsis sehr niedrige Vitamin C-Konzentrationen im Plasma haben, die nur mit hohen i.v. Gaben von Vitamin C korrigiert werden können. Vitamin C ist u.a. wichtig für die Kollagensynthese, ist ein bedeutsames Antioxidans und ein Cofaktor für die Biosynthese von Neurotransmittern wie Noradrenalin, Serotonin und von Peptidhormonen wie Vasopressin. Weiterhin ist die Expression und Aktivität von Glukokortikoid-Rezeptoren in vitro stark vom Redoxstatus des Milieus abhängig (4). Da Vitamin C u.a. zu Oxalat unter Vermittlung eines Thiamin-abhängigen Enzyms abgebaut wird und die meisten Sepsis-Patienten Thiamin-defizient seien, wurde in dem neuen Therapieansatz auch Thiamin substituiert.

Marik et al. berichten, dass in ihrer Intensivstation von den letzten innerhalb 7 Monaten konventionell therapierten 47 Patienten mit Septischem Schock (international übliche diagnostische Kriterien) mit Hydrokortisoninfusionen, wenn für sinnvoll gehalten, 19 (40,4%) im Krankenhaus gestorben sind. Anschließend wurden innerhalb von 7 Monaten die nächsten 47 vom Schweregrad des Septischen Schocks vergleichbare Patienten für 4 Tage mit täglich viermal 1,5 g Vitamin C i.v., für 4 Tage alle 12 Stunden mit 200 mg Thiamin i.v. und für 7 Tage alle 6 Stunden mit 50 mg Hydrokortison i.v. zusätzlich zur bisherigen Standardtherapie behandelt. Von diesen Patienten sind nur 4 (8,5%) im Krankenhaus gestorben. Auch konnte die Vasopressor-Therapie schneller reduziert werden als bei den historischen Kontrollen, und kein Patient hat ein progressives Organversagen entwickelt. Eine kontrollierte, nicht nur auf historischen Vergleichen beruhende Studie sei in Arbeit. Mehrere prospektive, randomisierte, plazebokontrollierte Phase-III-Studien zu Vitamin C, Thiamin und Hydrokortison bei Sepsis sind angemeldet bzw. rekrutieren schon (vgl. 5-7). Solange keine Ergebnisse aus diesen Studien vorliegen, sollte man mit solchen Erfolgsmeldungen prinzipiell sehr vorsichtig umgehen, zumal sie aus nur einem Zentrum stammen und die Patienten selektiv und nicht konsekutiv eingeschlossen wurden. <<

Literatur

  1. AMB 2018, 52, 25. Link zur Quelle
  2. Marik, P.E., et al.: Chest 2017, 151, 1229. Link zur Quelle
  3. Annane, D., et al. (CRICS-TRIGGERSEP Network: APROCCHSS = Activated PROtein C and Corticosteroids for Human Septic Shock): N. Engl. J. Med. 2018, 378, 809. Link zur Quelle
  4. Okamoto, K., et al.: J. Biol. Biochem. 1999, 274, 10363. Link zur Quelle
  5. VICTAS = VItamin C, Thiamine, And Steroids in sepsis. Link zur Quelle
  6. ACTS = Ascorbic acid, Corticosteroids, and Thiamine in Sepsis. Link zur Quelle
  7. HYVCTTSSS = Hydrocortisone, Vitamin C, and Thiamine for the Treatment of Sepsis and Septic Shock. Link zur Quelle