Vigabatrin (Sabril) ist ein Antiepileptikum (s.a. AMB 1993, 27, 1 u. 67) , nach dessen Einnahme in Einzelfällen über Sehstörungen, verursacht durch Gesichtsfeldausfälle, berichtet wurde. L.V. Wilton et al. aus Southampton (UK) führte eine systematische Recherche über die Inzidenz dieser möglicherweise mit der Einnahme von Vigabatrin zusammenhängenden Nebenwirkung durch (Brit. Med. J. 1999, 319, 1165). Unter etwa 10000 Patienten, die im Mittel 14 Monate lang Vigabatrin eingenommen hatten, fanden sie 11 Patienten mit anderweitig unerklärten Gesichtsfelddefekten. An die Hausärzte von ca. 7000 Patienten, die weiterhin Vigabatrin einnahmen, wurden anschließend einfache Fragebögen verschickt, in denen mögliche Nebenwirkungen dieses oder anderer Medikamente erfragt wurden. Falls ein Patient Sehstörungen gehabt hatte, wurden die behandelnden Augenärzte um Berichte gebeten. Insgesamt etwa 4700 zurückgeschickte Fragebögen waren informativ. Sie ergaben, daß 30 Patienten aus dieser Gruppe Gesichtsfeldausfälle hatten, die vermutlich keine andere Ursache hatten, als die Behandlung mit Vigabatrin. Auffällig war, daß die Patienten mit dieser möglichen Nebenwirkung ungewöhnlich lange (33-66 Monate) mit dem Medikament behandelt worden waren. Die Autoren halten einen ursächlichen Zusammenhang zwischen einer Langzeitbehandlung mit Vigabatrin und dem Auftreten von Gesichtsfelddefekten für sehr wahrscheinlich, obwohl die Studie nicht prospektiv war.
Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI; z.B. Fluoxetin = Fluctin, Paroxetin = Seroxat, Tagonis, Sertralin = Gladem, Zoloft) werden häufig zur Behandlung depressiver Syndrome verwendet. In den letzten Jahren ist mehrfach über eine im Zusammenhang mit der Einnahme dieser Medikamente beobachteten Blutungsneigung (Ekchymosen, Nasenbluten, verlängerte Blutung bei Verletzungen, aber auch gastrointestinale und intrakranielle Blutungen) berichtet worden. Die wahrscheinliche biochemische Grundlage ist die Beeinträchtigung der Thrombozytenfunktion durch Hemmung der Serotoninaufnahme in die Blutplättchen. Die Serotonintransporter von Gehirnzellen und Thrombozyten funktionieren ähnlich. F.J. de Abajo et al. aus Spanien (Brit. Med. J. 1999, 319, 1106) führten eine Fall-Kontroll-Studie durch, mit der die Häufigkeit der Einnahme von SSRI bei Patienten mit oberer gastrointestinaler Blutung (oGIB) oder Ulkusperforation mit der in einer Kontrollgruppe verglichen wurde. 1651 Fälle von oGIB, 248 Ulkusperforationen und 10000 gleichaltrige und gleichgeschlechtliche Kontrollpersonen aus den gleichen Praxen wurden evaluiert.
3,1% der Patienten mit oGIB, aber nur 1% der Kontrollen hatten in den letzten 30 Tagen vor dem Ereignis oder vor der Befragung SSRI eingenommen (Relatives Risiko: 3,0, Konfidenzintervall: 2,1-4,4). Die Dauer der vorausgegangenen Behandlung hatte keinen Einfluß auf die Inzidenz von oGIB. Ulkusperforationen waren nicht mit der Einnahme dieser Medikamente assoziiert. Die gleichzeitige Einnahme von nicht-steroidalen Antirheumatika und SSRI erhöhte das Relative Risiko für eine oGIB überadditiv auf 15,6 (6,6-36,6). Eine geringere Interaktion war auch zwischen Azetylsalizylsäure und SSRI erkennbar. Das Relative Risiko war bei dieser Kombination 7,2 (3,1-17,1). Nicht-selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (z.B. Amitryptilin, Imipramin) waren mit einem nur gering erhöhten Relativen Risiko für oGIB (RR = 1,4) assoziiert. Eine kombinierte Behandlung mit diesen Medikamenten und nicht-steroidalen Antirheumatika sollte jedoch nur bei strenger Überprüfung der Indikation und nach Ausschluß von Risikofaktoren für oGIB erfolgen. Diese Studie wird in einem Editorial des Brit. Med. J. von A. Li Wan Po (1999, 319, 1081) genauer kommentiert.