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Clopidogrel plus ASS im Vergleich mit ASS-Monotherapie zur Prävention atherothrombotischer Ereignisse. Die CHARISMA-Studie

Clopidogrel (Plavix®, Iscover®) ist zugelassen für die Indikationen: Patienten mit Herzinfarkt (wenige Tage bis 35 Tage zurückliegend), Patienten mit ischämischem Schlaganfall (sieben Tage bis sechs Monate zurückliegend) oder mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit; außerdem beim Akutem Koronarsyndrom ohne ST-Strecken-Hebung in Kombination mit ASS. Auch für die Nachbehandlung nach koronarer Stent-Implantation gibt es gute Evidenz (1) aber (noch) keine Zulassung. Die European Society of Cardiology empfiehlt aber Clopidogrel zur Vorbehandlung bei geplanter koronarer Intervention sowohl bei stabiler als auch bei instabiler Angina pectoris und Herzinfarkt und darüber hinaus zur Nachbehandlung bei unbeschichteten Stents für 3-4 Wochen und bei beschichteten Stents für 6 Monate, eventuell ein Jahr oder länger bei sehr risikoreichen lokalen Verhältnissen (2). Es lag daher nahe zu untersuchen, ob eine Kombinationstherapie von Clopidogrel plus ASS auch dann der Monotherapie mit ASS überlegen ist, wenn kein akutes Ereignis vorliegt.

Dies wurde in der multizentrischen (768 Institutionen), multinationalen (32 Länder) CHARISMA-Studie untersucht (3, 4). 15603 Patienten mit nachgewiesener arteriosklerotischer Gefäßkrankheit oder multiplen Risikofaktoren erhielten randomisiert entweder 75 mg/d Clopidogrel plus 75-162 mg/d ASS oder Plazebo plus ASS. Die Nachbeobachtungszeit war im Median 28 Monate. Der primäre kombinierte Endpunkt war Schlaganfall, Myokardinfarkt oder kardiovaskulärer Tod. Als sekundärer kombinierter Endpunkt wurde die Häufigkeit von Schlaganfall, Myokardinfarkt, kardiovaskulärer Tod und Krankenhausaufenthalt wegen ischämischer Ereignisse ausgewertet. Die Studie war konzipiert, Unterschiede in der Häufigkeit dieser Endpunkte bei Patienten nur mit Risikofaktoren bzw. mit bereits nachgewiesener Gefäßerkrankung zu entdecken. Es wurden aber auch die Ergebnisse in Untergruppen untersucht und beschrieben. Die Studie wurde von den Herstellerfirmen von Clopidogrel unterstützt. Für 22 der 26 Autoren sind entsprechende finanzielle Zuwendungen erwähnt.

Das mittlere Lebensalter der Patienten war 64 Jahre, 30% waren Frauen, 75% hatten eine nachgewiesene Gefäßerkrankung. Die Verteilung der Patienten auf die Gruppen mit Kombinationstherapie bzw. ASS-Monotherapie war gleich, auch bezüglich Häufigkeit der Risikofaktoren und Begleittherapie. Die Ergebnisse sind in Tab. 1 wiedergegeben.

Insgesamt war kein zusätzlicher präventiver Effekt von Clopidogrel plus ASS im Vergleich zur Monotherapie mit ASS festzustellen. Bei Patienten nur mit Risikofaktoren (ohne nachgewiesene Gefäßerkrankung) hatte Clopidogrel eher negative Wirkungen, ebenso bei Frauen und übergewichtigen Patienten. Demgegenüber waren in der Untergruppe der Patienten mit nachgewiesener Gefäßerkrankung die positiven Ergebnisse häufiger. Andererseits gab es unter der Kombinationstherapie mehr Blutungskomplikationen.

Fazit: M.A. Pfeffer und J.A. Jarcho schreiben in einem Editorial zu CHARISMA sinngemäß (5): Die fehlende Wirksamkeit, kombiniert mit einer erhöhten Zahl von Blutungen, aber auch der hohe Preis einer solchen Langzeit-Kombinationstherapie beantworten die Frage, die sich die Studie gestellt hatte, ganz klar: Bei diesen Patienten sollte die Kombinationstherapie nicht eingesetzt werden. Der verführerischen Kraft (dem Charisma), in Untergruppen positive p-Werte zu suchen und zu finden, sollte widerstanden und Patienten ohne akutes Ereignis nicht behandelt werden.

Literatur

  1. Bhatt, D.L., et al.: J. Am. Coll. Cardiol. 2002, 39, 9.
  2. Silber, S., et al.: Eur. Heart J. 2005, 26, 804.
  3. Bhatt, D.L., et al. (CHARISMA = Clopidogrel for High Atherothrombotic Risk and Ischemic Stabilization Managament and Avoidance Study): Am. Heart J. 2005, 150, 401. Erratum in: Am. Heart J. 2006, 151, 247.
  4. Bhatt, D.L., et al. (CHARISMA = Clopidogrel for High Atherothrombotic Risk and Ischemic Stabilization Managament and Avoidance Study): N. Engl. J. Med. 2006, 354, www.nejm.org, March 6, 2006.
  5. Pfeffer, M.A., und Jarcho, J.A.: N. Engl. J. Med. 2006, 354, www.nejm.org March 6, 2006.

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