Azetylsalizylsäure (ASS) hat sich in der Rezidivprophylaxe ischämischer Insulte bewährt. Über den Effekt von ASS und/oder niedriger (LD) bis mittlerer Dosen (MD) von Heparin beim akuten ischämischen Insult gibt es keine gesicherten Daten. Diese Lücke sollte durch den International Stroke Trial geschlossen werden, dessen Ergebnisse kürzlich von der IST Collaborative Group im Lancet (1997, 349, 1569) publiziert wurde. Studienzentrum war Oxford, Großbritannien.
In 467 Krankenhäusern (35 Länder) wurden 19435 Patienten ohne besondere Indikationen oder Kontraindikationen für ASS oder Heparin mit akutem ischämischem Insult (hämorrhagischer Insult durch CT ausgeschlossen) randomisiert. ASS, 300 mg/d, oder Heparin LD (2mal 5000 E./d s.c.) oder MD (2mal 12500 E./d s.c.) wurden so früh wie möglich begonnen und 14 Tage lang oder bis zur Entlassung fortgeführt. Nach einer komplizierten Randomisierungsliste erhielten 4860 Patienten weder ASS noch Heparin, 4858 nur ASS und je ca. 2500 Patienten Heparin in den beiden Dosierungen allein oder in Kombination mit ASS. Den Hausärzten wurde für alle Patienten nach Entlassung die Behandlung mit ASS empfohlen. Endpunkte der Studie waren Tod nach 14 Tagen und Tod oder Abhängigkeit von fremder Hilfe nach 6 Monaten.
Heparin bewirkte nach 14 Tagen keinen nennenswerten, nach 6 Monaten keinerlei Überlebensvorteil. Ein leichter Rückgang von zerebralen Re-Ischämien unter Heparin nach 14 Tagen wurde durch eine erhöhte Zahl von Hirnblutungen (besonders nach 2mal 12500 E./d) aufgewogen. Heparin, besonders in höherer Dosierung, steigerte signifikant die Zahl transfusionspflichtiger extrakranieller Blutungen. Auch Patienten mit Vorhofflimmern hatten unter Heparin in der akuten Phase des ischämischen lnsults keinen Überlebensvorteil.
ASS-Behandlung senkte die Todesrate nach 14 Tagen nicht signifikant, nach 6 Monaten signifikant (p = 0,03). Re-Ischämien waren nach 14 Tagen unter ASS seltener als in der Kontrollgruppe ohne Zunahme zerebraler oder extrazerebraler Hämorrhagien.
Fazit: Eine Routine-Heparinisierung mit 2mal 5000 E. Heparin s.c. ist zur Behandlung des akuten ischämischen zerebralen lnsults nutzlos im Hinblick auf die Verhinderung von Todesfällen bzw. Behinderungen. Eine höher dosierte Heparinisierung ist eher schädlich und sollte in der Regel vermieden werden. Der frühe Beginn mit 300 mg ASS/d (oral oder durch Magensonde) bringt, wenn nicht kontraindiziert, einen leichten Überlebensvorteil (etwa 14 verhinderte Todes- oder schwere Behinderungsfälle auf 1000 Patienten) ohne signifikante Zunahme von Blutungskomplikationen. Die Studie gibt allerdings keinen Aufschluß darüber, ob eine Heparin-Behandlung nach der akuten Phase des Schlaganfalls nicht doch sinnvoll ist bei länger bettlägerigen Patienten zur Vermeidung von Venenthrombosen.