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Behandlung des Karpaltunnel-Syndroms mit proximalen Kortikosteroid-Injektionen

Die Behandlung des durch Schmerzen im Arm und in der Hand sowie durch Kribbeln im Innervationsgebiet des Nervus medianus, in fortgeschrittenen Fällen durch Muskelatrophien im Medianus-Gebiet erkennbar werdenden Karpaltunnel-Syndroms besteht entweder in einer Dekompressions-Operation oder in lokalen Injektionen von Kortikosteroiden. Ursächliche Erkrankungen wie Rheumatoide Arthritis, Hypothyreose und Akromegalie sollten rechtzeitig erkannt werden. Die Effektivität der lokalen Kortikosteroid-Injektion ist bisher nicht ausreichend geklärt worden. J.W.H.H. Dammers et al. aus Alkmaar (Holland) (Brit. Med. J. 1999, 319, 884) führten deshalb eine doppeltblinde randomisierte Studie durch, in der die lokale Injektion von Lidocain (Xylocain u.v.a.) mit Lidocain plus Methylprednisolon (40 mg) verglichen wurde. Die Spritzen wurden in der Apotheke des Krankenhauses hergestellt; der gefüllte Spritzenteil war so verklebt, daß der injizierende Arzt nicht erkennen konnte, ob die Spritze nur Lidocain oder zusätzlich Methylprednisolon enthielt. Die Untersuchung der Patienten vor sowie 1-12 Monate nach der einmaligen Injektion wurde von einem anderen als dem injizierenden Arzt durchgeführt. Voraussetzung für den Einschluß in die Studie war, daß das Karpaltunnel-Syndrom seit mehr als 3 Monaten bestand und daß es durch elektrophysiologische Untersuchungen des N. medianus im Handgebiet objektiviert worden war. Patienten, die nach Injektion von Lidocain allein nach einem Monat keine Besserung zeigten, erhielten in einer offenen Studie eine Injektion von Lidocain plus Methylprednisolon. Nicht gebesserten Patienten wurde die Operation vorgeschlagen. Anders als in manchen Kliniken üblich, erfolgte die Injektion von Lidocain bzw. Lidocain plus Methylprednisolon durch einen Einstich etwa 4 cm proximal des Karpaltunnels auf der Palmarseite zwischen den Sehnen des M. flexor carpi radialis und M. palmaris longus, um Verletzungen des N. medianus, die bei direkter Injektion in den Karpaltunnel vorkommen können, zu vermeiden. Aus dem gleichen Grund wurde auch der lnjektionswinkel je nach Umfang des Handgelenks zwischen 10 und 20 Grad variiert.

Anhand einer von den Patienten und dem untersuchenden Arzt erhobenen Beschwerdeskala waren von den 30 Patienten der Lidocain-Gruppe nach einem Monat 6 gebessert, während von den 30 Patienten der Lidocain-plus-Methylprednisolon-Gruppe 23 gebessert waren. Dieser Unterschied war hochsignifikant. Erstaunlicherweise hielt der Unterschied zwischen den beiden Gruppen bis zu einem Jahr an. Nur 2 der 6 in der Lidocain-Gruppe gebesserten Patienten bedurften bis zu einem Jahr keiner zweiten Behandlung verglichen mit 15 von 23 gebesserten Patienten in der Lidocain-plus-Methylprednisolon-Gruppe. Die ”Non-responder“ in der Lidocain-Gruppe erfuhren in 86% eine deutliche Besserung nach Injektion von Lidocain plus Methylprednisolon.

Fazit: Eine einzelne Injektion von Lidocain plus Methylprednisolon proximal des Karpaltunnels ist eine auch bis zu einem Jahr wirksame Behandlung des Karpaltunnel-Syndroms. Bei Unwirksamkeit ist die Operation indiziert. Kontraindikationen gegen eine Kurzzeitbehandlung mit Kortikosteroiden, wie akute Infekte, sind allerdings zu beachten. Leider wird in dieser Arbeit nicht mitgeteilt, welche Grunderkrankung dem Karpaltunnel-Syndrom jeweils zu Grunde lag und ob bereits Muskelatrophien bestanden.