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Lipidsenker reduzieren koronare Ereignisse bei Patienten mit Hyperlipidämie auch in der Primärprävention

Hersteller von Pharmaka haben bei der Food and Drug Administration (FDA) der USA kürzlich beantragt, daß Statine auch rezeptfrei („Over the counter“) verkauft werden dürfen. Begründung: Bei Patienten mit erhöhtem koronaren Risiko würden diese Medikamente von Ärzten zu selten verschrieben. Die FDA hat diesen Antrag abgelehnt, insbesondere wegen unzureichender Kenntnisse über die Langzeit-Sicherheit der Statine.

In der Sekundärprävention koronarer Ereignisse sind Statine hochwirksam (Übersicht bei 1); trotzdem nehmen nur 30% bis 40% der Patienten mit Koronarer Herzkrankheit (KHK) und hohem Risikoprofil Statine. In einer jetzt im Brit. Med. J. erschienenen Publikation von M. Pignone et al. aus den USA (2) wird über die Primärprävention der KHK bei Patienten mit Hypercholesterinämie berichtet. Es handelt sich um eine Metaanalyse, die aber nur vier umfangreiche prospektive randomisierte plazebokontrollierte Studien berücksichtigt. In einer Studie (3; ca. 3800 Patienten) wurde mit Colestyramin (z.B. Quantalan), in einer weiteren (4; ca. 4000 Patienten) mit Gemfibrozil (Gevilon), in einer dritten Studie (5; ca. 6500 Patienten) mit Pravastatin (Liprevil, Pravasin) und in einer vierten (6; ca. 6600 Patienten) mit Lovastatin (Mevinacor) 5 bis 7 Jahre lang behandelt. In drei Studien wurden nur Männer eingeschlossen, in eine Studie auch 15% Frauen. Die initialen Werte des Gesamtcholesterins lagen bei 7,5; 7,4; 7,0 bzw. 5,7 mmol/l. Die erreichte Cholesterinreduktion in den vier Studien betrug im Mittel 8,5%; 10%; 20% bzw. 18%. Evaluiert wurde die Häufigkeit von Koronarereignissen, von Tod durch KHK und die Letalität insgesamt.

Ergebnissse: Bei diesen primär klinisch nicht koronarkranken Menschen (die nur aufgrund des erhöhten Cholesterins und eventuell anderer Risikofaktoren mit Fettsenkern behandelt wurden), wurde in 5 bis 7 Jahren die Häufigkeit koronarer Ereignisse um 30% reduziert (Odds ratio: 0,7; 95%-Vertrauensintervall: 0,62 bis 0,79). Dieser Effekt war hochsignifikant. Mit ähnlicher Signifikanz wurden auch Todesfälle durch KHK um im Mittel 29% (Odds ratio: 0,71) reduziert, nicht hingegen die allgemeine Letalität, obwohl der Trend auch in dieser Hinsicht günstig war (Odds ratio: 0,94; 95%-Vertrauensintervall: 0,81 bis 1,09). Insgesamt waren die Ereignisse bei diesen Probanden natürlich wesentlich seltener als in Studien zur Sekundärprävention koronarer Ereignisse. Möglicherweise konnte deshalb kein positiver Einfluß auf die Gesamtletalität gefunden werden, denn positive und negative Einflüsse der Lipidsenker-Therapie könnten sich bei der insgesamt niedrigen „Ereignisrate“ aufgehoben haben.

In einem begleitenden Editorial von S.B. Hulley et al. aus San Francisco (7) werden diese Ergebnisse diskutiert. Es wird die Empfehlung ausgesprochen, Patienten ohne KHK mit Hypercholesterinämie und auch anderweitig erhöhtem koronaren Risiko (neue Ausgabe der Sheffield Tabellen s. 8, 9) mit Lipidsenkern zu behandeln. Dies bedeutet in der Praxis, daß eine strenge Unterscheidung zwischen Primär- und Sekundärprophylaxe nicht mehr gegeben ist.

Fazit: Auch in der Primärprävention der KHK sind Lipidsenker bemerkenswert wirksam. Es müssen allerdings viel mehr Patienten als in der Sekundärprävention behandelt werden, um ein koronares Ereignis oder einen koronaren Todesfall zu verhindern. Aus diesem Grund sollte man sich bei der Indikation zur Therapie mit Lipidsenkern (jetzt überwiegend Statinen) am gesamten KHK-Risiko eines Patienten mit Hyperlipidämie orientieren.

Literatur

1. Hebert, P.R., et al.: JAMA 1997, 278, 313.
2. Pignone, M., et al.: Brit. Med. J. 2000, 321, 983.
3. LRC = Lipid Research Clinics coronary primary prevention trial results: JAMA 1984, 251, 365.
4. Frick,M., et al. (HHS = Helsinki Heart Study): N. Engl. J. Med. 1987, 317, 1237.
5. Shepherd, J., et al. (WOSCOPS = West Of Scotland COronary Prevention Study): N. Engl. J. Med. 1995, 333, 1301. S.a. AMB 1995, 29, 92.
6. Downs, J.R., et al.: (AFCAPS/TexCAPS = Air Force/Texas Coronary Atherosclerosis Prevention Study): JAMA 1998, 279, 1615.
7. Hulley, S.B., et al.: Brit. Med. J. 2000, 321, 971.
8. Wallis, E.J.: Brit. Med. J. 2000, 320, 671.
9. Task force zur Verhinderung der KHK: www.chd-taskforce.com