Artikel herunterladen

Protonenpumpenhemmer: zu häufige Verordnung und Risiken bei Dauertherapie

Zusammenfassung: Protonenpumpenhemmer (PPI) gehören zu den am häufigsten verordneten Arzneimitteln. Oft werden sie ohne klare Indikation, in zu hoher Dosierung und zu lange verschrieben. Die allgemein gute Verträglichkeit und das geschickte Marketing („Magenschutz”) dieser Substanzgruppe hat zu dieser Situation beigetragen. Immer mehr Patienten erhalten eine PPI-Dauertherapie. Die empfohlene „Step-down”-Behandlung wird oft vergessen oder dadurch erschwert, dass viele Patienten weiter nach einem PPI verlangen. Mehrere epidemiologische Studien aus den letzten Jahren legen den Verdacht nahe, dass eine Langzeitbehandlung mit PPI dosisabhängig zu Störungen im Knochenstoffwechsel und vermehrt zu osteoporotischen Frakturen führen kann. Außerdem scheint das Risiko für Darm- und Lungeninfektionen durch bakterielle Besiedelung im oberen Gastrointestinaltrakt anzusteigen. Auch über interstitielle Nephritiden wird im Zusammenhang mit PPI-Behandlung berichtet. Diese Beobachtungen sollten zur Vorsicht und zur rationalen Therapie mit PPI mahnen, insbesondere bei älteren Menschen und bei Daueranwendung. Die Rezeptpflicht muss – anders als in den USA – erhalten bleiben.

Häufigkeit der Verordnung: Protonenpumpenhemmer gehören nach Statinen zu den weltweit am häufigsten verordneten und nach allgemeiner Einschätzung auch zu den deutlich zu häufig verordneten Medikamenten (1). Allein in Deutschland werden fast eine Milliarde EUR jährlich mit PPI umgesetzt (2), weltweit mittlerweile über 14 Milliarden EUR (3). Die Verordnungshäufigkeit hat zwischen 1997 und 2006 von 200 Mio. Tagesdosen auf 1163 Mio. Tagesdosen zugenommen, ohne dass es dafür eine Erklärung durch Zunahme der entsprechenden Krankheiten gibt. Nach Verordnungszahlen ist Omeprazol mit seinen Generika Marktführer, gefolgt von Pantoprazol, Lansoprazol, Esomeprazol und Rabeprazol (2). In Österreich ist das teure Pantoprazol seit einigen Jahren das umsatzstärkste Medikament überhaupt (4).

Der Ablauf des Patentschutzes von Lansoprazol und in Kürze auch von Pantoprazol könnte zu einer weiteren Verbreitung dieser Medikamente führen, insbesondere wenn auch noch an der Verschreibungspflicht gerüttelt werden sollte. In den USA ist Omeprazol frei erhältlich und hatte als „Over-the-counter”-Präparat bereits 2006 einen Marktanteil von 24% (3). Über Zeitung, Fernsehen und Internet wendet sich die Werbung für Prilosec® (Omeprazol) direkt an den Verbraucher: „Block the burn before it hits you”. Der Hersteller Astra Merck zielt beim Konsumenten also schon auf eine prophylaktische Gabe, d.h. auf die Vorahnung von Beschwerden. Auf der Website von Prilosec® können die unseriösen Mechanismen des „direct to consumer advertising” exemplarisch studiert werden. Man kann dort Mitglied einer Prilosec®-Community werden, sogenannte „Say-Yes”-Newsletter und kostenlos Probepackungen beziehen und an allerlei Aktivitäten teilnehmen, z.B. an einer Online-Simulation von Nascar-Autorennen (5).

Wirksamkeit und Wechselwirkungen: Es gibt keine Belege für wesentliche Wirksamkeitsvorteile des einen oder anderen PPI (vgl. 6, 7). Für Omeprazol besteht sicherlich die beste Datenlage, allerdings auch die größte Wahrscheinlichkeit für Arzneimittelinteraktionen. PPI werden hauptsächlich von den Enzymen CYP 2C19 and CYP 3A4 metabolisiert. Theoretisch kann jede Komedikation, die diese Isoenzyme induziert oder inhibiert die Wirkung der PPI beeinflussen. Darüber hinaus gibt es Anhaltspunkte, dass Omeprazol und sein Enantiomer Esomeprazol selbst Interaktionen auslösen. Bei Hemmung von CYP 2C19 können die Serumkonzentrationen von Phenytoin, Carbamazepin, einigen Benzodiazepinen, Clarithromycin und Warfarin ansteigen, so dass eine Dosisanpassung erforderlich werden kann. Es gibt auch eine kleine randomisierte kontrollierte Studie an 124 Patienten mit koronarem Stent, bei der unter einer Omeprazol-Komedikation die Plättchenhemmung durch Clopidogrel verringert war (8). Ob dies eine klinische Bedeutung hat, ist jedoch unklar.

Alle PPI können über Erhöhung des pH-Werts im Magen die Absorption und damit die Bioverfügbarkeit anderer Medikamente (Azol-Antimykotika, Ampicillin, Cefpodoxim, Digoxin, Indinavir, Delavirdin, Vitamin B12, Eisen) und wahrscheinlich auch von Nahrungsbestandteilen beeinflussen. Bislang gibt es jedoch nur wenige schlüssige Publikationen, die einen klinisch relevanten Eisen- oder Vitamin-B12-Mangel auf eine PPI-Therapie zurückführen konnten. Auch sog. „Enteric-coated”-Medikamente, die typischerweise bei höherem pH-Wert freigesetzt werden, können theoretisch in ihrer Bioverfügbarkeit von einer PPI-Komedikation beeinflusst werden.

Gesicherte und ungesicherte Indikationen: Klassische Indikationen für PPI mit der stärksten Evidenz aus klinischen Studien sind die Refluxkrankheit mit und ohne Erosionen (GERD = Gastroesophageal reflux disease, NERD = Non-erosive reflux disease, inkl. Niedrig-Dosis-Rezidivprophylaxe) und die Ulkuskrankheit (inkl. Eradikationsbehandlung). Im Allgemeinen wird nach der Akutbehandlung mit PPI eine Weiterbehandlung zunächst als Niedrig-Dosis-Prophylaxe und dann nur noch als Bedarfsmedikation empfohlen („Step-down-Vorgehen”). Für eine dauerhafte, quasi lebenslange PPI-Behandlung gibt es außer beim Zollinger-Ellison-Syndrom keine rationale Indikation.

Mittlerweile werden PPI auch als Komedikation bei Therapie mit nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAID) und ASS (langfristig niedrig dosiert) empfohlen und als Prophylaxe von intestinalen Erosionen und Ulzerationen eingesetzt. Diese Prophylaxe-Empfehlungen gelten jedoch nur für Risikopatienten: Alter > 65 Jahre, Ulkusanamnese, Antikoagulanzientherapie, Helicobacter-Besiedlung und Komedikation mit Kortikosteroiden. Auch wenn unter ASS ein Ulkus auftritt, ist es wahrscheinlich sinnvoller, die ASS-Behandlung zusammen mit einem PPI weiterzuführen als auf einen alternativen Plättchenhemmer zu wechseln, wie z.B. Clopidogrel (9). Darüber hinaus sollten PPI zur Ulkusprophylaxe bei kritisch kranken Patienten (Intensivpatienten, Leber- und Niereninsuffizienz) eingesetzt werden, sicher aber nicht bei allen Krankenhauspatienten.

Seit Jahren ist zu beobachten, dass PPI zunehmend irrational eingesetzt werden, z.B. beim Dyspepsie-/Reizmagen-Syndrom. Zu dieser Indikation ist die Studienlage unzureichend, wenngleich ein positiver Effekt auf die „Lebensqualität” der Betroffenen gefunden wurde. Manche Patienten mit Oberbauchbeschwerden (und die behandelnden Ärzte) haben geradezu eine psychische Affinität zu PPI entwickelt. Ein australischer Arzt schrieb in einem Leserbrief an das BMJ: „Dyspeptics of the world are obviously a large population and have voted to stay on the medication that works” (10). Der wirksame Marketing-Terminus „Magenschutz” suggeriert Ärzten und Patienten Sicherheit und macht vergessen, dass es sich um einen gravierenden pharmakotherapeutischen Eingriff in den Körper handelt (Hemmung der Magensäureproduktion um bis zu 98%, Induktion einer ausgeprägten Hypergastrinämie).

PPI gehören vielerorts bei Krankenhauspatienten zu einer Art allgemeiner Risikoprophylaxe, ähnlich wie die Heparin-Spritze. Leider wird bei der Entlassung häufig vergessen, das Medikament wieder abzusetzen oder es fehlen im Arztbrief genaue Angaben zur Weiterbehandlung. So wird oft vom weiterbehandelnden Arzt im Glauben, es habe im Krankenhaus eine gesicherte Indikation für die Verordnung vorgelegen, eine Dauertherapie eingeleitet.

Erhebungen in Australien, Großbritannien und Irland haben gezeigt, dass die Verordnung von PPI bei bis zu zwei Dritteln der Patienten von den nationalen Leitlinien abweicht (1). Besonders kritisch sind in diesem Zusammenhang Krankenhausaufenthalte. In einer Studie aus Michigan kamen 20% der neu aufgenommenen Patienten bereits mit einem PPI, und bei Entlassung waren es > 50%. Die Indikationen für die PPI waren überwiegend Prophylaxe, und 90% dieser Patienten benötigten nach den gültigen Leitlinien PPI überhaupt nicht (11).

Ein weiteres Problem ist, dass PPI bei Dauerbehandlung sehr häufig überdosiert werden. In einer Stichprobe mit 543 Patienten (≥ 75 Jahre) an zwei internistischen Kliniken in Salzburg hatten 37,6% einen PPI als Dauermedikation. Bei 54 von diesen 204 Patienten (26%) war die verordnete Dosis zu hoch (12).

Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW): Generell sind PPI gut verträglich. Die Häufigkeit unerwünschter Arzneimittelwirkungen liegt bei 3-10% (Kopfschmerzen, Schwindel, Diarrhö, Obstipation, Flatulenz, Hautausschläge). Selten sind Hepatopathien, Übelkeit, Verwirrtheit, Amnesie, Hyponatriämie, Hypomagnesiämie, Pankreatitis, Stevens-Johnson-Syndrom und Blutbildveränderungen.

Es mehren sich aber die Hinweise darauf, dass eine Langzeitbehandlung mit PPI mit eigenen Risiken verbunden ist, die durch die kurz- und mittelfristig angelegten Studien zu wenig erfasst werden. So gibt es beispielsweise Beobachtungen, dass es nach Absetzen einer PPI-Dauermedikation rasch zu Ulkus- und GERD-Rezidiven kommen kann. Durch Gastroparese und verzögerte jejuno-ileale Peristaltik können auch neue, medikamenteninduzierte gastrointestinale Beschwerden auftreten (13).

Konkreter als solche anekdotischen Berichte sind die Hinweise auf akute interstitielle Nephritiden (AIN) im Zusammenhang mit einer PPI-Therapie. Prinzipiell können viele Medikamente über immunologische Mechanismen interstitielle Nephritiden auslösen. Am häufigsten ist dies für Betalaktam-Antibiotika, Sulfonamide, Diuretika, ACE-Hemmer und NSAID beschrieben worden. 1992 wurde auch erstmals ein Fall unter Omeprazol berichtet. Seither stehen alle PPI im Verdacht, akute interstitielle Nephritiden auslösen zu können. F. Sierra et al. haben in einer Übersichtsarbeit 2007 alle bis dahin über 15 Jahre berichteten Fälle bioptisch gesicherter AIN im Zusammenhang mit einer PPI-Therapie in der Literatur gesichtet und bewertet (14). Insgesamt fanden sie 64 Fallberichte, wovon 60 die Einschlusskriterien erfüllten (60% Frauen; Altersspanne 63-89 Jahre). Der mittlere Kreatininwert der betroffenen Patienten betrug 6 mg/dl, drei Patienten benötigten eine Dialysebehandlung. Bei 47 Patienten wurde ein Zusammenhang mit Omeprazol, bei sechs mit Pantoprazol, bei drei mit Esomeprazol und bei jeweils zwei mit Lansoprazol bzw. Rabeprazol vermutet. Bei vier Patienten wurde der Zusammenhang durch einen Reexpositionsversuch mit dem PPI erhärtet. Die Kausalität wurde bei zwölf Patienten als sicher bewertet, bei neun als wahrscheinlich, möglich bei 37 und bei zwei als unwahrscheinlich. Die mittlere Dauer der PPI-Einnahme bis zum Auftreten der AIN betrug 13 Wochen (2-52 Wochen, bei 66% der Patienten < 12 Wochen). Histologisch fand sich bei allen biopsierten Patienten eine lymphozytäre und bei 80% eine eosinophile Infiltration. Bei allen Patienten wurde der PPI nach Diagnosestellung abgesetzt und bei 34% zusätzlich ein Glukokortikoid verordnet. Alle Patienten überlebten die UAW, ein Patient blieb dauerhaft dialysepflichtig, alle übrigen erholten sich innerhalb von 2-156 Wochen. Die Autoren meinen, dass eine AIN unter PPI vor dem Hintergrund der großen Verordnungszahlen ein sehr seltenes und kaum voraussagbares Ereignis ist.

Relevanter erscheint die Diskussion, ob eine Langzeit-Behandlung mit PPI zu einer Störung des Knochenstoffwechsels mit vermehrten Frakturen führt. Durch das saure Milieu im Magen wird Nahrungskalzium aus den Salzen gelöst und kann resorbiert werden. Nach Gastrektomie und bei perniziöser Anämie (atrophischer Gastritis) besteht sowohl tierexperimentell als auch in Fall-Kontroll-Studien beim Menschen ein erhöhtes Risiko für Osteopenie und Frakturen. Omeprazol hemmt darüber hinaus im Tierexperiment die osteoklastische H+-K+-ATPase und führt indirekt zu einer vermehrten Knochenresorption. Es gibt daher den Verdacht, dass eine dauerhafte Minderung der Säureproduktion durch PPI, insbesondere beim älteren Menschen und bei Hochdosistherapie, in den Knochenstoffwechsel eingreifen kann. Gestützt wird diese These durch eine dänische Fall-Kontroll-Studie an 14 557 Patienten mit Frakturen. Diese ergab, dass Patienten mit PPI-Dauertherapie ein 45-60% erhöhtes Frakturrisiko (Hüfte, Wirbelkörper) hatten, ohne dass allerdings Dosis und Dauer der PPI-Exposition detaillierter analysiert wurden. Patienten mit anderen Antazida hatten sogar ein 80-103% erhöhtes Risiko, was auch für die gestörte Kalziumresorption spricht (15).

In einer zweiten, methodisch exakten britischen Fall-Kontroll-Studie (16) wurden aus der General Practice Research Database (GPRD, 1987-2003) über 192 000 Patienten mit PPI-Dauermedikation (mindestens 1 Jahr; Alter > 50 Jahre), die bislang noch keine Hüftfraktur hatten, identifiziert. Als Fälle wurden die Patienten definiert, die ab dem Studienbeginn eine Hüftfraktur erlitten (n =13 556). Als Kontrollen wurden pro Fall zehn alters- und geschlechtsgleiche Patienten gewählt (n = 135 386; matched controls). Die Inzidenz von Hüftfrakturen betrug bei PPI-Daueranwendern 4/1000 und bei den Nicht-Anwendern 1,8/1000 Patientenjahre. Das Auftreten einer Hüftfraktur war unter anderem mit folgenden klinischen Faktoren (Odds ratios = OR) assoziiert: BMI < 20 kg/m2 (1,9), Alkoholismus (4,7), Demenz (3,4), Epilepsie (3,1) eingeschränkte Mobilität (2,6), Rauchen (1,5), Diabetes mellitus und Herzinsuffizienz (jeweils 1,5). Weiterhin fanden sich häufiger Hüftfrakturen u.a. bei folgenden Medikamenten: Parkinsonmittel (3,8), Antikonvulsiva (3,4), Antipsychotika (3,3), Kortikosteroide (2,2) und Antidepressiva (2,1). Auch für die PPI-Therapie wurde ein erhöhtes Frakturrisiko berechnet, und zwar zeit- und dosisabhängig: (OR: 1,4 nach einem Jahr, 1,8 nach zwei, 2,1 nach drei und 2,1 nach vier Jahren) und adjustierte OR bei Hochdosistherapie: 2,6.

Einschränkend ist zu sagen, dass Patienten mit vielen Komorbiditäten (Malnutrition, Bewegungsmangel, verminderte Lichtexposition) nicht nur eine größere Wahrscheinlichkeit für Frakturen, sondern auch für die Anwendung von PPI haben. Insofern kann eine Kausalität mit diesen Daten nicht bewiesen werden, wenngleich die Dosisabhängigkeit doch ein Indiz sein kann. Da viele Patienten mit Osteoporose wegen der potenziell schleimhautschädigenden UAW oraler Bisphosphonate auch PPI einnehmen, ist eine Klärung der Wirkung von PPI auf den Knochenstoffwechsel dringend notwendig.

PPI stehen auch im Verdacht, Diarrhöen zu begünstigen. PPI können zur bakteriellen Besiedlung des normalerweise keimarmen oberen GI-Trakts führen. Dies ist ein Risiko für infektiöse Diarrhöen generell und wahrscheinlich auch für Clostridium-difficile(CD)-Infektionen speziell. Mit der Nahrung aufgenommene Sporen von CD haben im Magen eine größere Überlebenschance, wenn dort ein höherer pH-Wert besteht.

Diarrhöen, ausgelöst durch CD-Toxine, haben sich in den vergangenen Jahren zu einem schwerwiegenden klinischen Problem entwickelt. Die Inzidenz nimmt exponenziell zu, insbesondere auch im ambulanten Bereich (17). Bekannte Risiken für eine CD-Infektion sind der Einsatz von Breitspektrum-Antibiotika, Sondenernährung, Immunsuppression, höheres Lebensalter, viele Komorbiditäten, Niereninsuffizienz und ein langer Krankenhausaufenthalt.

Eine Studie aus Montreal untersuchte den angenommenen Zusammenhang zwischen CD-Diarrhö und PPI (18). Hierzu wählten die Autoren zwei Ansätze. In einer retrospektiven Kohortenstudie wurden auf zwei internistischen und einer herzchirurgischen Station 1187 Patienten identifiziert, die neun Monate lang Antibiotika erhalten hatten. Diese Stationen wurden ausgewählt, weil sich dort im Jahr zuvor eine Häufung von CD-Infektionen ergeben hatten. Über die Mikrobiologische Abteilung wurden innerhalb dieser Antibiotika-Kohorte alle Patienten mit Nachweis von CD-Toxin identifiziert (n = 81; 6,8%). Bei Patienten mit PPI wurde mehr als doppelt so häufig CD-Toxin nachgewiesen als bei Patienten ohne PPI: 9,3% vs. 4,4%. In einer multivariaten Analyse war der Gebrauch von PPI (adjustierte OR: 2,1), die Behandlung mit drei oder mehr Antibiotika (OR: 2,1) und die Aufnahme auf die internistische Station (OR: 4,1) signifikant mit der CD-Infektion assoziiert.

Die gleiche Studiengruppe führte auch eine Fall-Kontroll-Studie an einem zweiten Krankenhaus in Montreal durch. In dieser Studie wurden 94 Patienten mit Diarrhö und Nachweis von CD-Toxin (Fälle) jeweils einem gleichalten, gleichgeschlechtlichen Patienten zugeordnet, der im gleichen Zeitraum auf der gleichen Station ein Antibiotikum der gleichen Klasse erhalten hatte. Bei dieser Analyse erwiesen sich in einer multivariaten Regressionsanalyse das weibliche Geschlecht (OR: 2,1), eine Anamnese mit Nierenversagen (OR: 4,3), eine Krankenhausbehandlung innerhalb von drei Monaten vor dem Indexereignis (OR: 2,6) und der Gebrauch von PPI (OR: 2,7) als Risiko für das Auftreten einer CD-Diarrhö.

Ein Jahr später publizierte die gleiche Gruppe die Ergebnisse einer Analyse aus dem britischen GPRD-Register (s.o.). Hierbei konnten sie zeigen, dass sich die Inzidenz der CD-Infektionen (n = 1672) zwischen den Jahren 1994-2004 in Großbritannien verzwanzigfacht hat (von 1/100 000 auf 22/100 000) und dass die überwiegende Zahl der Patienten ambulant behandelt wird (74%). In diesem Zeitraum sank im Übrigen die Zahl der Verordnungen von Antibiotika um etwa ein Drittel, während die Verordnungen von PPI deutlich stiegen. Die ambulant behandelten Patienten mit CD-Infektionen (n = 1233) wurden mittels einer Fall-Kontroll-Studie, bei der jedem Fall zehn gematchte Kontrollen zugeordnet wurden, einer Risikoanalyse unterzogen. Hierbei erwiesen sich folgende Parameter als signifikant mit der CD-Infektion assoziiert: MRSA-Besiedelung (adjustiertes RR: 4,2), Niereninsuffizienz (RR: 3,7), entzündliche Darmerkrankung (RR: 3,6), Antibiotikaeinsatz 90 Tage zuvor (RR: 3,1), aktuelle PPI-Einnahme (RR: 2,9), aktuelle H2-Blocker-Einnahme (RR: 2,0), Krebserkrankung (RR: 1,9), perniziöse Anämie (RR: 1,8) und aktuelle NSAID-Einnahme (RR: 1,3).

Insgesamt gibt es mehr als fünf größere Bevölkerungs-basierte Studien, die einen Zusammenhang zwischen PPI und CD-Infektionen fanden. Alle errechnen eine ähnliche Risikoerhöhung durch die PPI (2,5-2,9). Es ist allerdings schwierig, hieraus eine Kausalität abzuleiten. Trotzdem sollte ein möglicher Zusammenhang bei der Langzeitverordnung von PPI, insbesondere bei Risikopatienten (Alter > 65 Jahre, Niereninsuffizienz, zurückliegende Antibiotikatherapie bzw. Krankenhausaufenthalt) bedacht werden. Forderungen einzelner Autoren nach einer strengen Verordnungsstrategie, insbesondere in den Krankenhäusern (19), erscheinen uns vor diesem Hintergrund berechtigt.

Bakterielle Besiedelung des oberen Gastrointestinaltrakts unter säureblockierender Behandlung gilt auch als Pathomechanismus für vermehrte pulmonale Infektionen, denn die Bakterien können aspiriert werden. Zudem gibt es experimentelle Hinweise, dass Säureblocker auch die unspezifische und T-Zell-vermittelte Immunität negativ beeinflussen (20). In einer Fall-Kontroll-Studie wurden in den Niederlanden Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie (Community acquired pneumonia = CAP) im Zusammenhang mit einer säurehemmenden Therapie untersucht (20). Die Inzidenz von CAP betrug ohne Säureblockade 0,6/100 Personenjahre und bei Patienten mit H2-Blockern oder PPI 2,3 bzw. 2,5/100 Personenjahre. Der Gebrauch von PPI war insgesamt mit einem 4,5-fach höheren Risiko für CAP verbunden. Das Risiko war bei den aktuellen PPI-Anwendern größer als bei den Patienten, die früher PPI eingenommen hatten (RR: 1,89: 95%-CI: 1,36-2,32).

Literatur

  1. Forgacs, I., und Loganayagam, A.: BMJ 2008, 336, 2. Link zur Quelle
  2. Schwabe, U., und Paffrath, D.: Arzneiverordnungs-Report 2007. Springer, Berlin, Heidelberg, New York. Mössner, J.: S. 669.
  3. Chicago Tribune 16. August 2007: Link zur Quelle
  4. Konsensus Heilmittelökonomie (2006) der Wiener Gebietskrankenkasse: Link zur Quelle
  5. www.prilosecotc.com Link zur Quelle
  6. http://daris.kbv.de Link zur Quelle
  7. AMB 2001, 35, 39b. Link zur Quelle
  8. Gilard, M., et al. (OCLA = Omeprazole CLopidogrel Aspirin): J. Am. Coll. Cardiol. 2008, 51, 256. Link zur Quelle
  9. AMB 2005, 39, 21a. Link zur Quelle
  10. Seidler, R.C.: Link zur Quelle
  11. Pham, C.Q., et al.: Ann. Pharmacother. 2006, 40, 1261. Link zur Quelle
  12. Schuler, J., pers. Mitteilung.
  13. McKay, A.B., et al.: BMJ 2008, 336, 109. Link zur Quelle
  14. Sierra, F., et al.: Aliment. Pharmacol. Ther. 2007, 26, 545. Link zur Quelle
  15. Vestergaard, P., et al.: Calcif. Tissue Int. 2006, 79, 76. Link zur Quelle
  16. Yang, Y.X., et al.: JAMA 2006, 296, 2947. Link zur Quelle
  17. Dial, S., et al.: JAMA 2005, 294, 2989 Link zur Quelle; s.a. AMB 2006, 40, 68a Link zur Quelle und AMB 2007, 41, 87b. Link zur Quelle
  18. Dial, S., et al.: CMAJ 2004, 171, 33. Link zur Quelle
  19. Thachil, J.: BMJ 2008, 336, 109. Link zur Quelle
  20. Laheij, R.J.F., et al.: JAMA 2004, 292, 1955. Link zur Quelle