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Langzeiteinnahme von Statinen senkt das Risiko für Gallensteine und Cholecystektomie

Statine reduzieren die Cholesterinsynthese in der Leber und den Cholesteringehalt der Gallenflüssigkeit. 80-90% der Gallenblasensteine bestehen überwiegend aus Cholesterin, das infolge Übersättigung in der Gallenflüssigkeit auskristallisiert. Experimentelle Studien bei Hunden sprechen für eine verminderte Bildung und für eine Auflösung von Gallensteinen durch Statine. Beim Menschen sind epidemiologische Studien bisher widersprüchlich. Im JAMA erschien kürzlich eine umfangreiche epidemiologische Fall-Kontroll-Studie von M. Bodmer et al. aus Basel und Boston (1), die den Zusammenhang zwischen Gallenblasenoperationen und vorausgegangener Therapie mit Statinen anhand der britischen General Practice Research Database (GPRD) untersuchte. Diesen Registern ließen sich sowohl Erstdiagnosen von Gallensteinen, Cholecystektomien und die Zahl der Verordnungen lipidsenkender Arzneimittel unter zeitlichen Gesichtspunkten entnehmen.

27035 Patienten mit Gallenblasen-OP wurden 106531 vergleichbare Personen ohne OP als Kontrollen gegenübergestellt. 2396 Patienten und 8868 Kontrollen hatten Statine eingenommen. Dem Risiko für eine Cholecystektomie bei Personen, die nie Statine eingenommen hatten, wurde die Odds Ratio (OR) 1,0 zugeordnet. Personen, denen innerhalb von 90 Tagen vor der Erstdiagnose von Gallensteinen Statine verordnet worden waren, wurden als „users” (Benutzer) bezeichnet, solche, bei denen die letzte Verordnung länger als 90 Tage zurücklag, waren „past users”.

Die Analyse der Basisdaten bestätigte das bekannte, mit dem Body-Mass-Index (BMI) kontinuierlich zunehmende Gallensteinrisiko, dessen adjustierter OR-Wert bei einem BMI-Bereich von 30-35 kg/m2 (Körpergewicht in kg geteilt durch Körpergröße in Metern zum Quadrat) bei 2,85 (95%-Konfidenzintervall = CI: 2,72-2,97) lag. Die Bezugsgruppe (OR: 1,0) waren Personen mit einem BMI von 18,5-25 kg/m2. In Übereinstimmung mit Ergebnissen einer Women’s Health-Studie, über die wir berichtet haben (2), war auch die Anwendung von Östrogen- und Östrogen/Gestagen-Präparaten in der Postmenopause mit einem signifikant erhöhten Gallenstein- und Cholecystektomie-Risiko assoziiert. Diese Befunde können als externe methodische Validierung der zu besprechenden Studie betrachtet werden.

Das adjustierte Cholecystektomie-Risiko wurde für Patienten und Kontroll-Gruppen ermittelt, die bis zu vier Statin-Verordnungen, 5-19 und mehr als 20 Verordnungen erhalten hatten. Selbstverständlich korreliert die Zahl der Verordnungen mit der Dauer der Einnahme. Nach bis zu vier Verordnungen war das Risiko noch unverändert. Nach 5-12 Verordnungen war es bereits signifikant reduziert (OR: 0,85; CI: 0,77-0,93), mehr noch nach > 20 Verordnungen (OR: 0,64; CI: 0,50-0,7). In den beiden letzten Gruppen war das Risiko bei Frauen deutlicher als bei Männern reduziert. Die Risikoreduktion betraf alle analysierten Statine (Atorva-, Fluva-, Prava-, Rosuva-, Simvastatin) und war bei hoher Langzeit-Dosierung ausgeprägter als bei niedriger (OR: 0,55 vs. 0,69). Bei Patienten, die früher Statine eingenommen hatten (past users), war das Risiko für eine Cholecystektomie tendenziell etwas erhöht. Nach kürzlicher Einnahme von Fibraten war das Cholecystektomie-Risiko eher etwas erhöht im Vergleich mit non-users, in Übereinstimmung mit einer früheren Publikation (3). Die Autoren berechneten, dass Statine ein bis eineinhalb Jahre lang eingenommen werden müssen, bevor ein bedeutsamer Schutz vor Gallensteinen einsetzt bzw. bis das Cholecystektomie-Risiko signifikant reduziert wird.

Es ist zu erwähnen, dass die Autoren dieser Fall-Kontroll-Studie mehrere „Research collaborations” mit Pharmafirmen haben, darunter auch AstraZeneca und Novartis, die beide Statine herstellen.

Fazit: Obwohl diese epidemiologische Studie formal nur eine Assoziation zwischen einer Langzeittherapie mit Statinen und einem verminderten Risiko für Gallensteine und nachfolgende Cholecystektomien ergab, ist es wahrscheinlich, dass die Statin-Therapie die Ursache der verminderten Risiken ist. Dafür spricht die Korrelation der Risikoreduktion mit der Dauer und der Dosis. Wir sehen jedoch keinen Grund, die Indikation für Statine für eine solche Prävention auszuweiten.

Literatur

  1. Bodmer, M., et al.: JAMA 2009, 302, 2001. Link zur Quelle
  2. AMB 2008, 42, 69b. Link zur Quelle
  3. Caroli-Bosc, F.F., et al.: Dig. Dis. Sci. 2001, 46, 540. Link zur Quelle