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Nochmal: Monitoring der Thrombozytenhemmung nach akutem Koronarsyndrom?

Zum Thema Therapiemonitoring der Thrombozytenfunktion nach akutem Koronarsyndrom (AKS) haben wir ausführlich im Mai dieses Jahres berichtet (1). Im JAMA erschien kürzlich aus einem Studienzentrum in Florenz eine weitere Studie, in die zwischen 2005 und 2009 insgesamt 1789 Patienten mit AKS (mittleres Alter ca. 70 Jahre, ca. 80% Männer) eingeschlossen wurden (2). Vor der koronaren Intervention erhielten sie die üblichen hohen Einzeldosen von ASS plus Clopidogrel, gefolgt von 325 mg/d ASS und 75 mg/d Clopidogrel mindestens sechs Monate lang. 12 bis 18 Stunden nach der „Loading dose” wurde Blut für die Messung der medikamentösen Hemmung der Plättchenfunktion entnommen. Die Messung erfolgte mit einer Lichtschwächung-Aggregometrie (Light transmittance) nach Stimulation der Plättchen mit ADP. Konnten noch 70% oder mehr Plättchen zur Aggregation gebracht werden, dann wurden die Patienten als Gruppe mit „High residual platelet reactivity” (HRPR) klassifiziert. Die anderen Patienten erhielten das Label „Low RPR” (LRPR).

Ziel der Studie war es, in der zweijährigen Nachbeobachtungszeit herauszufinden, ob es eine Assoziation zwischen erneuten kardiovaskulären Ereignissen und dem Plättchenstatus gibt und ob sich ggf. die Prognose der Patienten mit HRPR durch Erhöhung der Clopidogrel-Dosis (auf 150-300 mg/d) oder durch Ersatz von Clopidogrel durch Ticlopidin (500-1000 mg/d) verbessern lässt.

Primärer Endpunkt war die Summe aus Tod durch kardiale Ursache, Herzinfarkt, notfallmäßige kardiale Revaskularisierung und Schlaganfall. Sekundäre Endpunkte waren Stent-Thrombose und alle Einzelkomponenten des primären Endpunkts.

Ergebnisse: 247 Patienten wurden als HRPR und 1525 als LRPR klassifiziert. Von den HRPR-Patienten erreichten 36 (14,6%) den primären Endpunkt, von der größeren LRPR-Gruppe 132 (8,7%). Der Unterschied ist signifikant (p = 0,003). Das absolute Risiko, den primären Endpunkt zu erreichen, war in der HRPR-Gruppe um 5,9% höher. 6,1% (HRPR) versus 2,9% (LRPR) erlitten während der Studiendauer eine Stent-Thrombose (p = 0,01), ein Ereignis mit oft gravierenden Folgen.

Bei einem Teil der HRPR-Patienten gelang es, die Plättchenreaktivität durch Erhöhung der Clopidogrel-Dosis oder Umsetzen auf Ticlopidin in den LRPR-Bereich zu senken. Zwischen diesen Patienten und jenen, bei denen diese Reduzierung der Plättchenreaktivität nicht gelang, gab es aber hinsichtlich des Erreichens des primären Endpunkts keinen deutlichen Unterschied, d.h. die frühzeitig gemessene Plättchenreaktivität nach ASS- und Clopidogrel-Loading war ein unabhängiger Risikofaktor für spätere kardiovaskuläre Komplikationen.

In einem ausführlichen Editorial im gleichen JAMA-Heft (3) kommt D.J. Angiolillo von der University of Florida in Jacksonville zu dem Schluss, dass die Zeit für ein routinemäßiges Monitoring der Plättchenreaktivität nach akuten Koronarinterventionen noch nicht gekommen ist. Erstens, weil es keine allgemein verfügbaren standardisierten Messmethoden der residualen Thrombozytenaggregation gibt und zweitens, weil eine höhere Dosis von Clopidogrel oder die Umstellung auf Ticlopidin die Prognose bei HRPR-Patienten nicht oder kaum verbessert. Das war auch das Fazit unseres Artikels (1). Prasugrel (Efient®) führt offenbar bei allen Patienten zu einer LRPR (1). Es ist zu hoffen, dass vergleichende Endpunktstudien mit den neuen Hemmern der Thrombozytenfunktion (Prasugrel, Ticagrelor = BriliqueTM; vgl. 4, 5, 6) zeigen, dass nicht nur die Plättchenaggregation sicher gehemmt, sondern auch die Prognose von Patienten mit AKS und HRPR verbessert wird.

Fazit: Patienten mit Akutem Koronarsyndrom, bei denen nach der üblich hohen Loading-Dosis ASS plus Clopidogrel die Thrombozytenreaktivität nur gering gehemmt ist, haben ein signifikant höheres Risiko, in den folgenden zwei Jahren ein zweites kardiovaskuläres Ereignis zu erleiden als Patienten mit starker Plättchenhemmung. Auch eine höhere Erhaltungsdosis von Clopidogrel oder die Umstellung auf Ticlopidin scheint an der schlechteren Prognose nichts zu ändern. Die Thrombozytenreaktivität muss also (noch) nicht gemessen werden.

Literatur

  1. AMB 2011, 45, 33. Link zur Quelle
  2. Parodi, G., et al.: JAMA2011, 306, 1215. Link zur Quelle
  3. Angiolillo, D.J.: JAMA2011, 306, 1260. Link zur Quelle
  4. AMB 2008, 42, 05. Link zur Quelle
  5. AMB 2010, 44, 19. Link zur Quelle
  6. http://www.g-ba.de/… Link zur Quelle