Das kutane bullöse Pemphigoid ist die häufigste blasenbildende Autoimmunerkrankung der Haut (1). Sie ist durch Bildung von Antikörpern gegen Strukturproteine der Haut charakterisiert. Die Antigene liegen an der Verbindung zwischen Dermis und Epidermis. Die Inzidenz in Zentral-Europa und Großbritannien variiert zwischen 14 und 42 Neuerkrankungen pro Jahr und pro einer Mio. Einwohner (2). Sie haben sich im letzten Jahrzehnt verdoppelt (3). Die Erkrankung verläuft mit starkem Juckreiz, Blasenbildung und Entzündung. Sie ist häufiger bei Patienten > 70 Jahre und geht oft in eine chronisch-progressive Form über (4). Die Hautläsionen sind Eintrittspforten für Infektionen bis hin zur Sepsis. Das bullöse Pemphigoid ist mit erhöhter Morbidität und Letalität assoziiert (2, 5). Prednisolon oral ist die Standardtherapie seit mehr als einem halben Jahrhundert (4). Aber die systemische (Langzeit-)Therapie bringt erhebliche und lebensbedrohliche Komplikationen mit sich. Die lokale Applikation hochpotenter Glukokortikosteroide ist ebenfalls wirksam, hat aber weniger Nebenwirkungen (6). Sie ist jedoch schwierig, wenn größere Areale der Haut oder der ganze Körper betroffen sind. Es werden also wirksame systemische Therapieoptionen mit weniger Nebenwirkungen benötigt. Tetrazykline wurden wegen ihrer antientzündlichen Wirkung bereits eingesetzt, aber eine Cochrane-Analyse hat nur eine kleine Studie gefunden, die dieses Konzept unterstützt (7). Nun haben Autoren aus Großbritannien und Deutschland eine Studie zu dieser Behandlung publiziert (8).
Im Vorfeld wurden Dermatologen kontaktiert und befragt, ob sie an einer solchen Studie teilnehmen möchten. Als Erfolg der Doxycyclin-Therapie in der akuten Phase wurde von den Dermatologen eine Reduktion der Blasenbildung um 25% weniger als unter systemischer Glukokortikosteroid-Behandlung angesehen und gleichzeitig mussten die Nebenwirkungen um 20% niedriger sein. Auf dieser Grundlage wurde eine Studie zur Akutbehandlung des bullösen kutanen Pemphigoids (BLISTER; 8) gestartet, in der die systemische Therapie mit Doxycyclin mit der systemischen Glukokortikosteroid-Therapie verglichen wurde. Die Studie war auf Nicht-Unterlegenheit hinsichtlich Wirksamkeit und auf Überlegenheit hinsichtlich der Langzeit-Nebenwirkungen ausgelegt.
In diese prospektive, randomisierte, kontrollierte Studie wurden Patienten mit der Erstdiagnose Pemphigoid aus Großbritannien (54 Zentren) und Deutschland (7 Zentren) eingeschlossen, die drei oder mehr Blasen an mindestens zwei unterschiedlichen Stellen hatten. Die Diagnose musste mittels Immunfluoreszenz-Mikroskopie gesichert werden, d.h., es mussten IgG oder Komplement C3 oder beides in der dermato-epidermalen Verbindungszone nachweisbar sein. Die Gruppen wurden hinsichtlich des Schweregrades stratifiziert. Als milde Form galten 3-9 Blasen, als mittlere 10-30 und als schwere Form > 30. Eine Gruppe erhielt Doxycyclin (200 mg/d), die andere systemisch Prednisolon (0,5 mg/kg/d). Die lokale Anwendung von Glukokortikosteroiden war in den ersten drei Wochen erlaubt (< 30 g/Woche). Der primäre Endpunkt für die Wirksamkeit war der Anteil an Patienten, die nach sechs Wochen Therapie ≤ 3 Blasen hatten. In der Doxycyclin-Gruppe wurde eine 25% geringere Reduktion der Blasen angenommen, und eine Grenze von 37% für die Nicht-Unterlegenheit eingeräumt. Der Endpunkt für die Sicherheit war der Anteil schwerer lebensbedrohlicher Therapie-assoziierter Nebenwirkungen (Grad 3-5) bis zu Woche 52. Bei der Auswertung wurden die Gruppen hinsichtlich Schweregrad, anderer Krankheiten, Alter und Karnofsky-Index stratifiziert. Zwischen März 2009 und Oktober 2013 wurden insgesamt 132 Patienten in die Doxycyclin-Gruppe und 121 in die Prednisolon-Gruppe randomisiert. Das mediane Alter der Patienten lag bei 78 Jahren (± 9,7), und 173 (68%) der 253 hatten zu Beginn eine mittlere bis schwere Manifestation der Erkrankung.
Ergebnisse: In der Doxycyclin-Gruppe hatten nach sechs Wochen 83 (74%) der auswertbaren 112 Patienten ≤ 3 Blasen, in der Prednisolon-Gruppe waren es 92 (91%) von 101 Patienten. Die angepasste Differenz war 18,5% (90%-Konfidenzintervall = CI: 11,1-26,1), Damit lag der Unterschied innerhalb der vorher festgesetzten Grenze (CI: 26,1%-37%). Subgruppenanalysen ergaben keinen Unterschied bei den verschiedenen Schweregraden der Erkrankung zu Beginn. Insgesamt war die Wirksamkeit bei schweren Formen in beiden Behandlungsarmen schwach. Therapie-assoziierte schwere Nebenwirkungen und Todesfälle nach 52 Wochen ereigneten sich bei 18% (22 von 121) in der Doxycyclin-Gruppe und bei 36% (41 von 113) in der Prednisolon-Gruppe (Differenz: 19,0%; CI: 7,9-30,1; p = 0,001). Der unseres Erachtens wichtigste Unterschied fand sich bei den Therapie-assoziierten Todesfällen: 11 in der Prednisolon-Gruppe (vorwiegend Infektionen, Pneumonien) und 3 in der Doxycyclin-Gruppe.
Diskussion: Kritisch zu sehen ist die etwas willkürliche Festlegung der Grenze für die Nicht-Unterlegenheit in der Wirksamkeit. Sie war ein Kompromiss aus den Befragungsergebnissen der Dermatologen und der möglicherweise zu erreichenden Patientenzahl. Mit 37% weicht sie von den üblicherweise angenommenen 25% ab (s. hierzu auch den Kommentar bei 9). Trotz dieses Schwachpunkts loben die Kommentatoren die Studie als sehr relevant sowie praxisnah (9) und schlagen zwei alternative therapeutische Vorgehensweisen vor: 1. Man beginnt mit Doxycyclin plus einem hochpotenten topischen Glukokortikosteroid. Bei ungenügendem Ansprechen wird kurzzeitig ein Glukokortikosteroid systemisch hinzugegeben. 2. Man beginnt mit einem Glukokortikosteroid systemisch plus einem hochpotenten topischen Glukokortikosteroid und geht danach in eine Erhaltungsphase mit Doxycyclin über (9).
Fazit: Die lokale Anwendung eines hochpotenten Glukokortikosteroids ist die beste Behandlungsoption beim bullösen kutanen Pemphigoid. Sind jedoch große Hautareale betroffen, ist häufig (zusätzlich) eine systemische Therapie mit einem Glukokortikosteroid notwendig. Bei diesen Patienten war in dieser Studie eine initiale Behandlung mit Doxycyclin nach vorher festgelegten Vergleichskriterien nicht weniger wirksam (real jedoch etwas weniger) als die systemische mit Prednisolon, hatte aber deutlich weniger lebensbedrohliche (Langzeit-)Nebenwirkungen.
Literatur
- Schmidt, E., und Zillikens, D.:Lancet 2013, 381, 320. Link zur Quelle
- Langan, S.M., et al.: BMJ 2008, 337,a180. Link zur Quelle
- Joly, P., et al.: J. Invest.Dermatol. 2009, 129, 1681. Link zur Quelle
- Lever, W.F.: Medicine(Baltimore) 1953, 32,1. Link zur Quelle
- Joly, P., et al.: J. Invest. Dermatol. 2012, 132, 1998. Link zur Quelle
- Venning, V.A., et al.:Br. J. Dermatol. 2012, 167, 1200. Link zur Quelle
- Kirtschig, G., et al.: CochraneDatabase Syst. Rev. 2010;10:CD002292. Link zur Quelle
- C., et al. (BLISTER = BuLlous PemphIgoidSteroids and TEtRacyclines): Lancet 2017. Link zur Quelle
- Grantham, H.J., etal.: Lancet 2017. Link zur Quelle