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Leserbrief: Gehalt von Omega-3-Fettsäuren in der Nahrung

Fragen von Dr. H.-G.P aus Bad Soden-Salmünster zu unserer Kleinen Mitteilung (1): >> Welche Mengen an Omega-3-Fettsäuren (O3FS) kann ich meinen gesunden und kranken Patienten empfehlen? Wo finden sich die O3FS vermehrt außer in Lein-, Raps- oder Sojaöl? Wie hoch ist der Gehalt in Spinat, Haselnüssen, Milch, Getreide, Zwiebeln? Kann das bisher empfohlene Olivenöl durch Lein-, Walnuß- oder Rapsöl ersetzt werden? Sind sowohl langkettige als auch kurzkettige O3FS essentiell? Betreffen die Empfehlungen sowohl Gesunde als auch Gefäßkranke? <<

Antwort: >> Die zu den mehrfach ungesättigten Fettsäuren (PUFA) gehörenden O3FS- und Omega-6-Fettsäuren (O6FS) müssen getrennt betrachtet werden.

1. Langkettige O3FS in Fischölen: Mediterrane Diäten sind reich an langkettigen O3FS (fetter Meeresfisch: Makrele, Sardine, Hering, Lachs, Sardelle). Alle Studien zeigen fast übereinstimmend einen Nutzen (weniger plötzliche Herztodesfälle und tödliche Myokardinfarkte) bei regelmäßigem Fischverzehr.

Für Gesunde und Kranke kann ein Verzehr von 0,5 g/d (und mehr) langkettiger O3FS (Eicosapentaënsäure = EPA/Docosahexaënsäure = DHA) empfohlen werden. Dies entspricht zwei Fischmahlzeiten (normaler Fisch) pro Woche. Der Verzehr langkettiger O3FS liegt jedoch in Ländern mit relativ geringem Fischverzehr (z.B. in Deutschland) eher unter 0,1 g/d. Die diätetische Prävention und Therapie von Herz- und Kreislauferkrankungen ist optimal bei einer täglichen Zufuhr von 1-1,25 g langkettigen O3FS. Dies entspricht dem Verzehr von zwei mittelgroßen Fischmahlzeiten mit fettem Seefisch pro Woche (1 Portion = 300 g = ca. 4 g EPA/DHA). Eine Alternative ist Fischöl in Kapseln. Eine Kapsel Fischöl enthält zumeist 0,2-0,3 g O3FS (EPA/DHA), so daß 3-4 Kapseln pro Tag einzunehmen wären. Der Verzehr von industriell angereicherten Produkten ist nicht notwendig und nicht empfehlenswert; vor allem ist darauf zu achten, daß nicht eventuell andere nachteilige Bestandteile in den Produkten enthalten sind. So haben einige O3FS-Margarinen einen sehr hohen Anteil an gesättigten Fetten, was den Vorteil möglicherweise wieder zunichte macht. Etwas günstiger können die O3FS-angereicherten Hühnereier bewertet werden.

2. Die kurzkettigen pflanzlichen O3FS (Alpha-Linolensäure) scheinen noch wichtiger zu sein als die langkettigen Fischöle. Zumindest war in der Lyon-Diet-Heart-Studie die kurzkettige Alpha-Linolensäure der entscheidende Faktor (2). In dieser Studie wurde ihre Zufuhr durch eine Rapsöl-Margarine und reichliche Verwendung von Rapsöl gesichert. In der traditionellen mediterranen Kost spielen aber auch Nüsse (v.a. Walnüsse) und grünes Blattgemüse eine bedeutende Rolle. Neben Spinat sind hier vor allem Rukola, Petersilie, Portulac, aber auch Bohnen und Linsen gute Quellen pflanzlicher O3FS. Pro Tag sollten ca. 2 g Alpha-Linolensäure aufgenommen werden. Wenn kein Fisch verzehrt wird, ist die Menge deutlich, etwa um das Vier- bis Fünffache, zu steigern.

In Tab. 1 ist zu erkennen, daß Leinöl das O3FS-reichste Öl ist. Allerdings wird sein Geschmack nicht von allen geschätzt. Weizenkeimöl kann auch noch empfohlen werden, während Sonnenblumen-, Distel- und Maiskeimöl arm an O3FS und unter diesem Aspekt nicht zu empfehlen sind. Eine aktuelle Studie in Circulation (3) zeigt, daß ein hoher Anteil von Alpha-Linolensäure im Fettgewebe mit einer sehr geringen Herzinfarktrate vergesellschaftet ist.

3. Olivenöl hat hauptsächlich einfach ungesättigte Fettsäuren (monunsaturated fats = MUFA; Ölsäure, O9FS). MUFA haben eigenständige gesundheitsfördernde Wirkungen und finden sich auch in Rapsöl und in vielen Nüssen. Nachgewiesen sind u.a. Verbesserungen der Endothelfunktion, Blutdrucksenkung und Reduktion von Herzinfarkten in epidemiologischen Studien. Tatsächlich sollte man nach dem derzeitigen Wissensstand beide Ölsorten konsumieren, also Olivenöl und ein an O3FS reiches Öl. Ausgetauscht werden sollten Distel-, Sonnenblumen- und Maiskeimöl.

4. Die Ausgangsverbindungen der O6FS-Familie, die Linolsäure, und der O3FS-Familie, Alpha-Linolensäure, sind essentiell, müssen also mit der Nahrung zugeführt werden. Die Verlängerungen der Ketten zu langkettigen Fettsäuren (z.B. den Fischölen EPA/DHA) sind im Stoffwechsel in nur sehr begrenztem Maße möglich; daher werden die langkettigen Fettsäuren pragmatisch auch als essentiell eingestuft.

5. Bisher wird für Herz-Kreislauf-Kranke eine höhere Zufuhr ungesättigter Fettsäuren empfohlen als für Gesunde. Aus den inzwischen vorliegenden Studienergebnissen erscheint es aber vernünftig, dies auch auf Gesunde zu übertragen. <<

Literatur

  1. AMB 2003, 37, 8b.
  2. de Lorgeril, M., et al. (Lyon Diet Heart Study): Circulation 1999, 99, 779; s.a. AMB 1999, 33, 74.
  3. Baylin, A., et al.: Circulation 2003, 107, 1586.

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