Höherdosierte inhalierte, d.h. topisch applizierte Kortikosteroide können bekanntlich auch zu leichten systemischen Wirkungen außerhalb des Bronchialbaums und der Lunge führen. Da Kortikosteroide den Augeninnendruck erhöhen und zum Offenwinkel-Glaukom führen können, untersuchten E. Garbe et al. aus Montreal (JAMA 1997, 277, 722) die Beziehungen zwischen topischer Steroidanwendung und Glaukom aufgrund einer umfangreichen Recherche in den Dokumentationsunterlagen des kanadischen National Health Service (NHS), der ähnlich strukturiert ist wie der britische NHS. Es konnten insgesamt ca. 9700 Patienten im Alter über 65 Jahren mit neu entdecktem Borderline-Glaukom oder Offenwinkel-Glaukom identifiziert werden, die mit ca. 38 Kontroll-Patienten verglichen wurden. Gesucht wurde nach Verschreibung und Dosierung topisch angewandter Kortikosteroide (hauptsächlich Beclometason, z.B. Beconase, Sanasthmyl, Viarox u.a., Budenosid, z.B. Pulmicort, und Flunisolid, z.B. lnhacort, Syntaris) entweder mit inhalativer (wegen Asthma oder chronischer Bronchitis) oder nasaler Anwendung.
Weder aktuelle noch frühere nasale Anwendung von topischen Steroiden war mit einem gesteigerten Risiko für erhöhten Augeninnendruck oder Offenwinkel-Glaukom assoziiert. Dies trifft auch für relativ hohe Dosierungen über 400 µg/d zu. Die Anwendung inhalativ applizierter topischer Steroide war bei hoher Dosierung (mehr als 1500 µg/d) mit einem grenzwertig erhöhten Risiko für erhöhten Augeninnendruck und Offenwinkel-Glaukom assoziiert (Relatives Risiko 1,21; Vertrauensbereich 1,0 bis 1,47). Diese Aussage trifft für frühere und aktuelle Verwendung von topischen, inhalierten Steroiden zu. Betrachtet man jedoch allein diejenigen Patienten, die aktuell mindestens 3 Monate lang topische Steroide in hoher Dosis inhaliert hatten, so war das Relative Risiko, ein Glaukom zu entwickeIn, hochsignifikant erhöht: adjustiertes Relatives Risiko: 1,44 (Vertrauensbereich 1,01 bis 2,06).
Fazit: Die Studie zeigt, daß relativ hochdosierte inhalierte Kortikosteroide bei älteren Menschen zu systemischen Wirkungen auch am Auge führen können. Vor einer solchen Therapie sollte deshalb der Augeninnendruck gemessen und unter der Therapie kontrolliert werden. Bei Patienten mit bekanntem Glaukom sollte das Risiko dieser Therapie gegen die zu erwartenden Vorteile abgewogen werden.