Im folgenden soll über einige Arzneimittel-Nebenwirkungen berichtet werden, die im British Medical Journal unter der Überschrift Drug Points regelmäßig publiziert werden.
1. Rhabdomyolyse bei Kombination von Ciprofibrat und Ibuprofen (Brit. Med. J. 1997, 314, 1593)
Ein 29jähriger Asiate mit schwerer Hyperlipidämie wurde mit zunächst 100 mg, später mit 200 mg Ciprofibrat/d behandelt. Sechs Monate nach Behandlungsbeginn nahm er wegen eines schmerzhaften Fußes 200 mg und einige Tage später 400 mg/d eines freiverkäuflichen Ibuprofen-Präparates ein. Kurz danach trat rötlicher Urin auf, und er hatte ein steifes Gefühl im ganzen Körper. Es entwickelte sich eine hochgradige Niereninsuffizienz (Kreatinin 647 mmol/l, Kalium 6,2 mmol/I) bei starker Erhöhung der Kreatinkinase im Blut. Nach Absetzen von Ibuprofen normalisierte sich die Nierenfunktion. Ciprofibrat wie auch andere Fibrate können zur Rhabdomyolyse und zur Niereninsuffizienz führen. Die Dosis von 200 mg/d war überhöht. Durch Zugaben von Ibuprofen wurde offenbar Ciprofibrat aus seiner Eiweißbindung verdrängt, wodurch die schwere Nebenwirkung des Ciprofibrats ausgelöst wurde. Diese Fallmitteilung ist wichtig, da Fibrate und Ibuprofen häufig verwendete Medikamente sind.
2. Nervus-opticus-Schädigung durch Protonenpumpen-Hemmer (Brit. Med. J. 1997, 314, 1805)
Nach intravenöser Gabe von Omeprazol (Antra, Gastroloc) wurde über Sehstörungen berichtet. P.S. Schönhöfer und B. Werner aus Bremen und Magdeburg berichten über zwei Fälle von Sehstörungen infolge einer vorderen ischämischen Optikusneuropathie bei Patienten, die wegen Magenulzera 20 bis 40 mg Omeprazol/d fünf bzw. sechs Wochen lang oral eingenommen hatten. Nach Absetzen von Omeprazol waren die mit einem mäßigen Visusverlust und Gesichtsfelddefekten einhergehenden Störungen nicht reversibel. Ein ähnlicher Fall soll kürzlich nach Einnahme von Pantoprazol beobachtet worden sein. Tierexperimentelle Studien an Hunden mit Lansoprazol zeigten ebenfalls irreversible ischämische Schäden am Nervus opticus. Die Autoren vermuten, daß der Effekt nicht über eine Hemmung von Protonenpumpen, sondern über eine Hemmung einer Natrium-Proton-ATPase im ZNS mit konsekutiver Vasokonstriktion und Ischämie zurückzuführen ist. Obwohl es sich offenbar um eine seltene Nebenwirkung handelt, sollten mit Protonenpumpen-Hemmern behandelte Patienten aufgefordert werden, im Falle von Sehstörungen sofort das Medikament abzusetzen und einen Augenarzt aufzusuchen.
3. Halluzinatorische Psychose unter Doxazosin (Brit. Med. J. 1997, 314,1869)
Doxazosin (Cardular, Diblocin) ist ein Alpharezeptoren-Blocker, der in letzter Zeit häufig als Antihypertensivum eingesetzt wird. Er ist chemisch verwandt mit Prazosin (Adversuten, duramipress, Eurex, Minipress, Prazosin ratiopharm), nach dessen Einnahme Depressionen und Halluzinationen berichtet wurden. Eine 71 jährige Frau mit Typ-2-Diabetes mellitus und Hypertonie nahm schon seit längerer Zeit Nizatidin (Gastrax, Nizax LiIIy) und Nitrazepam (Dormalon, Dormo-Puren, Eatan, Novanox, Radedorm) ein, seit einiger Zeit zusätzlich auch 8 mg/d Doxazosin. Ein bis zwei Wochen nach Verdoppelung der Dosis auf 16 mg hatten die Patienten akustische Halluzinationen und paranoide Vorstellungen. Wegen des Verdachts, daß Doxazosin das auslösende Medikament war, wurde die Dosis zunächst auf 4 mg reduziert und dann abgesetzt, worauf die psychotische Symptomatik völlig verschwand. Eine solche Nebenwirkung von Doxazosin wurde bisher noch nicht mitgeteilt. Dem britischen Committee on Safety of Medicines liegen jedoch andere Meldungen über Nebenwirkungen von Doxazosin im psychiatrischen Bereich vor, wie Depression, Agitation, Aggression und Depersonalisation. Auch diese Nebenwirkungen sollten bekannt sein. Sie treten offenbar bei besonders hoher Dosierung von Doxazosin auf.
4. Simvastatin und Impotenz (Brit. Med. J. 1997, 315, 31)
Simvastatin (Denan, Zocor) ist eine wirksame Hemmsubstanz der Cholesterinsynthese. G. Jackson aus London berichtet über fünf Männer mit koronarer Herzerkrankung, die innerhalb einer Woche nach Beginn einer Therapie mit 10 oder 20 mg Simvastatin/d starke Müdigkeit, Antriebslosigkeit und eine komplette Impotenz entwickelten. Eine Woche nach Absetzen von Simvastatin war die Sexualfunktion wieder normal. Bei zwei Patienten, bei denen eine Re-Exposition mit Simvastatin versucht wurde, trat die Impotenz erneut auf. Nach Einnahme eines anderen Cholesterinsenkers (Fluvastatin: Cranoc, Locol) bei vier Patienten und Fenofibrat (durafenat, Fenofibrat ratiopharm, Lipanthyl, Lipidil, Normalip) bei einem Patienten trat die Impotenz nicht auf. Diese Nebenwirkung von Simvastatin ist wenig bekannt. Sie scheint spezifisch für dieses Medikament zu sein, wenn auch selten aufzutreten. Das Australische „Adverse Drug Reactions Committee“ hat 42 Fälle von Impotenz nach Simvastatin-Einnahme registriert. Das Symptom trat zwischen 48 Stunden und 27 Monaten nach Beginn der Therapie auf. In den meisten Fällen war Simvastatin das einzige eingenommene Medikament, so daß eine Arzneimittelwechselwirkung als Mechanismus unwahrscheinlich ist Es ist wichtig, auf diese Nebenwirkung zu achten. Bei Umsetzen auf ein anderes „Statin“ tritt diese Wirkung offenbar nicht auf.