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Das Syndrom der schmerzhaften steifen Schulter: Vergleich der Wirksamkeit von Physiotheraple mit intraartikulärer Kortikosteroid-lnjektion

Das Syndrom der schmerzhaften, steifen Schulter (nach Ausschluß von Luxationen, Frakturen usw.) wird häufig von Praktischen Ärzten diagnostiziert und behandelt. Gängige Therapiemaßnahmen sind Krankengymnastik oder intraartikuläre Kortikosteroid-Injektionen. Es gibt nur wenige Studien, welche die Wirksamkeit dieser Maßnahmen belegen. Deshalb führten D. van der Windt et al. aus Amsterdam (Forschungsinstitut für Extramurale Medizin an der Freien Universität Amsterdam; Brit. Med. J. 1998, 317, 1292) in Zusammenarbeit mit 60 Praktischen Ärzten eine Studie durch, die diese Behandlungsarten vergleichen sollte. Insgesamt wurden 203 Patienten mit dem Syndrom der schmerzhaften, steifen Schulter an das Behandlungszentrum überwiesen, wo ein geschulter Physiotherapeut die Diagnose überprüfte und Patienten mit Ausschlußkriterien (z.B. beidseitige Schultererkrankung, kürzlich vorangegangene Kortikosteroid-Therapie, Diabetiker mit Insulin-Therapie, Subluxation der Schulter usw.) aussonderte. Schließlich wurden 109 Patienten in die Behandlungsarme Physiotherapie bzw. intraartikuläre Triamcinolon-Injektion randomisiert. Die Behandlungsdauer war auf 6 Wochen festgelegt. Gruppe A erhielt 12 Sitzungen à 30 Minuten Physiotherapie mit passiver Gelenkmobilisierung und aktivem Übungstraining; die Patienten der Gruppe B erhielten 2 bis 3 intraartikuläre Injektionen mit 40 mg Triamcinolon-Acetonid durch die einweisenden Praktischen Ärzte, die alle für die Injektionsbehandlung trainiert waren. Die Schwere der Symptome (Behinderung insgesamt, Schmerzen tagsüber und zur Nacht, Bewegungseinschränkung) wurden mit Hilfe von Analogskalen (0 bis 100 Punkte) aufgrund von Angaben der Patienten selbst sowie durch einen unabhängigen Untersucher ermittelt, der nicht wissen durfte, welcher Behandlungsgruppe der Patient zugeordnet war. Nachuntersuchungen bzw. Befragungen erfolgten nach 3, 7, 13, 26 und 52 Wochen. Während der Nachuntersuchung durch den unabhängigen Beobachter wurde bei allen Patienten die Rückseite der Schulter durch ein Pflaster abgedeckt, so daß der Untersucher nicht erkennen konnte, ob hier Injektionen erfolgt waren.

Ergebnisse: Sowohl im Hinblick auf Schmerzen am Tag und in der Nacht und Behinderung insgesamt durch die steife Schulter schnitten die Patienten der Gruppe B signifikant besser ab als die mit Physiotherapie behandelten der Gruppe A. Der Unterschied war deutlich während der ersten 7 Wochen (46% der Patienten beschwerdefrei oder deutlich gebessert in Gruppe A; 77% in Gruppe B). Nach 26 und 52 Wochen waren die Gruppenunterschiede nur noch gering. Vermutlich hat das Syndrom der schmerzhaften, steifen Schulter auch eine entzündliche Komponente, die durch die erste intraartikuläre Triamcinolon-Injektion unterdrückt wird. Die Beurteilung der Symptom-Besserung durch die Patienten und die unabhängigen Untersucher stimmten weitgehend überein. Ein Teil der Patienten hatte 1 bis 2 Tage nach den therapeutischen Anwendungen verstärkt Schmerzen, etwas häufiger in Gruppe A als in Gruppe B. Neun der 57 Patienten in Gruppe B klagten über Hitze und Rötung im Gesicht nach der Steroid-Injektion und sechs der mit Steroiden behandelten Frauen berichteten über unregelmäßige Menstruationen.

Fazit: Bei Patienten mit schmerzhafter, steifer Schulter kann, wenn die Beschwerden nicht spontan wieder verschwinden, eine einmalige oder zweimalige intraartikuläre Kortikosteroid-Injektion eine schnellere Besserung bringen als eine Physiotherapie allein. Von mehrfach wiederholten Triamcinolon-Injektionen raten wir wegen der länger anhaltenden Unterdrückung der endogenen Kortisolsekretion und der immunsuppressiven Wirkung einer solchen Behandlung allerdings dringend ab. Die intraartikuläre Injektion erfordert eine besondere Ausbildung.