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Langzeiteffekt von Sibutramin nach initialer Gewichtsabnahme

Sibutramin (Reductil) ist ein mäßig wirksames Antidepressivum, das die Wiederaufnahme von Serotonin und Noradrenalin, u. a. in Gehirnzentren hemmt, die in die Appetitregulation involviert sind. Wir haben bereits früher im AMB über eine verstärkende Wirkung von Sibutramin auf die durch Kalorienrestriktion bewirkte Gewichtsabnahme bei adipösen Menschen berichtet (AMB 2000, 34, 9). W. P. T. James et al. berichten im Lancet (STORM-Studie = Sibutramine Trial of Obesity Reduction and Maintenance study: 2000, 356, 2119) jetzt über eine teilweise von der BASF Pharma (dem Hersteller von Sibutramin) finanzierte Studie über den Effekt von Sibutramin auf die Erhaltung eines niedrigeren Gewichts bei 605 Patienten mit einem ursprünglichen Body-Mass-Index zwischen 30 und 45 kg/m2, die innerhalb von 6 Monaten durch eine kalorienreduzierte Diät plus 10 mg/d Sibutramin mindestens 5% Körpergewicht verloren hatten. Patienten, die in dieser 1. Studie weniger als 5% abgenommen hatten, wurden in diese neue Studie nicht eingeschlossen. Zu Beginn der Vorstudie sowie nach 3 und 6 Monaten wurde der Grundumsatz der Patienten gemessen und eine 600 Kalorien unter der das Ausgangsgewicht haltende Diät mit weniger als 30% Fett und etwa 15% Protein (entsprechend einer Empfehlung der WHO) verordnet. In dieser ersten Phase von 6 Monaten wurden die Patienten außerdem durch häufige Diätberatungen ermutigt, „bei der Stange zu bleiben“. Sie waren auch angehalten, mindestens 30 Minuten zusätzlich zur gewohnten Aktivität spazieren zu gehen. Nach dieser Phase, in der die Patienten 11 bis 12 kg abgenommen hatten, wurden sie in einer Folgestudie für die Weiterbehandlung mit Plazebo oder Sibutramin multizentrisch randomisiert, wobei die Diät offenbar ab jetzt einem gewichtserhaltenden Kaloriengehalt bei selteneren Besuchen des Ernährungsberaters entsprach. Bei einem Gewichtsanstieg von 1 kg innerhalb der ersten 6 Monate konnte die Sibutramin-Dosis von 10 auf 15 mg/d, bei einem späteren weiteren Gewichtsanstieg auf maximal 20 mg/d erhöht werden. Entsprechend wurden gleich aussehende, anscheinend höher dosierte Plazebo-Kapseln verordnet. Patienten mit endokrin verursachter Adipositas (z.B. M. Cushing, Myxödem), mit psychiatrischen Erkrankungen oder mit unbehandelter Hypertonie wurden von der Studie ausgeschlossen. Gut eingestellte Hypertoniker konnten eingeschlossen werden.

Ergebnisse: 18 Monate nach der erneuten Randomisierung, d.h. insgesamt 24 Monate nach Beginn der Studie, hatten 43% in der Sibutramin-Gruppe (10-20 mg/d) ihre Gewichtsreduktion beibehalten können; in der Plazebo-Gruppe waren es 16%. Bei der Gesamtpopulation mit Sibutramin war, soweit es einer Abbildung zu entnehmen ist, das Körpergewicht um etwa 2 kg, in der Plazebo-Gruppe um etwa 7 kg gestiegen. 20 Patienten der Sibutramin-Gruppe mußten die Studie wegen eines Blutdruckanstiegs abbrechen. Weitere unerwünschte Arzneimittelwirkungen, die häufiger in der Sibutramin-Gruppe auftragen, waren trockener Mund (9% vs. 3%), Verstopfung (9% vs. 4%), Schlaflosigkeit (8% vs. 3%) und Bauchschmerzen (8% vs. 4%). Am Ende der Studie (24 Wochen) waren die Triglyzeride und das VLDL-Cholesterin unter Sibutramin etwa 15% niedriger als in der Plazebo-Gruppe, während das HDL-Cholesterin im Vergleich zum Randomisierungszeitpunkt in der Sibutramin-Gruppe um etwa 17%, in der Plazebo-Gruppe um etwa 8% angestiegen war.

Fazit: Die Studie zeigt, daß Sibutramin in Verbindung mit Ernährungsberatung nach initialer Verstärkung einer Gewichtsreduktion unter kalorienbeschränkter Diät offenbar geeignet ist, die bei adipösen Patienten erfahrungsgemäß schwierige Erhaltung eines niedrigeren Gewichts auch über längere Zeit zu unterstützen. Wir empfehlen, Sibutramin nur bei starker Adipositas mit Krankheitswert nach erfolgloser diätetischer Gewichtsreduktion unter Beachtung von Kontraindikationen (besonders Hypertonie) und Beobachtung von UAW anzuwenden.