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Lipidsenker bei Hypertonikern: Die ASCOT-LLA-Studie

Da Statine zu den meist verordneten und die Gesundheits-Budgets vieler Länder am meisten belastenden Medikamenten gehören, sind neue gut durchgeführte Studien an spezifischen Patientenkollektiven sehr willkommen. Da fast alle diese Studien von den das jeweilige Statin herstellenden oder vermarktenden Firmen gesponsert werden, besteht deren Motivation für das Sponsoring natürlich prinzipiell in dem Wunsch, die Indikationen für den Einsatz von Statinen auszuweiten. Sofern die Studie ”Good practice” ist und die Ergebnisse sauber dargestellt werden, kann dieser Wunsch als legitim angesehen werden. Eine andere Frage ist, ob wir die hiermit verbundenen Botschaften akzeptieren.

Die ASCOT-LLA-Studie wurde in zahlreichen Großambulanzen in Großbritannien und in skandinavischen Arztpraxen durchgeführt (1). Die spezifische Frage war, ob antihypertensiv behandelte Hypertoniker im Alter von 55-79 Jahren (Durchschnitt 63 Jahre) mit normalem Serum-Gesamt-Cholesterin (6,5 mmol/l oder niedriger) von einer Therapie mit 10 mg Atorvastatin/d (Sortis; 5168 Patienten) im Vergleich mit Plazebo (5137 Patienten) profitieren. Die Patienten mußten außer der Hypertonie mindestens 3 weitere kardiovaskuläre Risikofaktoren (z.B. linksventrikuläre Hypertrophie, arterielle Verschlußkrankheit, Diabetes mellitus Typ 2, männliches Geschlecht, früherer Schlaganfall, Raucherstatus, Cholesterin:HDL-Cholesterin-Quotient > 6) haben, um eingeschlossen werden zu können. Ausschlußkriterien waren Koronare Herzkrankheit, Schlaganfälle in den letzten 3 Monaten, hohe Triglyzeridwerte, Herzinsuffizienz und Arrhythmien. Da männliches Geschlecht ein anerkannter Risikofaktor war, waren ca. 81% der Teilnehmer Männer. Ca. 95% waren ”weiß”. Die antihypertensive Therapie war unabhängiger Gegenstand einer Vergleichsstudie von a) einem Betablocker mit oder ohne Diuretikum versus b) Kalziumantagonist mit oder ohne einen ACE-Hemmer, deren Ergebnisse noch nicht vorliegen.

Ergebnisse: Die für 5 Jahre Laufzeit geplante Studie wurde nach 3,3 Jahren abgebrochen, da zu dieser Zeit primäre Endpunkte (nichttödliche Herzinfarkte und tödliche Koronarereignisse insgesamt) in der Verum-Gruppe signifikant seltener als unter Plazebo-Behandlung eingetreten waren (100 versus 154 Primärendpunkte, Hazard Ratio 0,64; CI: 0,5-0,83; p = 0,0005). Die Blutdruckkontrolle war in beiden Gruppen mit Werten um 130/80 mm Hg sehr gut. Das Gesamt- und das LDL-Cholesterin wurden durch das Statin um jeweils 1 mmol/l gesenkt. Im Gegensatz zur mehrfach besprochenen ALLHAT-Studie (2), in der sich 40 mg/d Pravastatin bei Hypertonikern als nicht signifikant wirksam erwies, erhielten bis zum Ende der ”Intention-to-treat”-Auswertung in der ASCOT-Studie 87% der Verum-Patienten das Statin (ALLHAT: 70%), während nur 9% der Plazebo-Patienten erlaubterweise auf das Statin umgestellt worden waren (ALLHAT: 30%). Die relativ große Untergruppe von Typ-2-Diabetikern profitierte erstaunlicherweise nicht von der Statin-Therapie. Innerhalb der normalen Cholesterin-Ausgangswerte profitierten Untergruppen mit hoch-normalem und niedrig-normalem Gesamt-Cholesterin gleichermaßen von der Therapie.

Eine Hazard-Ratio von 0,64 sieht eindrucksvoll aus, d.h. das relative Risiko wurde günstig beeinflußt. Ein Blick auf die Reduktion des absoluten Risikos ist jedoch ernüchternd: 1000 dieser Patienten mit relativ großem kardiovaskulärem Risiko mußten ein Jahr lang behandelt werden, um 3,4 primäre Endpunkte und 2 Schlaganfälle zu verhindern (Number needed to treat = NNT ca. 300 bzw. 500). Es ist die Frage, ob eine Übersetzung dieser Zahlen in die Praxis, d.h. Statine bei normocholesterinämischen, gut antihypertensiv behandelten Hypertonikern zu geben, kosteneffektiv ist. Die Autoren von ASCOT schließen ihre „Interpretation“ mit dem Satz: Diese Befunde sollten in die Therapierichtlinien für die Lipidsenker-Therapie eingehen. Die Autoren des lesenswerten begleitenden Editorials, L.H. Lindholm und O. Samuelsson aus Umeå und Göteborg (3) sind allerdings der Meinung, das Verfassen von Therapie-Richtlinien solle man den hierzu ermächtigten Autoritäten überlassen. Dem ist zuzustimmen.

Fazit: Die Therapie älterer männlicher, normocholesterinämischer Hypertoniker mit gut eingestelltem Blutdruck, aber weiteren kardiovaskulären Risikofaktoren, mit 10 mg Atorvastatin/d für 3,3 Jahre senkte signifikant das relative Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden oder an den Folgen einer Koronaren Herzkrankheit zu sterben. Diabetiker profitierten nicht von dieser Therapie. Die absolute Risikoreduktion war mit einer NNT von ca. 300 allerdings recht gering (wie in den im AMB bisher zitierten Studien auch; 4, 5).

Literatur

  1. Sever, P.S., et al. (ASCOT-LLA = Anglo-Scandinavian Cardiac Outcomes Trial – Lipid Lowering Arm): Lancet 2003, 361, 1149.
  2. ALLHAT-LLT (= Antihypertensive and Lipid-Lowering Treatment to Prevent Heart Attack Trial): JAMA 2002, 288, 2998; s.a. AMB 2003, 37, 22b.
  3. Lindholm, L.H., und Samuelsson, O.: Lancet 2003, 361, 1144.
  4. AMB 2002, 36, 69 und 91.
  5. AMB 2003, 37, 15.