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Raucherentwöhnung mit Vareniclin (Champix®). Kardiovaskuläre UAW?

Der partielle Nikotinrezeptor-Agonist Vareniclin wird in Deutschland und Österreich seit 2007 von Pfizer unter dem Namen Champix® zur Raucherentwöhnung vertrieben. Anlässlich der Markteinführung haben wir über die Zulassungsstudien berichtet und Mängel im Studiendesign, die hohen „Drop-Out-Quoten” in der Vareniclin-Gruppe und das Fehlen von Vergleichsstudien, z.B. mit der Nikotinersatz-Therapie kritisiert (1). Über das UAW-Profil war damals noch wenig bekannt, inzwischen weiß man mehr: sehr häufig bzw. häufig: Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen, abnorme Träume, Schlafstörungen, Müdigkeit, Schwindel, Geschmacksstörungen. Nach Markteinführung wurden darüber hinaus seltenere, aber schwerwiegende UAW bekannt. Wegen Depressionen, Suiziden, Aggression und anderen Verhaltensauffälligkeiten wurde von der FDA bereits 2009 eine Erweiterung der Fachinformation durch einen diesbezüglichen Warnhinweis („Boxed warning”) verfügt (2).

Nach Berichten über Myokardinfarkte und zerebrovaskuläre Ereignisse unter Vareniclin wurden diese als UAW „nicht bekannter Häufigkeit” in die Fachinformation aufgenommen. Die FDA hat nach Analyse der Originaldaten einer prospektiven, von Pfizer finanzierten Studie, die für definitive Aussagen zur Sicherheit von Vareniclin allerdings zu klein und zeitlich zu kurz war (3), im Juni 2011 eine „Safety Communication” herausgegeben (4). Jetzt wurden möglicherweise mit Vareniclin assoziierte kardiovaskuläre Ereignisse erstmals systematisch in einer Metaanalyse randomisierter kontrollierter Studien untersucht und publiziert (5). Die Analyse schloss 14 doppeltblinde randomisierte kontrollierte Studien mit insgesamt 8.216 Patienten ein, in denen kardiovaskuläre Ereignisse (Ischämie, Arrhythmie, Herzinsuffizienz, plötzlicher Herztod, Tod aus kardiovaskulärer Ursache) erhoben wurden. Die Behandlungsdauer in den Studien lag in 12 der 14 analysierten Studien bei den in der Fachinformation empfohlenen 12 Wochen (in je einer Studie bei 7 bzw. 52 Wochen). Die Studiendauer inklusive Nachbeobachtung lag in 10 der 14 analysierten Studien bei 52 Wochen (in je zwei Studien nur bei 24 bzw. 26 Wochen). In eine Studie waren Patienten mit stabilen kardiovaskulären Erkrankungen eingeschlossen (3), in allen übrigen waren Patienten mit kardiovaskulären Vorerkrankungen ausgeschlossen. In den meisten Studien wurde die empfohlene Standarddosierung von 1 mg zweimal täglich angewendet. Schwerwiegende kardiovaskuläre Ereignisse fanden sich unter Vareniclin (n = 4.908) bei 1,06% (n = 52) der Patienten, unter Plazebo (n = 3.308) bei 0,82% (n = 27; Odds Ratio: 1,72; 95%-Konfidenzintervall: 1,09-2,71). Aussagen zur Letalität konnten aufgrund der geringen Zahl von Todesfällen in den analysierten Studien nicht getroffen werden.

Die Limitationen der Arbeit liegen – wie bei vielen Metaanalysen – in der Heterogenität der zugrundeliegenden Studien begründet, was Behandlungsdauer, Nachbeobachtungszeiten, Patientencharakteristika und Endpunktdefinitionen betrifft. Darüber hinaus machen es die insgesamt seltenen kardiovaskulären Ereignisse unmöglich, ihre Relevanz als mögliche UAW zu beurteilen. Zu dieser Meinung kommt auch die europäische Arzneimittelbehörde (EMA) in einer Presseerklärung zu der Metaanalyse (6). Sie hat der Herstellerfirma den Auftrag gegeben, in den Fachinformationen präzisere Angaben zum kardiovaskulären Risiko zu machen.

Fazit: Eine aktuelle Metaanalyse ergibt Hinweise auf ein geringes, jedoch im Vergleich zu Plazebo signifikant höheres kardiovaskuläres Risiko unter dem Raucherentwöhnungsmittel Vareniclin (Champix®). Wegen der bekannten schwerwiegenden psychiatrischen UAW ist Vareniclin nicht das Mittel der ersten Wahl zur Raucherentwöhnung. Stattdessen sollten sicherere Alternativen (Verhaltenstherapie, Psychotherapie, Nikotinersatz-Therapie) bevorzugt werden (7).

Literatur

  1. AMB 2007, 41,36 Link zur Quelle und 2009, 43, 01. Link zur Quelle
  2. http://www.theheart.org/article/983491.doLink zur Quelle
  3. Rigotti,N.A., et al.: Circulation 2010, 121,221. Link zur Quelle
  4. http://www.fda.gov/…Link zur Quelle
  5. Singh, S., etal.: Link zur Quelle(Zugriff: 13.8.2011)
  6. http://www.ema.europa.eu/…Link zur Quelle
  7. http://www.akdae.de/…Link zur Quelle