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Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zur Nutzenbewertung von Arzneimitteln

Vom 3. April bis 6. Juni 2014 hat der G-BA Beschlüsse zu folgenden Wirkstoffen gefasst:

Dabrafenib (Tafinlar®) ist zugelassen zur Monotherapie von Patienten mit BRAF-V600-Mutation-positivem nicht-resezierbarem oder metastasiertem Melanom (1). Für die Nutzenbewertung hatte der G-BA als Vergleichstherapie zunächst Dacarbazin festgelegt. Zu Vemurafenib, einem weiteren in der Indikation zugelassenen neuen Wirkstoff aus der gleichen Gruppe, hatte der G-BA im September 2012 einen Beschluss über einen Hinweis auf einen beträchtlichen Zusatznutzen gegenüber Dacarbazin gefasst. Dieser war auf ein Jahr befristetet (vgl. 2). Eine erneute Bewertung vom März 2014 bestätigte den beträchtlichen Zusatznutzen (ohne Befristung). Deswegen gilt für den G-BA nun Vemurafenib als Therapiestandard und zweckmäßige Vergleichstherapie. Studien mit direktem Vergleich von Dabrafenib und Vemurafenib gab es nicht. Deswegen legte der pharmazeutische Unternehmer (pU) einen indirekten Vergleich der Zulassungsstudien von Dabrafenib (BREAK-3; 3) und Vemurafenib (BRIM-3; 4) vor mit Dacarbazin als Brückenkomparator. Dieser Vergleich wurde vom G-BA als nicht aussagekräftig bewertet, vor allem, weil in der BREAK-3-Studie die Patienten früh in den Dabrafenib-Arm wechseln konnten (Cross over), nach einer späteren Veränderung des Studienprotokolls sogar nach Ermessen des Prüfarztes vor einer Progression. In der BRIM-3-Studie war ein Cross over vor dem ersten Datenschnitt 12 Monate nach Studienbeginn nicht möglich. Die Krankheitssymptome wurden in beiden Studien mit unterschiedlichen Instrumenten erhoben, und einen indirekten Vergleich legte der pU nicht vor. In der Gesamtbetrachtung sah der G-BA einen Zusatznutzen für Dabrafenib gegenüber Vemurafenib als nicht belegt an. Der Beschluss wurde auf dreieinhalb Jahre befristet. Die Jahrestherapiekosten pro Patient betragen für Dabrafenib 98.118 € und für Vemurafenib 93.287 €.

Afatinib (Giotrif®) ist zugelassen zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit EGFR (Epidermal growth factor receptor)-TKI (Tyrosinkinaseinhibitor)-naivem, lokal fortgeschrittenem und/oder metastasiertem nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom mit aktivierenden EGFR-Mutationen. Der G-BA legte in Abhängigkeit von Allgemeinzustand (ECOG-Performance-Status), Vorbehandlung und EGFR-Status unterschiedliche Vergleichstherapien fest: Gefitinib oder Erlotinib, Cisplatin in Kombination mit einem Zytostatikum der dritten Generation (Vinorelbin, Gemcitabin, Docetaxel, Paclitaxel, Pemetrexed) oder Gemcitabin-Monotherapie (5). Für die Bewertung des Zusatznutzens legte der pU die Ergebnisse einer Zwischenanalyse der offen durchgeführten, randomisierten, kontrollierten Phase-III-Zulassungsstudie LUX-Lung 3 vor (6). In ihr wurde bei 345 Patienten in gutem Allgemeinzustand (ECOG 0-1) Afatinib als Erstlinienbehandlung mit einer Kombinationstherapie aus Cisplatin und Pemetrexed verglichen. Die Studie war zum Zeitpunkt der Nutzenbewertung noch nicht abgeschlossen. 72% der Patienten waren asiatischer Abstammung, was die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf deutsche Verhältnisse einschränkt. Bei noch nicht vorbehandelten Patienten in gutem Allgemeinzustand sah der G-BA für Afatinib in der Patientengruppe mit EGFR-Mutation Del19 einen Hinweis auf einen beträchtlichen Zusatznutzen, insbesondere wegen der moderaten Verlängerung des Gesamtüberlebens (32 Monate vs. 21 Monate; HR: 0,55; 95%-Konfidenzintervall: 0,36-0,85; p = 0,006). Für die Patientengruppe mit EGFR-Mutation L858R stellte der G-BA einen Anhaltspunkt für einen geringen Zusatznutzen fest, für die Patientengruppe mit anderen EGFR-Mutationen einen Hinweis für einen geringeren Nutzen. Weil entsprechende Studien nicht vorgelegt wurden, sah der G-BA einen Zusatznutzen bei noch nicht vorbehandelten Patienten mit einem ECOG-Performance-Status 2 als nicht belegt an, ebenso wie bei vorbehandelten Patienten. Die Geltungsdauer des Beschlusses wurde auf ein Jahr befristet. Die Jahrestherapiekosten pro Patient betragen für Afatinib 39.743 €, für Gefitinib 39.694 € und für Erlotinib 32.408 €.

Indacaterol/Glycopyrronium (Ultibro® Breezhaler®, Xoterna® Breezhaler®) ist zugelassen zur bronchialerweiternden Erhaltungstherapie zur Symptomlinderung bei Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD; 7). Auf die Bewertung und die differenzierten Beschlüsse des B-GA sind wir bereits eingegangen (8). Die Jahrestherapiekosten pro Patient betragen für Indacaterol/Glycopyrronium 917 €, für Tiotropium 659 €, für Formoterol 318 € und für Salmeterol 438 €.

Über Ipilimumab (Yervoy®) bei vorbehandelten Patienten mit malignem Melanom und die Nutzenbewertung in dieser Indikation haben wir berichtet: der G-BA sah im Vergleich zu Dacarbazin einen Hinweis für einen beträchtlichen Zusatznutzen (9). Nun bewertete der G-BA den Zusatznutzen bei nicht-vorbehandelten Patienten (10). Er stellte keinen Zusatznutzen fest, weder bei Patienten mit BRAF-V600-Mutation-negativem Melanom im Vergleich zu Dacarbazin, noch bei Patienten mit BRAF-V600-Mutation-positivem Melanom im Vergleich zu Vemurafenib. Der pU hatte indirekte Vergleiche vorgelegt, die allerdings aus Sicht des G-BA nicht geeignet waren, einen Zusatznutzen zu belegen. Der Beschluss wurde auf dreieinhalb Jahre befristet, sodass Ipilimumab dann in beiden Indikationen neu bewertet werden kann. Die Jahrestherapiekosten pro Patient betragen für Ipilimumab 82.461 €, für Dacarbazin 3.939 € bis 6.183 € und für Vemurafenib 93.287 €.

Lomitapid (Lojuxta®) ist begleitend zu einer fettarmen Diät und anderen lipidsenkenden Arzneimitteln mit oder ohne Low-Density-Lipoprotein-Apherese (LDL-Apherese) bei erwachsenen Patienten mit homozygoter familiärer Hypercholesterinämie (HoFH) angezeigt (11). Dies ist eine sehr seltene Erkrankung mit einer Prävalenz von 1:860.000 bis 1:1.000.000. In Deutschland kommen für eine Behandlung mit Lomitapid 61-71 erwachsene Patienten in Frage. Trotzdem erhielt Lomitapid keinen Status als Orphan Drug, da die Europäische Arzneimittel-Agentur (European Medicines Agency = EMA) die homozygote und die heterozygote familiäre Hypercholesterinämie als Krankheitsentität betrachtet und die heterozygote familiäre Form nicht selten ist. Der Hersteller hatte die erforderlichen Nachweise für die Nutzenbewertung nicht vollständig vorgelegt, weshalb der Zusatznutzen als nicht belegt gilt. Der Beschluss wurde bis zum 15.6.2015 befristet. Die Jahrestherapiekosten pro Patient betragen für Lomitapid 342.707 €-1.028.123 €, für LDL-Apherese 25.612 €-51.224,68 €.

Literatur

  1. https://www.g-ba.de/informationen/nutzenbewertung/80/Link zur Quelle
  2. AMB 2012, 46, 34 Link zur Quelleund 79a. Link zur Quelle
  3. Grob, J.J., et al.(BREAK-3): Ann. Oncol. 2014, 25, 1428. Link zur Quelle
  4. McArthur, G.A., et al.(BRIM-3): Lancet Oncol.2014, 15, 323. Link zur Quelle
  5. Yang, J.C., et al.(LUX-Lung 3): J.Clin. Oncol. 2013, 31, 3342. Link zur Quelle
  6. https://www.g-ba.de/informationen/nutzenbewertung/87/Link zur Quelle
  7. https://www.g-ba.de/informationen/nutzenbewertung/86/Link zur Quelle
  8. AMB 2014, 48, 65. Link zur Quelle
  9. AMB 2012, 46, 43a Link zur Quelle und 72a. Link zur Quelle
  10. https://www.g-ba.de/informationen/nutzenbewertung/91/Link zur Quelle
  11. https://www.g-ba.de/informationen/nutzenbewertung/92/Link zur Quelle