Türkische Autoren berichten in einem kürzlich erschienenen Leserbrief über ihre Erfahrungen in der Behandlung der refraktären ITP mit hochdosiertem Dexamethason (Demiroglu, H., und Dündar, S.: N. Engl. J. Med. 1997, 337, 425). Insgesamt wurden 10 Patienten mit Dexamethason (40 mg täglich an 4 aufeinanderfolgenden Tagen; Wiederholung alle 4 Wochen) behandelt. Bei allen Patienten waren zuvor eine Splenektomie und verschiedene medikamentöse Therapien durchgeführt worden. Die Mittelwerte der Thrombozyten lagen vor Beginn der Therapie mit Dexamethason bei 18/nl. Alle Patienten erhielten 6 Zyklen mit hochdosiertem Dexamethason, wobei ein signifikanter Anstieg der Thrombozyten bei keinem der Patienten beobachtet wurde. Der Mittelwert der Thrombozyten betrug 6 Monate nach Therapiebeginn 21/nl.
Ähnlich ungünstige Ergebnisse wurden bereits 1995 von französischen Autoren mitgeteilt (Caulier, M.T., et al.: Br. J. Haematol. 1995, 91, 477). In dieser Studie erhielten ebenfalls 10 Patienten mit refraktärer ITP nach multiplen Vorbehandlungen die obengenannte Therapie mit hochdosiertem Dexamethason. Von insgesamt 8 Patienten, die mit mindestens 3 Zyklen Dexamethason behandelt wurden, sprach nur ein Patient gut an (Normalisierung der Thrombozyten, anschließend Splenektomie), während bei 3 Patienten ein leichter Anstieg der Thrombozyten auf Werte zwischen 26 und 44/nl sowie ein Verschwinden der Blutungszeichen beobachtet wurde. Bei 3 Patienten zeigte sich kein Anstieg der Thrombozyten, und bei einem Patienten war der kurzfristige Anstieg der Thrombozyten vermutlich auf die parallel erfolgte Gabe hochdosierter intravenöser Immunglobuline zurückzuführen. Wegen schwerer Nebenwirkungen (arterielle Hypertonie und zerebraler Insult, Entwicklung eines Diabetes mellitus) mußte die Therapie mit Dexamethason bei 2 Patienten vorzeitig beendet werden. Die Auswertungen dieser beiden Studien stehen in deutlichem Widerspruch zu den Ergebnissen einer amerikanischen Studie von J.C. Andersen (vgl. AMB 1994, 28, 63), in der eine sehr gute Wirksamkeit der Pulstherapie mit hochdosiertem Dexamethason bei Patienten mit refraktärer ITP mitgeteilt wurde. Die Gründe für die diskrepanten Therapieergebnisse sind unklar. In einer Erwiderung auf den Leserbrief der türkischen Autoren hat J.C. Andersen (N. Engl. J. Med. 1997, 337, 426) die 1994 publizierten Therapieergebnisse aktualisiert und über weitere 25 Patienten berichtet, die mit hochdosiertem Dexamethason behandelt wurden. Bei 9 der ursprünglich behandelten 10 Patienten lagen die Thrombozytenwerte auch nach längerer Beobachtungsdauer bei Werten > 50/nl. Bei 12 von 17 in der Folgezeit behandelten Patienten mit resistenter ITP oder Lupus erythematodes-assoziierter Thrombozytopenie konnte eine komplette oder partielle klinische Remission erreicht werden, wobei die beiden Patienten mit Lupus-assoziierter Thrombozytopenie nicht ansprachen.
Fazit: Die Wirksamkeit von hochdosiertem Dexamethason bei refraktärer idiopathischer thrombozytopenischer Purpura ist umstritten und sollte in randomisierten, prospektiven klinischen Prüfungen untersucht werden. Die Auswertungen der vorgestellten Untersuchungen verdeutlichen wieder einmal, daß man Ergebnissen monozentrischer Studien mit Vorsicht begegnen muß.