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Vergleich von PTCA mit medikamentöser Behandlung bei stabiler Angina pectoris

Obwohl es sehr viele Publikationen über den Vergleich des Effekts der PTCA bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit (KHK) mit anderen Therapieformen gibt, sind nur wenige qualitativ befriedigende Studien zum Vergleich von PTCA mit medikamentöser Therapie bei stabiler Angina pectoris (AP) zu finden. H. C. Bucher et al. planten eine Metaanalyse zum Therapievergleich PTCA versus medikamentöse Therapie bei stabiler AP, konnten jedoch nur 6 Studien mit 953 Patienten finden, in denen dieser Vergleich methodisch einwandfrei durchgeführt wurde (1). Mehr als die Hälfte der in diese Metaanalyse eingeschlossenen Patienten entnahmen sie der Studie RITA-2 (2). Nur prospektiv randomisierte Studien mit einer Nachbeobachtungszeit zwischen 6 und 57 Monaten, die zwischen 1979 und 1999 publiziert worden waren, wurden berücksichtigt. Drei dieser Studien schlossen Patienten mit Mehrgefäß-KHK und präexistentem transmuralem Myokardinfarkt ein. Drei Studien waren beschränkt auf Patienten mit Eingefäß-Erkrankung ohne früheren Herzinfarkt. Die technischen Erfolgsraten der PTCA lagen zwischen 80% und 100%. Die Komplikationsraten der invasiven Therapie bewegten sich zwischen 0,01% und 2,8% im Hinblick auf die Auslösung eines akuten Myokardinfarkts und zwischen 1,5% und 2,8% im Hinblick auf das Notwendigwerden einer akuten Bypass-Operation. Im medikamentösen Arm der Studien wurden die Patienten mit Thrombozytenaggregationshemmern, Betablockern, Nitraten und Kalziumantagonisten behandelt; nur eine Studie schloß eine aggressive Cholesterinsenkung ein (3).

Das Relative Risiko (RR), weiterhin Symptome einer stabilen AP zu haben, war in der PTCA-Gruppe verglichen mit der Medikamenten-Gruppe 0,7 (Vertrauensintervall: 0,5-0,98; p < 0,001); das heißt, in dieser Hinsicht war die PTCA der medikamentösen Therapie überlegen. Das RR, einen tödlichen oder nicht tödlichen Myokardinfarkt zu erleiden, war in der PTCA-Gruppe mit 1,42 jedoch erhöht, ebenso das Risiko für einen notwendigen koronarchirurgischen Eingriff (RR = 1,59) und eine erneute PTCA (RR = 1,29). Die zuletzt genannten Risiken waren jedoch gegenüber der medikamentösen Gruppe nicht signifikant höher, da die statistische "Power" der Metaanalyse nicht ausreichte. In der Diskussion und in dem begleitenden Editorial von T. F. Lüscher aus Zürich (4) werden die Ergebnisse beurteilt: Die publizierte Literatur spricht dafür, daß Patienten mit ausgeprägter stabiler AP und selbstverständlich mit instabiler AP koronarangiographiert und ggf. koronardilatiert werden sollten. Bei Patienten mit milder stabiler AP und Herzinsuffizienz ist es jedoch ohne weiteres vertretbar, über längere Zeit nur medikamentös zu behandeln. Dies deckt sich mit den Empfehlungen der deutschen und US-amerikanischen Fachgesellschaften zur stabilen AP. Wird eine Koronarographie durchgeführt, ist das Vorhandensein einer Hauptstammstenose oder einer Dreigefäßerkrankung mit Herzinsuffizienz aus prognostischen Gründen eine Indikation zur Bypass-Operation und in ausgewählten Fällen auch zur PTCA. Da die Prognose bei KHK aber nicht nur vom Ausmaß bereits bestehender Stenosen, sondern auch von anderen, zunächst eher unscheinbaren koronar-sklerotischen Läsionen abhängt, die jedoch nach Ruptur einen Herzinfarkt auslösen können, ist es unwahrscheinlich, daß die PTCA per se die Prognose der KHK deutlich verbessern kann. Fazit: Bei Patienten mit leichter bis mäßiggradiger stabiler Angina pectoris ohne höhergradige Hauptstammstenosen der Koronararterien, deren Beschwerden sich durch Medikamente allein befriedigend behandeln lassen, ist es gerechtfertigt, auf eine PTCA zu verzichten, sofern sich die Symptome nicht verschlimmern.

Literatur

1. Bucher, H.C., et al.: Brit. Med. J. 2000, 321, 73.
2. RITA-2 (Randomized Intervention Treatment of Angina): Lancet 1997, 350, 461.
3. Pitt, B., et al. (AVERT-Studie; Atorvastatin VErsus Revascularisation Treatment): N. Engl. J. Med.1999, 341, 70; s. a. AMB 1999, 33, 69.
4. Lüscher, T.F.: Brit. Med. J. 2000, 321, 62.