Mit Bezug auf unseren Artikel (AMB 2000,
wurde einer unserer Herausgeber zu einer Stellungnahme in der Sendung Report zu der Frage gebeten, ob PTCA oder Thrombolyse auch zwölf Stunden nach einem akuten Infarkt noch eingesetzt werden müssen, weil sie möglicherweise noch hilfreich sind. In unserem Artikel waren wir auf diese Frage nicht eingegangen. Weder Studienergebnisse noch die Leitlinien der Fachgesellschaften legen ein solches Vorgehen nahe. In der Sendung wurden nun Erfahrungen aus München und Ludwigshafen mit einer solch späten Intervention an Einzelfällen dargestellt, die aber weder veröffentlicht noch in der Lage sind, die Vorstellungen vom zeitlichen Ablauf ischämisch bedingter Myokardnekrosen zu erschüttern. Wenn zwölf Stunden nach akutem Myokardinfarkt noch angiographiert oder interveniert wird, dann geschieht dies wegen anhaltender Schmerzen bei instabilem Ischämie-Syndrom und zur Klärung der individuellen Prognose.
Die Sendung wollte – für den informierten Arzt leicht erkennbar – effekthascherisch eine schlechte Nachricht bringen. In unkritischer Weise wollte sie einen Keil treiben zwischen die „guten“ Kardiologen, die jederzeit (d.h. auch noch sehr spät) die Koronararterien zu rekanalisieren versuchen und die „bösen“, die diese Möglichkeit angeblich noch nicht kennen und nutzen und dadurch Tausende Patienten gefährden. Auch die Marketing-Absicht der Sendung war sehr deutlich zu erkennen: alle Patienten mit akuten Myokardinfarkten sollen in den großen Zentren behandelt werden. Wenn es den Autoren um Information und Gesundheit der Zuschauer gegangen wäre, hätten sie – auch für Laien verständlich – klar sagen müssen, daß der Herzinfarkt in den ersten Stunden am gefährlichsten ist, daß die Ärzte in den ersten Stunden auch am erfolgreichsten helfen können, daß die akuten Symptome von den Patienten häufig nicht als Myokardinfarkt und damit nicht als Lebensgefahr erkannt werden (können) und daß die Notarztwagen bei diesen Symptomen viel zu selten und oft zu spät alarmiert werden. Bei etwa der Hälfte der Patienten tritt der Tod nämlich vor dem Erreichen des Krankenhauses ein. In der akuten Phase ist daher viel zu gewinnen; nach zwölf Stunden ist im Hinblick auf die entstandene Myokardnekrose alles entschieden.