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Verzögert Folsäure die Restenosierung nach PTCA?

Ein erhöhter Homocysteinspiegel ist ein eigenständiger Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen. Die Serumkonzentration von Homocystein ist leicht zu messen, und die Behandlung einer Hyperhomocysteinämie mit Folsäure (Empfehlung: 1mg/d) in Form von freiverkäuflichen Multivitaminpräparaten ist denkbar einfach und billig.

Kardiologen aus der Universitätsklinik in Bern haben mit Hilfe öffentlicher Gelder untersucht, ob sich durch die generelle Gabe eines Multivitaminpräparats, das ausreichend Folsäure enthält, die Häufigkeit von Restenosen nach koronarer Ballonangioplastie (PTCA) senken läßt (Schnyder, G., et al.: N. Engl. J. Med. 2001, 345, 1593).

Dazu wurden in einer monozentrischen Studie 205 Patienten prospektiv und doppeltblind mit einem Multivitaminpräparat (1 mg Folsäure, 400 µg Vitamin B12, 10 mg Pyridoxin = Vitamin B6) oder mit Plazebo behandelt, unabhängig von ihrem Ausgangs-Homocysteinspiegel. 177 Patienten (86%) beendeten das komplette Studienprotokoll, das eine sechsmonatige Nachbeobachtung und eine Re-Koronarographie beinhaltete. 6 Monate sind ein kritischer Zeitraum für die Bildung einer Restenose.

Die demographischen, klinischen und katheterinterventionellen Daten waren in beiden Studiengruppen gleich. Der durchschnittliche Homocysteinspiegel betrug bei Studienbeginn 11 µmol/l. Im weiteren Verlauf sank dieser Wert in der Vitamin-Gruppe auf 7,2 µmol/l und in der Plazebo-Gruppe auf 9,5 µmol/l. Ein Homocysteinspiegel unter 9 µmol/l wird von den Autoren als günstig angesehen.

Die quantitative Auswertung der Kontrollangiographien nach etwa 6 Monaten zeigte bei 19,6% in der Vitamin-Gruppe und bei 37,6% in der Kontroll-Gruppe eine erneute Koronarstenose. Diese war angiographisch – nicht klinisch – definiert, als eine erneute Lumeneinengung um mindestens 50%. Die Autoren sehen sogar eine Abhängigkeit der Wahrscheinlichkeit für eine Restenose vom Ausmaß der Homocysteinsenkung. Bei den klinischen Endpunkten gab es kaum signifikante Unterschiede zwischen beiden Gruppen, weder hinsichtlich der Häufigkeit von Todesfällen (1% bzw. 2%) noch von Myokardinfarkten (5% bzw. 7,4%). Einzig die Häufigkeit einer erneuten Katheterintervention war unterschiedlich. Diese Re-PTCA wurde in der Vitamin-Gruppe bei 11/100 und in der Plazebo-Gruppe bei 22/100 Patienten notwendig, wobei keine Angaben gemacht werden, wie viele dieser Restenosen Symptome verursachten. Bedeutsame unerwünschte Wirkungen der Studienmedikation wurden nicht beobachtet.

Diese Ergebnisse müssen unbedingt in einer größeren Studie mit deutlich mehr Patienten und mit einer längeren Nachbeobachtungsperiode überprüft werden. Auf eine solche wichtige Studie wird man aber vermutlich lange warten müssen, da sich für eine Therapie, mit der kein Geld zu verdienen ist, nur schwer ein Sponsor finden wird.

Fazit: Die regelmäßige Einnahme von ausreichend Folsäure enthaltenden Multivitaminpräparaten zur Senkung des Homocysteinspiegels scheint die Häufigkeit von Restenosierungen nach koronarer Ballonangioplastie günstig zu beeinflussen. Da diese Therapie nicht teuer ist, kaum schadet und den Patienten aktiv an der Sekundärprophylaxe beteiligt (er muß das Präparat aus eigener Tasche bezahlen), sollten die behandelnden Ärzte dazu raten, wenn sich diese Ergebnisse in größeren Studien bestätigt haben.