Bei älteren Patienten steigt mit zunehmender Krankheitslast auch die Zahl der Arzneimittel, die sie einnehmen. Damit einher geht ein erhöhtes Risiko für Wechselwirkungen, Medikationsfehler und Nebenwirkungen, die bei älteren Menschen vermehrt auftreten (vgl. 1). Die Beers-Liste ist eine Auflistung von Arzneimitteln, die bei älteren Patienten (≥ 65 Jahre) potenziell ungeeignet sind, meist aufgrund der Nebenwirkungen (vgl. 2). Die erste Liste wurde 1991 von einer Gruppe um Mark Beers erstellt; seit 2012 wird sie unter der Schirmherrschaft der „American Geriatrics Society“ alle 3 Jahre überarbeitet. Für die Aktualisierung im Januar 2019 prüfte ein Expertenpanel die seit 2015 publizierte Evidenz, deren Qualität nach GRADE bewertet wurde (3). Das Panel bestand aus Ärzten, Pharmazeuten und Pflegenden. Die Liste führt 30 Arzneimittel oder Arzneimittelklassen auf, die bei älteren Menschen nicht eingesetzt werden sollten, sowie 40 weitere, die nur mit Vorsicht angewendet oder bei bestimmten Krankheiten vermieden werden sollten. In der Liste werden die Begründung für die Empfehlung, die Qualität der Evidenz und die Empfehlungsstärke aufgeführt. Zu den wichtigen Empfehlungen der Beers-Liste gehören:
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Anticholinergika wie Diphenhydramin, Dimenhydrinat und Promethazin sollten vermieden werden wegen einer im höheren Lebensalter verminderten Clearance. Es ist mit häufigerem Auftreten von Verwirrtheit, Obstipation und Mundtrockenheit zu rechnen. Auch ist die Toleranzentwicklung bei Anwendung als Schlafmittel zu beachten.
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Dabigatran und Rivaroxaban zur Behandlung einer venösen Thromboembolie oder Vorhofflimmern sollten bei Patienten ≥ 75 Jahre nur mit Vorsicht eingesetzt werden wegen des im Vergleich zu anderen direkten oralen Antikoagulanzien und dem Vitamin-K-Antagonisten Warfarin erhöhten Risikos für gastrointestinale Blutungen.
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Die gleichzeitige Anwendung von Opioiden und Benzodiazepinen oder Gabapentin/Pregabalin sollte vermieden werden, da das Risiko einer Überdosierung und schwerer sedierungsbedingter Nebenwirkungen wie Atemdepression und Tod steigt.
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Bei verringerter Kreatinin-Clearance und gleichzeitiger Anwendung von Trimethoprim-Sulfamethoxazol (Co-trimoxazol) und einem Angiotensin-Converting-Enzym-Hemmer oder Angiotensin-II-Rezeptor-Blocker ist zu beachten, dass sich das Risiko für eine Hyperkaliämie erhöht.
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Serotonin-Norepinephrin-Wiederaufnahme-Hemmer sollten Patienten mit Stürzen oder Frakturen in der Vorgeschichte nicht verordnet werden.
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Langwirkende Sulfonylharnstoffe wie Glimepirid sollten wegen des Risikos einer prolongierten Hypoglykämie nicht eingesetzt werden.
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Vermieden werden sollte eine Insulintherapie ausschließlich mit einem kurzwirkenden Insulin, das nach dem aktuellen Blutzuckerspiegel dosiert wird, ohne ein Basal- oder Langzeitinsulin, da sich ein höheres Risiko für eine Hypoglykämie ergibt ohne Anhalt für einen Nutzen.
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Nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAID) sollten nicht langfristig eingesetzt werden wegen des erhöhten Risikos für gastrointestinale Blutungen bei Patienten > 75 Jahre oder bei Anwendung von Glukokortikosteroiden, Antikoagulanzien und Thrombozytenfunktionshemmern. Durch gleichzeitige Einnahme von Protonenpumpen-Hemmer kann das Risiko zwar vermindert werden, eliminiert wird es aber nicht. NSAID können außerdem den Blutdruck steigern sowie die Nierenfunktion einschränken.
Die Beers-Liste wurde für die USA entwickelt und ist nicht in allen Ländern gleichermaßen anwendbar. Für Deutschland wurden potenziell ungeeignete Wirkstoffe in der PRISCUS-Liste zusammengestellt, die im Jahr 2011 veröffentlicht wurde (vgl. 4). Listen mit potenziell ungeeigneten Wirkstoffen wurden und werden kritisiert, weil problematische Wirkstoffe bei bestimmten Patienten unter bestimmten Umständen durchaus geeignet sein können. Darauf verweist ein Editorial zur Beers-Liste 2019 (5).
Unterstützung zur Optimierung der Arzneimitteltherapie bei älteren Patienten findet sich auch in den Leitlinien zur Multimorbidität und zur Multimedikation (6, 7) sowie in den praxisnahen, aktuellen Empfehlungen „Stopping Medicines in Older People“ aus Neuseeland (8).
Fazit: Die neu erschienene Beers-Liste mit potenziell ungeeigneten Arzneimitteln bei älteren Patienten kann Ärzte bei der Verschreibung von Arzneimitteln unterstützen, denn sie warnt vor möglichen arzneimittelbedingten Problemen.
Literatur
- AMB 2018, 52, 23. Link zur Quelle AMB 2014, 48, 80DB01. Link zur Quelle
- AMB 2005, 39, 44. Link zur Quelle
- 2019 American Geriatrics Society Beers Criteria® Update Expert Panel: J. Am. Geriatr. Soc 2019, Jan. 29. Link zur Quelle
- AMB 2012, 46, 25. Link zur Quelle
- Steinman, M.A., und Fick, D.M.: J. Am. Geriatr. Soc. 2019, Jan. Link zur Quelle
- https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/053-047.html Link zur Quelle
- https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/053-043.html Link zur Quelle
- https://bpac.org.nz/2018/stopping.aspx Link zur Quelle