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Clopidogrel kombiniert mit ASS bei transitorischer ischämischer Attacke (TIA) oder leichtem Schlaganfall

Zusammenfassung: Die duale Plättchenhemmung mit ASS plus Clopidogrel war bei Risikopatienten mit TIA oder mit Schlaganfall und geringen Symptomen in einer großen und sorgfältig organisierten chinesischen Studie der Monotherapie mit ASS überlegen. Es ist allerdings verfrüht, daraus schon jetzt praktische Konsequenzen zu ziehen, denn die Ergebnisse weiterer, bereits laufender Studien sollten abgewartet werden.

Zehn bis zwanzig Prozent der Patienten mit TIA oder leichtem Schlaganfall erleben in den ersten Wochen danach ein schwerwiegendes Rezidiv (1). Daher ist die sekundäre Prophylaxe mit ASS nach solchen Erstereignissen zwingend (2). Die Kombination von ASS und Clopidogrel ist zwar beim Akuten Koronarsyndrom wirksam (3), nicht aber nach komplettem Schlaganfall (4, 5). Möglicherweise ist das bei vorübergehend instabilen zerebralen Durchblutungsverhältnissen aber anders, z.B. bei TIA oder kleineren Schlaganfällen. Das wurde in den bisherigen Studien nicht ausreichend geprüft.

Im N. Engl. J. Med. erschien jetzt eine multizentrische doppeltblinde plazebokontrollierte Studie aus China, in die 5170 Patienten während der ersten 24 Stunden nach TIA oder leichtem Schlaganfall eingeschlossen wurden. Sie erhielten prophylaktisch entweder ASS allein oder in den ersten drei Wochen eine Kombination von ASS plus Clopidogrel und danach Clopidogrel allein (6). Die Patienten mit TIA mussten für den Einschluss in die Studie ein hohes Rezidivrisiko haben, eingeschätzt nach Alter, Hypertonie, klinischem Bild, Diabetes und Dauer der Symptomatik (≥ 4Punkte auf der ABCD-Skala von 0-7; 7). Ein leichter Schlaganfall war definiert durch anhaltende neurologische Symptomatik ohne Hilfsbedürftigkeit, d.h. ≤ 3 Punkte auf der National Institute of Health Stroke Scale = NIHSS von 0-42 (8; vgl. auch Rankin-Score: 9). Die untersuchten Gruppen waren hinsichtlich Alter, Blutdruck und Symptomatik gleich. Endpunkt war ein erneuter ischämischer oder hämorrhagischer Schlaganfall innerhalb der 90-tägigen Nachbeobachtung sowie die Häufigkeit von Blutungen.

Ergebnisse (s. Tab. 1): Während der Beobachtungszeit erlitten in der ASS-Gruppe 11,7% der Patienten einen Schlaganfall und 8,2% in der Gruppe mit der Kombinationstherapie. Schwere Blutungen waren in beiden Gruppen sehr selten, jeweils vier Patienten waren betroffen. Moderate und leichte Blutungen kamen bei der Kombinationstherapie etwas häufiger vor. 91 Patienten wurde in dieser Studie ein Schlaganfall erspart. Die Differenz ist statistisch signifikant. Die Number Needed to Treat (NNT) beträgt 29.

Diskussion: Die Ergebnisse dieser chinesischen Studie sind überzeugend, signifikant und relevant. Die Kombinationstherapie führte zu deutlich besseren Ergebnissen als die Prävention mit ASS allein. Der Vorteil ist in allen Untergruppen zu sehen und weckt Hoffnungen. Aber es ist zu bedenken, dass nur besonders risikoreiche Patienten und diese sehr rasch nach Beginn der Symptomatik untersucht und behandelt worden sind. Zudem sind in China die allgemeinen Lebensbedingungen, die Therapie von Hypertonie, Diabetes, Hypercholesterinämie und möglicherweise sogar der genetische Polymorphismus, der den Clopidogrel-Stoffwechsel beeinflussen kann, völlig anders. G.J. Hankey von der Universität Perth in Australien hat das Editorial im selben Heft des N. Engl. J. Med. geschrieben (10). Er ist von den Ergebnissen der chinesischen Studie offenbar sehr beeindruckt. Es hätte nach seiner Meinung erhebliche Konsequenzen, wenn sie weltweit in die Praxis umgesetzt werden könnten. Deshalb empfiehlt er, so rasch wie möglich die beiden noch nicht abgeschlossenen Studien zur kombinierten Plättchenhemmung (11, 12) bei nicht-chinesischen Patienten zu komplettieren und gegebenenfalls noch andere Plättchenhemmer zu untersuchen.

Literatur

  1. Kleindorfer, D., et al.:Stroke 2005, 36, 720. Link zur Quelle
  2. AMB 2008, 42,93. Link zur Quelle
  3. https://www.iqwig.de/ download/A04-01B_AB_Clopidogrel_plus_ASS_bei_akutem_Koronarsyndrom.pdf Link zur Quelle
  4. Diener, H.C., et al. (MATCH = Management of ATherothrombosiswith Clopidogrel in High risk patients): Lancet2004, 364, 331. Link zur Quelle
  5. AWMF Leitlinie: Link zur Quelle
  6. Wang, Y., etal. (CHANCE = Clopidogrel in High-risk patients with AcuteNondisabling Cerebrovascular Events): N. Engl. J. Med.2013, 369, 11. Link zur Quelle
  7. Rothwell,P.M., et al.: Lancet 2005, 366, 29.
  8. http://www.allgemeinarzt-online.de/… Link zur Quelle
  9. Anderson, C.S.,et al. (INTERACT2 = INTEnsive blood pressure Reduction in AcuteCerebral haemorrhage Trial2): N. Engl. J. Med. 2013,368, 2355. Link zur Quelle AMB 2013, 47,50. Link zur Quelle
  10. Hankey, G.J.: N. Engl.J. Med. 2013, 369, 82. Link zur Quelle
  11. POINT = Platelet-OrientedInhibition in New TIA and minor ischemic stroke: Link zur Quelle
  12. TARDIS = Triple Antiplateletsfor Reducing Dependency after Ischaemic Stroke: Link zur Quelle

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