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Beendigung der Antikoagulation nach Thromboembolie: Männer haben häufiger Rezidive als Frauen

Das ist das Ergebnis einer Metaanalyse von S. McRae et al. aus Australien und Kanada (1). Die Autoren analysierten neun publizierte randomisierte kontrollierte Studien (RKS) und sechs prospektive Beobachtungsstudien guter Qualität, die das Ziel hatten, die Rezidivrate von Thromboembolien (TE) bei Patienten, die wegen einer vorangegangenen TE ein bis sechs Monate lang mit Vitamin-K-Antagonisten antikoaguliert worden waren, zu ermitteln. Die RKS umfassten insgesamt 1650 Männer und 1428 Frauen, die Beobachtungsstudien 1079 Männer und 1259 Frauen. In den RKS waren die Rezidivraten von TE nach unterschiedlicher Dauer der Antikoagulation miteinander verglichen worden. Nur Studien, in die sowohl Männer als auch Frauen eingeschlossen worden waren und solche mit objektiv gesicherten Thrombosen und Embolien (Ultraschall, Angiografie, Spiral-CT) wurden berücksichtigt.

In der Gruppe der RKS war in den beiden Studien mit den größten Patientenzahlen das Risiko eines TE-Rezidivs bei Männern im Vergleich zu Frauen mit einem Relativen Risiko (RR) von 1,51 bzw. 2,43 per se signifikant erhöht. In den sieben anderen Studien war es nicht signifikant erhöht, aber fünfmal hatten Männer tendenziell ein erhöhtes Risiko, zweimal Frauen. In allen RKS zusammen war das RR mit 1,34 (Konfidenzintervall = CI: 1,00-1,80) grenzwertig signifikant erhöht für Männer im Vergleich mit Frauen.

In zwei umfangreichen prospektiven Beobachtungsstudien war das Rezidivrisiko bei Männern mit einem RR von 3,21 bzw. 2,50 signifikant erhöht, in den anderen vier Studien ebenfalls tendenziell. In allen Studien zusammen war das RR mit 2,08 (CI: 1,47-2,93) signifikant erhöht.

In den RKS und Beobachtungsstudien zusammen war das RR bei Männern mit 1,6 (CI: 1,2-2,0) signifikant im Vergleich mit Frauen erhöht. Wurden TE nach Risikoereignissen (z.B. Operationen) und solche ohne provozierende Faktoren getrennt untersucht, dann ergab sich für beide Untergruppen das gleiche erhöhte Rezidivrisiko bei Männern. Auch die Aufteilung der TE nach Untergruppen (Oberschenkel, Unterschenkel etc.) sowie die Nichtberücksichtigung von Frauen, bei denen Östrogenanwendung der Risikofaktor gewesen war, erbrachte keine plausible Erklärung für das erhöhte TE-Rezidivrisiko bei Männern.

In einem Kommentar von V. Pengo und P. Prandoni aus Padua (2) wird diesen Befunden das Ergebnis einer im Jahr 2005 publizierten Zehn-Jahres-Register-Studie dieser Autoren an 859 Patienten mit idiopathischer TE entgegengehalten. Hier war das Rezidivrisiko bei Männern mit einem RR von 1,21 (CI: 0,95-1,55) nur unwesentlich und nicht signifikant höher als bei Frauen. Innerhalb von zehn Jahren hatten ca. 50% der Frauen und 55% der Männer ein TE-Rezidiv.

Zumindest tendenziell scheint aber das TE-Rezidivrisiko bei Männern nach Beendigung der oralen Antikoagulation höher zu sein als bei Frauen. Die Dauer der Antikoagulation sollte ohnehin nicht schematisch bestimmt, sondern individualisiert werden. Nach einer TE mit einmaligem provozierendem Ereignis, wie z.B. einem chirurgischen Eingriff, ist das Rezidivrisiko geringer als bei einer unklaren TE-Ursache. Patienten mit proximalen Beinvenen-Thrombosen haben ein höheres Rezidivrisiko als solche mit distalen. Verbliebene Füllungsdefekte der Venen oder persistent leicht erhöhte Konzentrationen der D-Dimere im Plasma oder die Entwicklung eines postthrombotischen Syndroms haben ebenfalls häufiger Rezidive zur Folge. Solche Patienten sollten länger antikoaguliert und nachbehandelt werden.

Fazit: Eine Metaanalyse von neun randomisierten, kontrollierten und sechs prospektiven Beobachtungs-Studien scheint dafür zu sprechen, dass bei Männern mit tiefer Beinvenenthrombose mit oder ohne Lungenembolie das Rezidivrisiko nach beendeter oraler Antikoagulation höher ist als bei Frauen. Die Ergebnisse der berücksichtigten Studien waren allerdings heterogen. Durch Subgruppen-Analysen (erkennbare versus nicht erkennbare transiente TE-Ursache, proximale versus distale Beinvenenthrombose etc.) konnte der Geschlechtsunterschied nicht erklärt werden. Die individualisierte Nachbehandlung von venösen Thrombosen/Embolien muss bei Männern mindestens ebenso sorgfältig wie bei Frauen erfolgen.

Literatur

  1. McRae, S., et al.: Lancet 2006, 368, 371. Link zur Quelle
  2. Pengo, V., und Prandoni, P.: Lancet, 2006, 368, 342. Link zur Quelle