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Höhere Inzidenz von Vorhofflimmern unter NSAID?

Nicht-steroidale Antiphlogistika (NSAID) haben nicht nur gastrointestinale, sondern auch kardiovaskuläre Risiken (1, 2). Eine große Metaanalyse hatte eine erhöhte Inzidenz kardiovaskulärer Ereignisse (Myokardinfarkt, vaskulärer Tod, kardiale Dekompensation) – nicht aber von Schlaganfällen – sowohl unter Coxiben als auch unter anderen NSAID bei Patienten mit geringem kardiovaskulärem Risiko gezeigt (3).

Eine bevölkerungsbasierte Studie aus Holland hat nun den Zusammenhang von NSAID-Einnahme und dem Neuauftreten von Vorhofflimmern (VHF) untersucht (4). Eingeschlossen waren 8423 Teilnehmer der Rotterdam-Studie, einer prospektiven Kohortenstudie zu Risikofaktoren bei älteren Patienten im Ommoord-Distrikt, Rotterdam, Holland. Die Personen hatten im Ausgangs-Ruhe-EKG Sinusrhythmus (SR), das mittlere Alter lag bei 68,5 Jahren, 58,6% waren Frauen. Neu aufgetretenes VHF wurde auf drei Arten erfasst: 1. Routine-Ruhe-EKG bei Nachfolgeuntersuchungen im Rahmen der Studie, 2. hausärztliche Dokumentation (diese umfasst in Holland sowohl eigene als auch ambulante und stationäre Krankenhaus-Diagnosen) sowie 3. das nationale Register aller Entlassungsdiagnosen. Daten zur Einnahme von NSAID wurden standardisiert aus den bei kooperierenden Apotheken eingelösten Verschreibungen bezogen. Insgesamt wurden sieben Gruppen gebildet: „Never Use“, „Current Use“ über eine Dauer von ≤ 14, 15-30 oder > 30 Tage sowie „Past Use“ innerhalb der letzten ≤ 30, 31-180 oder > 180 Tage.

Während der Nachbeobachtung von 12,9 Jahren wurde bei 857 Patienten die Erstdiagnose VHF gestellt. Davon waren zum Zeitpunkt der Diagnose 42 Current User, 554 Past User und 261 Never User. NSAID-Einnahme innerhalb der 30 Tage zuvor sowie die aktuelle NSAID-Einnahme über eine Dauer von 15-30 Tage waren signifikant mit neu aufgetretenem VHF assoziiert. Die Resultate waren adjustiert nach Alter, Geschlecht, kardiovaskuläre Risikofaktoren (Blutdruck, BMI, Gesamt-Cholesterin, HDL, Raucherstatus). Eine Korrektur für linksventrikuläre und linksatriale Dimensionen änderte an den Resultaten nichts.

Für den Befund, dass die arrhythmogene Wirkung nur in der ersten Zeit nach Einnahme von NSAID zu bestehen scheint, bieten die Autoren zwei mögliche Erklärungen: Möglicherweise ist es ein Scheineffekt, da die Patienten mit VHF das NSAID wieder absetzen („depletion of susceptibles“) oder es sind tatsächlich nur die akuten Auswirkungen der NSAID, die zu VHF führen. Der kausale Zusammenhang lässt sich wie bei allen bevölkerungbasierten Untersuchungen nur vermuten. NSAID können bekanntermaßen u.a. zu folgenden Veränderungen führen: Flüssigkeitsretention, erhöhtem peripher-arteriellem Widerstand, erhöhten Blutdruckwerten, verminderter Kaliumausscheidung sowie enddiastolischer und endsystolischer linksventrikulärer Dilatation. Andererseits könnte auch eine direkte Assoziation mit der zugrundeliegenden inflammatorischen und/oder Schmerzerkrankung bestehen. Die Aussagen der Studie sind eingeschränkt wegen der verhältnismäßig kleinen Patientenzahl (deshalb sind auch Unterscheidungen nach NSAID-Klassen oder -Dosierungen nicht möglich) und auch dadurch, dass nicht nach NSAID-Indikationen differenziert und der Konsum rezeptfrei erhältlicher NSAID nicht erfasst wurde.

Fazit: NSAID sind möglicherweise – unabhängig von klassischen kardiovaskulären Risikofaktoren – mit erhöhter Inzidenz von Vorhofflimmern assoziiert – wie eine Reihe anderer Arzneimittel auch (5). Wenn auch dieser Befund nicht sicher ist, sollten Patienten – selbst mit geringem kardiovaskulärem Risiko – NSAID einschließlich der Coxibe nur bei gegebener Indikation, in adäquater Dosis und möglichst nur bedarfsweise oder kurzzeitig einnehmen.

Literatur

  1. AMB 2013, 47,67. Link zur Quelle
  2. AMB 2013, 47,46a. Link zur Quelle
  3. Coxib andtraditional NSAID Trialists’ (CNT) Collaboration: Lancet 2013, 382, 769.Link zur Quelle
  4. Krijthe, B.P.,et al.: BMJ Open 2014, 4, e004059. http://bmjopen.bmj.com/content/4/4/e004059.full.pdf+html)
  5. AMB 2005, 39,78b. Link zur Quelle