Zusammenfassung: Paracetamol und Ibuprofen sind Analgetika/Antipyretika bzw. Antiphlogistika der ersten Wahl in der Schwangerschaft. Paracetamol darf in allen Phasen und Ibuprofen bis zur 30. Schwangerschaftswoche gegeben werden. Reservemittel sind Diclofenac, Codein in Kombination mit Paracetamol oder erprobte Opioide wie Tramadol. Pethidin hat sich in der Geburtsphase bewährt. Es ist nicht auszuschließen, daß Prostaglandinantagonisten durch Hemmung der Ovulation die Fertilität mindern und, in der Frühschwangerschaft (regelmäßig) eingenommen, das Abortrisiko leicht erhöhen. Eine Therapie mit Prostaglandinantagonisten nach der 30. Schwangerschaftswoche erfordert dopplersonographische Kontrollen des fetalen Ductus arteriosus. Keines der in der Schmerz- und Rheumatherapie verwendeten Mittel rechtfertigt nach (versehentlicher) Anwendung im 1. Trimenon den Abbruch einer intakten und gewünschten Schwangerschaft. Dies gilt selbst für die streng kontraindizierten Wirkstoffe Leflunomid und Methotrexat. Letzteres hat in der niedrigen antirheumatischen Dosis offenbar nur ein geringes, wenn überhaupt nachweisbares teratogenes Risiko. Zusätzliche Vorsorgeuntersuchungen wie ein hochauflösender Ultraschall – vaginal zwischen Schwangerschaftswoche (SSW) 11 und 13 oder abdominal um Woche 20 – sollten aber nach (versehentlicher) Exposition mit Leflunomid oder Methotrexat die normale fetale Entwicklung bestätigen. Für die Schmerztherapie gilt wie für jede andere Arzneibehandlung, daß Frauen im reproduktionsfähigen Alter primär nur mit lange eingeführten bzw. gut erprobten Arzneimitteln behandelt werden dürfen (31). Neue Produkte sind strikt zu meiden, solange deren Vorzüge und Unbedenklichkeit nicht unzweifelhaft erwiesen sind.
Paracetamol: Die ursprünglich in Fallberichten diskutierten Assoziationen von Paracetamol (> 60 Präparate auf dem deutschen Markt) mit Fehlbildungen ließen sich in mehreren epidemiologischen Untersuchungen nicht bestätigen. Ein teratogenes Risiko ist offenbar nicht gegeben (34). Das gilt auch für Suizidversuche mit einer Paracetamol-Überdosis, wie eine Untersuchung an 300 Schwangeren ergab (19). Nur wenn die auch bei Schwangeren indizierte Antidotbehandlung mit Acetylcystein (> 30 Präparate auf dem deutschen Markt) unterbleibt oder wirkungslos ist, so daß es zur Leberschädigung bei der Mutter kommt, ist auch beim Feten mit einer Leberschädigung zu rechnen (36). Experimentelle Untersuchungen – auch an peripheren Lymphozyten des Menschen – erbrachten Hinweise auf Genotoxizität von Paracetamol (9). Eine klinische Relevanz ist jedoch nicht erkennbar.
Azetylsalizylsäure (ASS): Salizylate können bei einigen Tierspezies in hoher Dosis Fehlbildungen erzeugen. Einige Untersucher meinen, anhand der Ergebnisse z.T. sehr kleiner Fall-Kontroll-Studien auch beim Menschen teratogene Effekte zu entdecken, beispielsweise ein erhöhtes Gastroschisis-Risiko als Disruptionsfolge im Bereich der embryonalen Arteria omphalomesenterica (z.B. 18, 35). In anderen epidemiologischen Studien wurden entwicklungstoxische Effekte nicht beschrieben. Wenn überhaupt vorhanden, ist ein teratogenes Risiko dieses weit verbreiteten und alten Mittels minimal. Auch die frühkindliche Intelligenzentwicklung bis zum Alter von 4 Jahren war in einer Untersuchung an über 19000 Schwangeren, die im ersten oder zweiten Trimenon ASS erhalten hatten, nicht beeinträchtigt (13).
Suizidversuche mit einer Überdosis und toxischen Serumwerten bei der Mutter sind jedoch ein Risiko für den Feten, weil bei höheren Konzentrationen im fetalen Kreislauf bei ohnehin niedrigerem arteriellem pH-Wert die durch Salizylsäure verursachte metabolische Azidose schwerer verläuft als bei der Mutter. Dies kann zum Fruchttod führen, wenn die Mutter nicht rasch behandelt bzw. wenn das Kind bei fortgeschrittener Schwangerschaft nicht vorzeitig geboren wird (z.B. 26).
Die ”Low-dose”-Behandlung zur Prävention des Schwangerschaftshochdrucks und seiner Folgen, wie z.B. der intrauterinen Wachstumsverzögerung ist u.a. von der Collaborative Low-dose Aspirin Study in Pregnancy (5) an insgesamt 9000 Frauen untersucht worden. Im Gegensatz zu früheren Ansichten sind eindeutige Vorteile nur bei Schwangeren mit vor der 20. SSW beginnender Präeklampsie und mit pathologischer Vorgeschichte zu erwarten. In dieser Gruppe entwickelten sich sowohl der mütterliche Blutdruck als auch das kindliche Wachstum günstiger, und zwar ab einer täglichen Dosis von 80 mg und bei einem frühzeitigen Therapiebeginn vor der 16. SSW (z.B. 8).
Da Prostaglandinsynthese-Hemmstoffe die Kontraktilität des Uterus vermindern, können Salizylate die Dauer der Schwangerschaft und den Geburtsvorgang durch Herabsetzen der Wehentätigkeit verlängern. Früher hat man deshalb Salizylate zur Tokolyse benutzt. Unter der Geburt wurde außerdem ein stärkerer mütterlicher Blutverlust nach Salizylateinnahme beobachtet.
Durch Hemmung der Prostaglandinsynthese kann ab der 30. SSW auch ASS dosisabhängig (nicht bei ”Low-dose”-Therapie!) zu einem verfrühten Schluß des fetalen Ductus arteriosus Botalli führen.
Bei Frühgeborenen wurden vermehrt intrakranielle Blutungen beschrieben, wenn die Mutter innerhalb der letzten Schwangerschaftswoche ASS in analgetischer oder antiphlogistischer Dosis eingenommen hatte. Bei gesunden, reifen Neugeborenen wurden dagegen Hirnblutungen nicht häufiger beobachtet.
Eine neuere Untersuchung mit einigen wenigen exponierten Schwangeren fand eine leicht erhöhte Abortrate, wenn ASS um die Konzeption herum genommen wurde (16). Auch wenn die Rolle der Prostaglandine bei der Implantation und bei der Plazentaperfusion diesen Effekt erklären könnte, wurde die klinische Relevanz durch andere aussagefähige Studien bisher noch nicht belegt.
Prostaglandinantagonisten, wie auch ASS, können offenbar die Fertilität bei der Frau herabsetzen, indem nach normaler Follikelreifung kein Eisprung zustande kommt. Dieser nach längerer antiinflammatorischer Therapie verschiedener COX-1- und COX-2-Hemmer (27) beobachtete Effekt ist nicht nach Low-dose-ASS zu erwarten; eine solche Medikation scheint im Gegenteil die Implantations- bzw. Schwangerschaftsrate nach In-vito-Fertilisation zu verbessern (10).
Klassische nichtsteroidale Säureantiphlogistika/Antirheumatika (NSAID): Substantielle Hinweise auf ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko beim Menschen durch NSAID wie Ibuprofen, Diclofenac etc. liegen nicht vor, obwohl in einzelnen Publikationen u.a. Gastoschisis und Herzfehlbildungen, z.B. in Assoziation mit Ibuprofen, erörtert wurden (35).
Ibuprofen und Indometacin sind die am besten untersuchten NSAID. Indometacin wurde auch zur Behandlung des Polyhydramnion und bei vorzeitigen Wehen angewendet. Je reifer der Fetus, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, daß sich sein Ductus arteriosus unter der antiphlogistischen Therapie schließt. Zwischen 30. und 32. Woche soll der fetale Kreislauf nur in 5-10% der Fälle ansprechen, mit 32 Wochen in 50% und ab der 34. Woche in 100%. Aus dem vorzeitigen Ductusverschluß kann sich ein pulmonaler Hypertonus beim Neugeborenen entwickeln (z.B. 24). Eine Kasuistik beschreibt ein reifes Kind, dessen Mutter 2 Wochen vor Entbindung wegen einer Thrombophlebitis außer Heparin 5 Tage lang täglich 75 mg Diclofenac erhalten hatte. Der pulmonale Hypertonus persistierte und mußte 22 Tage lang mit hohen Dosen NO per Inhalation behandelt werden. Ein offenbar ischämisch verursachter Trikuspidalklappenreflux blieb auch danach bestehen (37).
Eine Sulindac zunächst zugeschriebene bessere Verträglichkeit für den Feten aufgrund geringerer Plazentagängigkeit ließ sich in einer neueren Publikation nicht bestätigen (15).
Nach vorgeburtlicher Exposition mit NSAID wurden bei Neugeborenen gehäuft nekrotisierende Enterokolitiden beobachtet (z.B. 25). Auch die fetale und neonatale Nierenfunktion kann bis hin zur Anurie gehemmt werden, wenn im letzten Drittel der Schwangerschaft behandelt wurde. Diese bei Indometacin beobachteten Effekte werden auf Minderperfusion der Niere und anderer Organe und Anstieg des zirkulierenden Vasopressins zurückgeführt.
Schließlich wurden auch intrakranielle Blutungen besonders bei Frühgeborenen beschrieben, möglicherweise als Folge einer Hemmung der Thrombozytenaggregation. Indometacin wurde auch eine blutdrucksteigernde Wirkung bei Schwangeren mit Hypertonus und Betablocker-Therapie unterstellt (z.B. 32). Eine Antagonisierung der Prostaglandin vermittelten Vasodilatation bei Schwangeren wird als Ursache erörtert.
Es ist anzunehmen, daß die unter Indometacin beobachteten toxischen Wirkungen auch nach Gabe anderer NSAID auftreten können. Beim vorwiegend als COX-2-Hemmstoff wirkenden Nimesulid wurde in zwei Kasuistiken über (dialysepflichtiges) Nierenversagen beim Kind nach Behandlung der Mutter in der Spätschwangerschaft berichtet (2, 28). Zu den potentiellen Auswirkungen von NSAID auf Abortrate und Fertilität siehe unter ASS.
Selektive Zyklooxygenase-2(COX-2)-Inhibitoren: Zu den COX-2-Inhibitoren Celecoxib (Celebrex®), Parecoxib (Dynastat®) und Rofecoxib (Vioxx®) liegen nur wenige Dutzend Schwangerschaftsverläufe vor, die bislang nicht auf spezifisch teratogene Effekte hindeuten. Allerdings reichen diese Zahlen nicht für eine Beurteilung des Risikos aus. Auch Tierversuche erbrachten bisher keine spezifischen teratogenen Wirkungen. Allerdings beobachtete man unter Celecoxib Zwerchfellhernien und Skelettanomalien bei Ratten, die als prostaglandinantagonistische Effekte interpretiert wurden. Die bei den klassischen NSAID und bei ASS beschriebenen fetotoxischen Wirkungen in der Spätschwangerschaft und Auswirkungen auf die Fertilität sowie die Abortrate sind auch bei den COX-2-Inhibitoren zu erwarten. Für Vorteile dieser Mittel bei Schwangeren gegenüber den klassischen NSAID gibt es keine Hinweise.
Pyrazolonverbindungen: Auch Metamizol und Propyphenazon (Demex® u.a.) besitzen eine prostaglandinantagonistische Wirkung, die zu den unter ASS und anderen NSAID beschriebenen Effekten führen kann. Eine brasilianische Studie berichtet über eine von anderen Autoren bisher nicht bestätigte Assoziation zwischen Metamizoleinnahme durch die Mutter und vermehrtem Auftreten von Wilms-Tumoren bei den Kindern (33); eine andere Untersuchung diskutiert einen Zusammenhang mit Leukämie im Kindesalter (1). Teratogene Effekte wurden beim Menschen bisher nicht beobachtet. Die Datenlage bei diesen schon vor Jahrzehnten eingeführten Substanzen ist formal jedoch unzureichend.
Weitere Antiphlogistika/Antirheumatika: Zu Sulfasalazin (Azulfidine® u.a.) gibt es trotz der jahrzehntelangen Verwendung und des breiten Indikationsspektrums keine Hinweise auf teratogene Effekte. Daher ist dieses Mittel in der gesamten Schwangerschaft Antiphlogistikum der Wahl bei Langzeittherapie.
Im Zusammenhang mit einer pränatalen Penicillamin-Exposition bei chronischer Polyarthritis, M. Wilson oder Zystinurie wurden fünf Fälle mit angeborener Cutis laxa, zum Teil mit Inguinalhernien und mit weiteren sehr unterschiedlichen und schweren Fehlbildungen wie Lippen-Gaumenspalte (Übersicht bei 4, 17) publiziert; diesen stehen rund 100 unauffällige Verläufe gegenüber (z.B. 20). Ob die in einigen Fällen reversiblen Störungen der Bindegewebsentwicklung durch Penicillamin bedingt sind, kann nicht eindeutig beantwortet werden. Bisherige Erfahrungen zusammenfassend besteht beim Menschen, wenn überhaupt, nur ein geringes teratogenes Risiko.
Hydroxychloroquin kann ebenso wie Chloroquin in Dosen, wie sie zur Therapie chronisch-entzündlicher Prozesse erforderlich sind, abortiv wirken. Im Tierversuch konnte in der fetalen Retina und im ZNS eine Anreicherung von Chloroquin nachgewiesen werden. Immer wieder wird der Fall einer Mutter mit Lupus erythematodes zitiert, die unter Dauertherapie mit Chloroquin drei geschädigte und ein gesundes Kind zur Welt brachte. Zwei dieser Kinder hatten eine Cochleovestibularisparese, und bei einem Kind wurde im Alter von 5 Jahren ein Wilms-Tumor festgestellt (7). Andere Fallserien zur Hydroxychloroquin- bzw. Chloroquinbehandlung mit Dutzenden von Schwangeren mit rheumatischer Erkrankung oder systemischem Lupus erythematodes (SLE) geben keine Hinweise auf ein teratogenes Potenzial (z.B. 14).
Beim Menschen konnte, im Gegensatz zum Tierexperiment, kein nennenswertes teratogenes Potenzial von Goldverbindungen wie Auranofin (Ridaura®) oder Natriumaurothiomalat (Tauredon®) entdeckt werden. Kasuistiken und Fallsammlungen, u.a. von 119 im 1. Trimenon wegen Asthma bronchiale mit Gold behandelten japanischen Schwangeren, zeigten keine Häufung spezieller Störungen der Organentwicklung (Übersicht bei 4).
Phenylbutazon (Ambene®, Exrheudon®) wirkt im Tierversuch teratogen. Zur Beurteilung embryotoxischer Effekte beim Menschen liegen keine ausreichenden Daten vor; ein erhebliches teratogenes Potenzial ist unwahrscheinlich. Durch den Prostaglandinantagonismus können Phenylbutazonverbindungen ebenso wie ASS und andere NSAID ab der 30. SSW einen vorzeitigen Verschluß des Ductus arteriosus verursachen (Überblick bei 4).
Leflunomid (Arava®) hat tierexperimentell bei Ratten zu Anophthalmie bzw. Mikrophthalmie und Hydrozephalus bei Serumkonzentrationen geführt, die z.T. unter den therapeutischen Werten beim Menschen lagen. Allerdings zeigten sich gleichzeitig toxische Effekte bei den Muttertieren, so daß der teratogene Charakter der Schädigungen kontrovers diskutiert wird. Die Halbwertszeit des aktiven Metaboliten von Leflunomid beträgt 2 Wochen und länger. Ausreichende Erfahrungen beim Menschen liegen nicht vor (3). Eine mehrtägige Behandlung mit 3 mal 8 g Colestyramin (Quantalan® u.a.) zur Verkürzung der Eliminationshalbwertszeit auf etwa einen Tag wird vorgeschlagen, wenn der empfohlene zeitliche Abstand zu einer geplanten Schwangerschaft nicht eingehalten werden kann. Die dokumentierten Erfahrungen beim Menschen sind für eine differenzierte Risikobewertung unzureichend. Bisher gibt es keine Fallberichte, die einen teratogenen Effekt belegen.
Morphinabkömmlinge bzw. Opioide: In den 70er Jahren gab es einige Veröffentlichungen, die dem Codein Fehlbildungen der Atemwege, Veränderungen am Herz-Kreislauf-System sowie Lippen-Kiefer-Gaumenspalten anlasteten. Dieser Verdacht bestätigte sich nicht (Übersicht bei 4). Eine Therapie bis zum Geburtstermin kann, wie bei allen Morphinabkömmlingen bzw. Opioiden, beim Neugeborenen postpartal zu Atemdepression und nach fortgesetzter Exposition oder bei Abusus zum Entzug führen.
Pethidin (Dolantin®) gehört zu den am besten untersuchten Spasmoanalgetika für die Geburtsphase. Die nach parenteraler Applikation beschriebene metabolische Azidose ist wahrscheinlich auf individuelle Überdosierung mit daraus resultierender hypotoner Kreislaufreaktion der Mutter zu erklären. Bei Neugeborenen können Atemdepression und Adaptationsstörungen mit neurophysiologischen Auffälligkeiten auftreten, die über die ersten Lebenstage hinausreichen. Der atemdepressive Effekt hängt vor allem vom Zeitintervall zwischen Injektion und Entbindung und von der Reife des Kindes ab. Frühgeborene sind gefährdeter. In einer Gruppe von 13 Erstgebärenden zeigte sich, daß Neugeborene in den ersten 45 Minuten schwächer saugten, wenn die Pethidin-Dosis innerhalb von 5 Stunden vor der Entbindung verabreicht wurde. Das Saugverhalten korrelierte mit der Konzentration von Pethidin im Serum der Neugeborenen (23).
Bei ausreichendem zeitlichem Abstand zur Entbindung scheint das Risiko einer neonatalen Atemdepression nach geburtshilflicher Anwendung von Fentanyl gering zu sein. Im Vergleich zu einer Kontrollgruppe fanden sich bei den Kindern von 137 behandelten Frauen keine Unterschiede bezüglich Atemdepression, Apgar-Score, Naloxon-Bedarf sowie verschiedener neurologischer Parameter bis 24 Stunden post partum (29). Die letzte Fentanyl-Dosis wurde in dieser Untersuchung im Mittel 112 Minuten vor der Entbindung gegeben. In einer anderen Publikation waren in einer Gruppe von 15 sub partu exponierten Neugeborenen ebenfalls weder Atemdepression noch neurologische Abweichungen in den ersten 24 Stunden nach der Geburt zu beobachten. Die Applikation erfolgte jeweils etwa 10 Minuten vor der Schnittentbindung (6). Patientenkontrollierte Analgesie mit Fentanyl i.v. unter der Geburt wird als gleich gut verträglich für das Neugeborene beschrieben wie eine Epiduralanästhesie (22).
Alfentanil (Rapifen®) scheint ähnlich gut verträglich für das Neugeborene zu sein wie Fentanyl. Berichte über teratogene Effekte liegen weder für Fentanyl noch Alfentanil vor, allerdings ist der Umfang an dokumentierten Erfahrungen zur Anwendung im ersten Trimenon unzureichend. Gleiches gilt für Remifentanil (Ultiva®) und Sufentanil (Sufenta®).
Spezielle Migränemittel: Das gefäßtonisierende Dihydroergotamin (Dihydergot® u.a.) ist bei Migräne in manchen Fällen hilfreich, darf aber in den letzten Wochen vor der Geburt nur oral und bei Wehenbereitschaft überhaupt nicht verabreicht werden. Parenterale Applikationen von Ergotamin-Abkömmlingen, insbesondere von nichthydrierten Ergotalkaloiden wie Ergotamintartrat, sind kontraindiziert, weil sie Uteruskontraktionen und eine Perfusionsstörung der Plazenta verursachen und letztlich zur Fruchtschädigung oder zum Fruchttod führen können (Übersicht bei 4). Es sind Einzelfälle von Fehlbildungen durch Perfusionsstörungen (Disruptionsanomalien) und Totgeburten beobachtet worden (z.B. 11). Epidemiologische Studien zeigen bisher jedoch keinen eindeutigen Anstieg der Fehlbildungsrate (30). Andere Ergotamin-Abkömmlinge wie Lisurid (Cuvalit®, Dopergin®) und Methysergid (Deseril®) sind hinsichtlich ihrer Verträglichkeit in der Schwangerschaft unzureichend dokumentiert.
Über 1000 vom Hersteller und im Rahmen mehrerer Studien (z.B. 12) prospektiv erfaßter Schwangerschaften mit Sumatriptan-Exposition (Imigran®) vorwiegend im 1. Trimenon ergaben keine Hinweise auf ein teratogenes Potenzial beim Menschen.
Zu Naratriptan (Naramig®) und Rizatriptan (Maxalt®) wurden bisher nur wenige Dutzend im 1. Trimenon exponierte Schwangerschaften dokumentiert; auch hier ergaben sich bislang keine Auffälligkeiten bei den Kindern. Tierexperimentell wurden bei Naratriptan Skelett- und Gefäßanomalien bei Serumkonzentrationen beobachtet, die nur um das 2,5fache über den therapeutisch empfohlenen lagen. Die zu Almotriptan (Almogran®), Eletriptan (Relpax®), Frovatriptan (Allegro®), Naratriptan (Naramig®) und Zolmitriptan (Asco Top®) vorliegenden Daten sind für eine Risikobeurteilung unzureichend. Beim Versagen der besser erprobten Schmerzmittel darf Sumatriptan als am besten dokumentierter Vertreter dieser Arzneigruppe auch in der Schwangerschaft verordnet werden.
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