Wie lange sollten Antikoagulanzien nach tiefer Beinvenenthrombose oder nach Lungenarterienembohe gegeben werden? Dazu hatte eine Multizenterstudie aus Schweden Stellung genommen: Nach Erstthrombosen mit temporärem Thromboserisiko mindestens sechs Wochen, bei permanenten oder idiopathisch prädisponierenden Faktoren mindestens sechs Monate (1, 2).
Untersuchungen über die optimale Dauer der Antikoagulanzientherapie nach dem ersten Rezidiv wurden von der schwedischen Arbeitsgruppe ebenfalls durchgeführt und jetzt veröffentlicht (3).
111 Patienten mit rezidivierenden Beinvenenthrombosen wurden sechs Monate lang antikoaguliert und 116 Patienten lebenslang. Der Quickwert war in beiden Gruppen 25 bis 35% (INR 2,0 bis 2,9). Nachuntersuchungen wurden über vier Jahre durchgeführt. Während dieser Zeit wurden thromboembolische Rezidive sorgfältig registriert, ebenso aber auch Blutungen, welche die Behandlung mit Vitamin K oder Bluttransfusionen notwendig machten bzw. zur Krankenhausaufnahme oder zum Tode führten.
Bei den Patienten, die nur sechs Monate lang antikoaguliert wurden, ereigneten sich im Verlauf der vier Nachbeobachtungsjahre drei Blutungen und 23 Rezidive von Thromboembolien (s. Tab. 1); 16 Patienten starben. In der Gruppe der Patienten, die während der ganzen Zeit antikoaguliert wurden, ereigneten sich zehn Blutungen und drei Rezidive. Zehn Patienten starben. Die Anzahl der Rezidive war signifikant niedriger in der „lebenslang“ antikoagulierten Gruppe, die Anzahl der Blutungen deutlich, aber nicht signifikant höher. Die Blutungen in der Gruppe, die sechs Monate lang behandelt wurde, traten außerhalb der Behandlungszeit auf: zwei intrazerebrale und eine vaginale Blutung. Bei den 10 Blutungskomplikationen der „lebenslang“ antikoagulierten Patienten handelte es sich um eine hämorrhagische Pankreatitis, eine tödliche Subarachnoidalblutung, eine bedrohliche Nasenblutung, drei gastrointestinale Blutungen, zwei Patienten mit Hämaturie und zwei andere Ursachen. Bei fünf Patienten war der Quickwert niedriger als gewünscht gewesen.
Bei Varikosis, bösartigen Erkrankungen, Protein-S-, Protein-C-, AT-Ill-Mangel und Protein-C-Resistenz sind rezidivierende Thrombosen häufig. Die Protein-C-Resistenz beruht auf einer Mutation im Gerinnungsfaktor V (Leiden). Simioni, P., et al. (4) fanden bei 41 von 251 Patienten (= 16,3%) mit einer tiefen Beinvenenthrombose eine Protein-C-Resistenz. Alle Patienten wurden für sechs Monate mit Antikoagulanzien behandelt. Im Verlauf der Nachbeobachtungszeit von drei Jahren erlebten 40% der Patienten mit Protein-C-Resistenz und etwa 15% der Patienten ohne diese Gerinnungsstörung eine Rezidiv-Thrombose bzw.-Embolie.
Fazit: Man kann aus den Erfahrungen der schwedischen Arbeitsgruppe wohl schließen, daß nach dem ersten Rezidiv einer Beinvenenthrombose eine lebenslange Antikoagulation angezeigt ist.
Bei Varikosis, bösartigen Erkrankungen, Protein-S-, Protein-C-, AT-Ill-Mangel und Protein-C-Resistenz sollte die lebenslange Antikoagulation bereits nach der ersten Thrombose beginnen. Daraus ergibt sich die Forderung, bei Patienten mit Beinvenenthrombosen nach thrombophilen Gerinnungsstörungen zu suchen, entweder vor Beginn der Antikoagulation oder nach deren Ende.
Literatur
1. AMB 1995, 29, 61.
2. Schulmann, S., et al. (DURAC = DURation of AntiCoagulation after venous thromboembolism): N. Engl. J. Med. 1995, 332, 1661.
3. Schulmann, S., et al. (DURAC-Il = DURation of AntiCoagulation after venous thromboembolism-II): N. Engl. J. Med. 1997, 336, 393.
4. Simioni, P., et al.: N. Engl. J. Med. 1997, 336, 399.