Über die PCSK9-Inhibitoren (bisher zugelassen: Evolocumab; Alirocumab) – subkutan zu injizierende monoklonale Antikörper, die die Aufnahme von LDL-Cholesterin in die Leber erhöhen und damit das LDL-Cholesterin im Serum deutlich senken – haben wir mehrfach berichtet (1-3). Als bisher einzige randomisierte kontrollierte Studie zeigte die FOURIER-Studie (Evolocumab) nur einen moderaten klinischen Vorteil bei kardiovaskulären Endpunkten. Wir haben diese neue und hochpreisige Therapie mit ihrem Nutzen verglichen und als „ungerechtfertigt teuer“ bewertet (1). Diese Einschätzung sehen wir durch drei kürzlich in JAMA veröffentlichte Arbeiten bestätigt. In ihnen wurde die Kosteneffizienz der PCSK9-Inhibitoren auf Basis der FOURIER-Ergebnisse untersucht (4-6).
In jeweils etwas unterschiedlichen Rechenmodellen wurden hypothetische Patienten generiert – ihre Eigenschaften entsprachen denen der FOURIER-Studienpatienten – und die Kosteneffizienz einer Kombinationstherapie aus PCSK9-Inhibitor plus Statin gegenüber einer alleinigen Statin-Therapie über die Lebenszeit (in den USA) errechnet. Schätzungen über klinische Ereignisraten, Therapiekosten und Versicherungsdaten wurden einschlägig publizierten Statistiken entnommen. Bei den Therapiekosten der PCSK9-Inhibitoren wurde vom jeweils aktuellen Stand ausgegangen (ca. 14.500 US-$/Jahr), und übliche Rabatte sowie eine Preisreduktion nach Auslaufen des Patentschutzes wurden berücksichtigt. Als Endpunkt galten die errechneten Kosten für ein sogenanntes qualitätskorrigiertes Lebensjahr (quality-adjusted life year = QALY) – ein in der Gesundheitswissenschaft etabliertes Standardmaß zur kombinierten Bewertung von Lebenserwartung und -qualität. Als gesellschaftlich akzeptable Kosten für ein QALY wurde von den Autoren eine Obergrenze von 100.000 US-$ angenommen, die in den USA im Rahmen solcher Analysen als allgemein akzeptiert gilt. Die von den verschiedenen Autorengruppen (4-6) errechneten Kosten für ein durch eine zusätzliche Therapie mit einem PCSK9-Inhibitor gewonnenes QALY lagen zwischen 268.600 und 450.000 US-$. Die aktuell anerkannten Standards der Kosteneffizienz werden somit bei weitem nicht erreicht. Die Autoren berechnen, dass der Preis für PCSK9-Inhibitoren um 62-71% reduziert werden müsste, um die akzeptable Schwelle von 100.000 US-$ zu erreichen. Würde man die Analyse nur auf die Letalität beschränken (die ja in FOURIER nicht beeinflusst wurde), wären die Werte noch deutlich höher, wie in einem Editorial angemerkt wird (7). Der richtige Schritt in der aktuellen Situation (exzessiv hohe Kosten für ein Arzneimittel mit nach derzeitiger Datenlage begrenzter klinischer Wirksamkeit) ist nach Meinung des JAMA-Herausgebers eine deutliche Preissenkung. Dem schließen wir uns an.
Fazit: Wie mehrere aktuelle hypothetische Berechnungen aus den USA zeigen, verursacht eine cholesterinsenkende Therapie mit einem PCSK9-Inhibitor (zusätzlich zu einer Statin-Therapie) Kosten, die das Drei- bis Vierfache der – in Relation zum klinischen Nutzen – allgemein akzeptierten Obergrenze betragen. Die Therapie ist somit nach derzeitiger Datenlage nicht kosteneffizient. Aufgrund der im Wesentlichen gleichen Rahmenbedingungen in Europa sehen wir unsere bisherige Einschätzung – ungerechtfertigt teure PCSK9-Hemmer – bestätigt.
Literatur
- AMB 2017, 51, 33. Link zur Quelle
- AMB 2015, 49, 74. Link zur Quelle
- AMB 2015, 49, 30. Link zur Quelle
- Arrieta, A., et al. JAMA Cardiol. 2017. Published online October 18. Link zur Quelle
- Kazi, D.S., et al.: JAMA 2017, 318, 748. Link zur Quelle
- Fonarow, G.C., et al.: JAMA Cardiol. 2017, 2, 1069. Link zur Quelle
- Bonow, R.O., et al.: JAMA Cardiol. 2017. Published online October 18. Link zur Quelle