Artikel herunterladen

Assoziation von Vorhofflimmern mit beruflicher Belastung am Beispiel US-amerikanischer Feuerwehrleute [CME]

Eine aktuell im J. Am. Heart Association publizierte Studie zeigt, dass die Prävalenz/Inzidenz von Vorhofflimmern (Vofli) bei Feuerwehrleuten signifikant mit der Zahl ihrer Einsätze assoziiert ist [1].

Mittels elektronischer Fragebögen wurden über 14 Monate die Daten von Feuerwehrleuten erfasst, die in mindestens einer von fünf vordefinierten professionellen Organisationen im US-Bundesstaat Louisiana tätig waren. Erhoben wurden die Zahl der geleisteten Brandeinsätze sowie selbst berichtete kardiovaskuläre Endpunkte. Von 10.860 aktiven Feuerwehrleuten lagen vollständige Datensätze vor, davon waren 93,5% Männer und 95,5% ≤ 60 Jahre alt. Der weit überwiegende Anteil (89%) waren Berufsfeuerwehrleute, die anderen Freiwillige. Es zeigte sich eine positive Assoziation zwischen der jährlichen Zahl der Einsätze und der Prävalenz von Vofli (s. Tab. 1). Die logistische Regressionsanalyse bestätigte das erhöhte Risiko für Vofli bei häufigeren Einsätzen (Odds Ratio: 1,14; 95%-Konfidenzintervall: 1,04-1,25; p = 0,006); es war unabhängig von anderen Risikofaktoren und potenziellen Störfaktoren (z.B. Dienstalter). Erwartungsgemäß waren nach multivariater Analyse auch andere Faktoren mit einem erhöhten Risiko für Vofli assoziiert, wie höheres Alter, männliches Geschlecht, Hypertonie und Schlafapnoe-Syndrom. Zwischen Berufsfeuerwehrleuten und Freiwilligen gab es keinen Unterschied in der Prävalenz von Vofli.

Alkoholkonsum – so die Autoren in ihrer Einleitung – sei präventiv- und arbeitsmedizinischen Untersuchungen zufolge unter Feuerwehrleuten häufig, und auch in ihrer Studienpopulation gaben 79% einen „bestehenden Alkoholgebrauch“ an (abgefragt als „Ja/Nein“-Frage). Allerdings zeigte sich überraschend eine inverse Beziehung zur Vofli-Prävalenz (OR: 0,68; 95%-Konfidenzintervall: 0,52-0,89; p = 0,004). Die Autoren gehen in ihrer Diskussion auf dieses Einzelergebnis leider nicht ein. Es ist wohl von einem „Reporting Bias“ (s.u.) auszugehen.

Über einen Schlaganfall oder eine transitorische ischämische Attacke (TIA) berichteten 83 Probanden (0,8%) in der Beobachtungszeit; hier fand sich keine lineare Assoziation mit der Zahl der Brandeinsätze. Auch andere kardiovaskuläre Ereignisse wurden nur selten gemeldet (Myokardinfarkt: 1,7%; Koronare Herzkrankheit: 4,2%; periphere arterielle Verschlusskrankheit: 0,5%), sodass keine Subgruppenanalysen erfolgten.

Sehr wesentliche Einschränkung in der Aussagekraft der Studie ist die Erfassung der Endpunkte durch die Teilnehmer selbst („self reporting“) ohne Bestätigung durch Einsicht in die Krankenakten. Eine Kontrollgruppe mit Nicht-Feuerwehrleuten war von den Studienautoren geplant, konnte aber wegen des unzureichenden Rücklaufs von Fragebögen nicht realisiert werden.

Die vorliegende Studie zeigte erstmals eine „dosisabhängige“ Beziehung zwischen Einsatzhäufigkeit und Prävalenz von Vofli. Dies kann als starkes Indiz für einen kausalen Zusammenhang gewertet werden. Als potenzielle Ursachen werden aber auch inhalative Noxen wie polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe und Feinstaub diskutiert, ebenso wie eine starke Sympathikus-Aktivierung durch den beruflichen Stress sowie lange unregelmäßige Arbeitszeiten einschließlich Nachtarbeit.

Wie die Studienautoren ausführen sei bereits seit längerem bekannt, dass unter US-amerikanischen Feuerwehrleuten die Prävalenz kardiovaskulärer Erkrankungen und ihrer Risikofaktoren höher ist als in der vergleichbaren Normalbevölkerung. Bereits 2007 hatte eine US-amerikanische Untersuchung ergeben, dass bei 40% von 1.144 Feuerwehrleuten, die in den USA in einem Zeitraum von 10 Jahren im Einsatz gestorben waren, ein Myokardinfarkt zugrunde lag [2]. Bei Feuerwehrleuten wurden verschiedene potenzielle Risikofaktoren nachgewiesen, die Vofli und andere kardiovaskuläre Erkrankungen begünstigen könnten, wie beispielsweise eine verminderte Variabilität in der Herzfrequenz, erhöhte Serumspiegel für Interleukine, erhöhte Monozyten- und Thrombozytenzahl sowie gesteigerte Faktor-VIII- und Gewebefaktor-Aktivität.

Ob ein intensiveres Screening auf Vofli bei Feuerwehrleuten – wie von den Autoren vorgeschlagen – und auch bei Angehörigen anderer Risikoberufe ([3][4]) klinische Endpunkte reduzieren kann, muss in Anbetracht der Ergebnisse neuerer Studien, über die wir berichtet haben [5], allerdings bezweifelt werden. Im Rahmen von Eignungs- und Vorsorgeuntersuchungen, wie sie in Deutschland und Österreich (nicht in den USA) für bestimmte Einsatzbereiche (Atemschutz, Tauchen) in der Berufsfeuerwehr verpflichtend sind, sollten kardiovaskuläre Risikofaktoren sorgfältig kontrolliert werden.

Neben den bekannten Folgerisiken von Vofli wie Tachy-/Bradykardie, arrhythmieinduzierter Kardiomyopathie sowie thromboembolischen Komplikationen wird von den Autoren ein potenziell klinisch relevanter „spezifischer“ Aspekt ihrer Ergebnisse erwähnt: Aufgrund des erhöhten berufsbedingten Verletzungsrisikos sei bei Feuerwehrleuten im Falle einer wegen Vofli erforderlichen Dauerantikoagulation von vermehrten Blutungen auszugehen.

Fazit

Eine US-amerikanische Beobachtungsstudie bei Feuerwehrleuten fand einen möglichen kausalen Zusammenhang zwischen der Zahl der beruflichen Einsätze und der Prävalenz von Vorhofflimmern. Neben dem unmittelbaren Verletzungsrisiko ist bei Feuerwehrleuten wohl auch mit weiteren, ebenfalls beruflich bedingten Gesundheitsrisiken in erhöhtem Ausmaß zu rechnen. Das bestätigt die Bedeutung regelmäßiger arbeitsmedizinischer Untersuchungen – auch bei ehrenamtlichen Feuerwehrleuten, besonders bei häufigen Einsätzen.

Literatur

  1. Vanchiere, C., et al.: J. Am. Heart Ass. 2022, 11, e022543. https://www.ahajournals.org/doi/10.1161/JAHA.121.022543 (Link zur Quelle)
  2. Kales, S.N., et al.: N. Engl. J. Med. 2007, 356, 1207. https://www.nejm.org/doi/10.1056/NEJMoa060357?url_ver=Z39.88-2003&rfr_id=ori%3Arid%3Acrossref.org&rfr_dat=cr_pub++0www.ncbi.nlm.nih.gov
    (Link zur Quelle)
  3. Fransson, E.I., et al.: Eur. J. Prev. Cardiol. 2018, 25, 1142. https://academic.oup.com/eurjpc/article/25/11/1142/5926234?login=false (Link zur Quelle)
  4. Kivimäki, M., et al.: Eur. Heart J. 2017, 38, 2621. https://academic.oup.com/eurheartj/article/38/34/2621/3958185 (Link zur Quelle)
  5. AMB 2022, 56, 22. (Link zur Quelle)