Der klinische Nutzen eines systematischen Screenings auf asymptomatisches Vorhofflimmern (Vofli) ist nicht gesichert. Dies liegt vor allem daran, dass die Risiko-Nutzen-Relation einer präventiven oralen Dauerantikoagulation (OAK) bei diesen Personen unklar ist – d.h. potenziell weniger Schlaganfälle vs. erhöhtes Blutungsrisiko, insbesondere bei niedriger „Vofli-Last“ (wenige Episoden und kurze Dauer). Immer wieder wurden zu dieser Frage randomisierte kontrollierte Studien (RCT) gefordert. Wir haben mehrfach darüber berichtet [1]. Kürzlich wurden nun in einer Ausgabe des Lancet mit STROKESTOP und LOOP die ersten beiden RCT zu diesem Thema publiziert ([2], [3]).
In die multizentrische schwedische STROKESTOP-Studie wurden über 27 Monate alle 75- und 76-jährigen Bewohner zweier geographischer Regionen (Stockholm, Halland) 1:1 in eine Vofli-Screening-Gruppe (n = 13.979) und in eine Kontrollgruppe (n = 13.996) randomisiert. Diese beiden Gruppen stellten die „Intention-to-treat“ (ITT)-Population dar. Die Angehörigen der Vofli-Screening-Gruppe wurden, sofern nicht bereits Vofli bekannt war, eingeladen, zweimal täglich über 14 Tage intermittierende Ein-Kanal-EKG-Registrierungen im häuslichen Umfeld („Daumen-EKG“) selbst vorzunehmen. Dieser Einladung folgten jedoch nur etwa die Hälfte der Personen (n = 7.165) – die „As-treated“ (AT)-Population. Wenn Vofli (Grenzwert in dieser Studie definiert als eine Episode von ≥ 30 Sec. oder ≥ 2 Episoden von 10-29 Sec. Dauer) mittels dieses Screenings entdeckt wurde, wurde eine OAK eingeleitet. Die Nachbeobachtung betrug mindestens 5 Jahre (im Mittel 6,9 Jahre). Der kombinierte primäre Endpunkt wurde aus bevölkerungsbasierten Registern erfasst und umfasste ischämischen oder hämorrhagischen Schlaganfall, systemische arterielle Embolie, Krankenhausaufenthalt wegen Blutung und Gesamtmortalität. Dieser Endpunkt trat in der Screening-Gruppe nach ITT knapp signifikant seltener auf (31,9% vs. 33%; 5,45 vs. 5,68 Ereignisse pro 100 Patientenjahre; Hazard Ratio = HR: 0,96; 95%-KonfidenzintervalI = CI: 0,92-1,00; p = 0,045). Diese geringe Differenz im kombinierten Endpunkt war wohl durch die etwas höhere Zahl der Schlaganfälle bedingt; bei den einzelnen Komponenten des primären Endpunkts (einschließlich Blutungen) zeigten sich statistisch jedoch keine signifikanten Unterschiede. In der auf die AT-Population beschränkten Analyse differierten hingegen alle diese Endpunkte im Vergleich zur gesamten Kontrollgruppe signifikant. Allerdings waren die Teilnehmer dieser Gruppe, gemessen an den Patienten-Charakteristika, deutlich „gesünder“ und können somit nicht als passende Vergleichsgruppe dienen. Wie in einem begleitenden Kommentar formuliert, kann dieses Teilergebnis nur als „Hypothesen-generierend“ angesehen werden [4].
Die ebenfalls multizentrische dänische LOOP-Studie randomisierte über 27,5 Monate 70- bis 90-jährige Patienten ohne Vofli, die aber mindestens einen Risikofaktor hatten (z.B.: Hypertonie, Diabetes mellitus, vorangegangener Schlaganfall, Herzinsuffizienz) 1:3 in eine Vofli-Screening- (n = 1.501) und eine Kontroll-Gruppe (n = 4.503). Die Herzaktionen der Teilnehmer in der Screening-Gruppe wurden mittels subkutan implantierter Looprecorder (ILR) kontinuierlich überwacht. Bei entdecktem Vofli (Grenzwert hier definiert als ≥ 6 Min. Dauer) wurde eine OAK eingeleitet. Der kombinierte primäre Endpunkt wurde in jährlichen Studienvisiten erfasst und umfasste ischämischen Schlaganfall und systemische arterielle Embolie. Die mittlere Nachbeobachtungszeit betrug 5,4 Jahre. Obwohl in der Screening-Gruppe signifikant häufiger Vofli erkannt wurde als in der Kontroll-Gruppe (31,8% vs. 12,2%; HR: 3,17; CI: 2,81-3,59; p < 0,0001) und somit auch häufiger eine OAK eingeleitet wurde (29,7% vs. 13,1%; HR: 2,72; CI: 2,41-3,08; p < 0,0001), unterschied sich weder der primäre Endpunkt (4,5% vs. 5,6%; HR: 0,80; CI: 0,61-1,05; p = 0,11) noch die Blutungsrate signifikant (4,3% vs. 3,5%; HR: 1,26; CI: 0,95-1,69).
STROKESTOP und LOOP sind die ersten Studien, die randomisiert kontrolliert die Auswirkungen eines systematischen Vofli-Screenings auf klinische Endpunkte untersuchen. Die Studien sind nur sehr eingeschränkt vergleichbar. Es gibt beträchtliche Unterschiede im Design, wie z.B. Art der Rekrutierung und Randomisierung, Methode des Vofli-Screenings (intermittierendes EKG vs. implantierbarer Loop-Rekorder), Grenzwerte der Vofli-Last sowie Definition der Endpunkte. STROKESTOP fand eine nur knapp signifikante Reduktion beim kombinierten Endpunkt durch ein Vofli-Screening und LOOP, trotz häufig entdecktem Vofli und Beginn einer OAK, überhaupt keinen Einfluss.
Es gibt somit weiterhin keinen eindeutigen Nutzen durch systematisches Screening auf asymptomatisches Vofli. Da sogenannte „Wearables“, wie z.B. „Smartwatches“, durch die intensive Werbung sich ständig weiter verbreiten, wird das Screening auf Herzrhythmusstörungen im Praxisalltag – unabhängig von der ärztlichen Indikation – zunehmend eine wesentliche Rolle spielen. Die noch bis 2025 laufende HEARTLINE-Studie befasst sich mit diesem Thema [5]. Vorerst aber sind viele Fragen noch offen, wie z.B. die Charakteristika von Patientengruppen, die möglicherweise letztlich profitieren, die Grenzwerte für die Zahl und Dauer der Episoden, die eine zwingende Indikation für eine OAK sind und die optimale Methode des Screenings.