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Komplikationen bei nahezu jeder zehnten Implantation eines Herzschrittmachers

In Dänemark (5,6 Mio. Einwohner) werden alle Herzschrittmacher in 14 Kliniken von Kardiologen und Elektrophysiologen implantiert. Die klinischen und technischen Daten jeder Implantation werden seit 1982 im dänischen Schrittmacher- und Defibrillator-Register (DPIR) erfasst. Aus diesem landesweiten Register wurden nun prospektiv alle Komplikationen von Herzschrittmacher-Implantationen erfasst (1). Datengrundlage waren 5.918 Implantationen innerhalb eines Jahres (5/2010-4/2011). Dabei handelte es sich überwiegend um antibradykarde Zwei-Kammer- (51%) und Ein-Kammer-Systeme (20%), gefolgt von Defibrillatoren (= ICD 19%) und biventrikulären Resynchronisationssystemen mit oder ohne Defibrillatorfunktion (CRT-P 4%, CRT-D 8%). Bei 74% der Eingriffe handelte es sich um eine Neuimplantation, bei 19% um einen Schrittmacheraustausch und bei 7% um ein System-Upgrade oder eine Sondenrevision. Fünf Kliniken implantierten weniger als 250 Schrittmacher pro Jahr, vier Kliniken zwischen 250-500, drei Kliniken zwischen 500-750 und zwei Zentren mehr als 750. In den Patientenakten wurde systematisch nach peri- und postoperativen Komplikationen bis zu einem halben Jahr nach Implantation gesucht.

Ergebnisse: Insgesamt wurden 562 Komplikationen gezählt, also bei nahezu jedem zehnten Patienten (9,5%). Das sind deutlich mehr Komplikationen als aus der Literatur bekannt (5-6%). 4,2% wurden als Minor-Komplikation gewertet: 138 Hämatome ohne Reintervention, 69 antibiotisch behandelte Wundinfektionen, 39 konservativ behandelte Pneumothoraces und 10 Sondendislokationen, bei denen nicht revidiert werden musste. 5,5% der Komplikationen wurden als Major-Komplikation bewertet: 143 Sondenrevisionen, 51 Pneumothoraces, die drainiert werden mussten, 38 kardiale Perforationen, 22 schwerwiegende lokale und 27 systemische Infektionen (Endokarditis; vgl. 2), 35 Revisionen von Schrittmachertaschen wegen Schmerzen oder Hämatomen und 23 andere (Thrombosen etc.). Insgesamt starben innerhalb von sechs Monaten 327 Patienten, wobei nur bei einem Patienten ein Zusammenhang mit der Schrittmacherkomplikation angenommen wird (Patient mit COPD mit übersehenem kleinem Pneumothorax und plötzlichem Tod vier Tage nach Entlassung).

Nach einer multivariaten Analyse fand sich das höchste Komplikationsrisiko bei Neuimplantation komplexer Schrittmachersysteme (CRT-D: 17,8%; Relatives Risiko = R: 2,6) und Zwei-Kammer-ICD (14,1%; RR: 2), gefolgt von Operateuren mit weniger als 50 Eingriffen pro Jahr (13,8%; RR: 1,9) und Zentren mit weniger als 750 Implantationen pro Jahr (8,6-11,2%; RR: 1,5-2) sowie bei Operationen außerhalb der normalen Arbeitszeiten (11,8%; RR: 1,5). Viele Implantationen in einem Zentrum bzw. bei einzelnen Operateuren, scheint also der wichtigste Faktor für seltenere Komplikationen zu sein. Faktoren bei Patienten, die mit Komplikationen assoziiert sind, waren weibliches Geschlecht (10,7%; RR: 1,3) und ein BMI < 18,5 (14,7%; RR: 1,5). Zweiteingriffe zum System-Upgrade oder Sondenrevisionen waren ebenfalls mit einem erhöhten Komplikationsrisiko assoziiert (14,8%; RR: 1,3).

Die unerwartet hohe Komplikationsrate erklären die Autoren mit dem Real-Life-Szenario, das – anders als in randomisierten Studien – die Ergebnisse unselektierter Patienten und Operateure wiedergibt. Außerdem stützten sich die meisten Register auf die Berichte aus den Implantationszentren. Das garantiere keine gute Qualität der Daten (keine systematische Nachuntersuchung, kein externes Monitoring, Underreporting).

Fazit: Nach einem nationalen dänischen Register sind Herzschrittmacher-Operationen mit einem viel höheren Komplikationsrisiko verbunden als bislang angenommen (4,2% Minor- und 5,5% Major-Komplikationen). Besonders die Implantation komplexer Schrittmachersysteme sowie weniger erfahrene Operateure sind mit häufigeren Komplikationen assoziiert. Diese Beobachtungen unterstreichen, dass unabhängige nationale und regionale Qualitätsregister nötig sind. Die Ergebnisqualität muss öffentlich zugänglich sein, damit Patienten und zuweisende Ärzte sich entscheiden können. Generell ist auf eine sehr sorgsame Indikation zu achten, insbesondere bei komplexen Schrittmachersystemen. Im deutschen Herzschrittmacher-Register fehlen leider systematisch erhobene Daten zur Häufigkeit von Komplikationen im Verlauf (3).

Literatur

  1. Kirkfeldt,R.E., et al.: Eur. Heart J. 2014, 35, 1186. Link zur Quelle
  2. AMB2012, 46, 37a. Link zur Quelle
  3. http://www.pacemaker-register.de/pdf/zentralregister_herzschrittmacher_bericht12_teil1.pdf Link zur Quelle