Obwohl für die Injektion von Adrenalin bei der kardiopulmonalen Reanimation (CPR) ein Überlebensvorteil bisher nicht sicher nachgewiesen ist (1), wird es in den aktuellen Leitlinien nach wie vor als Standardmedikament für die CPR empfohlen (2). Alternativen zu Katecholaminen gibt es kaum. Vasopressin brachte nach anfänglich positiven Mitteilungen im Vergleich mit Adrenalin letztlich keinen Vorteil (3, 4). Patienten mit Asystolie haben eine besonders schlechte Prognose. Eine korrekt durchgeführte, kreislaufwirksame Thoraxkompression ist die wirksamste Maßnahme, die jeder Ersthelfer beherrschen sollte. Auf die technisch schwierige und fehleranfällige Beatmung kann seit der letzten Änderung der Leitlinien 2010 bei der Reanimation durch Laien verzichtet werden.
Adrenalin ist ein sehr potenter, peripherer Vasokonstriktor mit vasodilatierender Wirkung an den Koronarien. Daraus resultiert ein höherer koronarer Perfusionsdruck, der für eine erfolgreiche Wiederbelebung entscheidend sein kann (5). Allerdings beeinträchtigt es die zerebrale Mikrozirkulation und begünstigt ventrikuläre Tachykardien. 2012 haben wir über eine japanische Studie berichtet (1), in der Patienten mit Kreislaufstillstand ohne oder mit Adrenalin intravenös behandelt wurden. Allerdings wurde bei diesen Patienten nicht differenziert, ob zu Beginn der Reanimation Kammerflimmern, Asystolie oder eine pulslose elektrische Aktivität (elektrischer Herzrhythmus ohne tastbaren Karotispuls = PEA) vorlag. In diesem gemischten Kollektiv hatte sich zwar ein Vorteil für Adrenalin ergeben im Hinblick auf die Wiederherstellung der Zirkulation während der Reanimation, das Überleben nach vier Wochen war aber signifikant geringer (1).
Nach den geltenden Leitlinien wird bei einem Kreislaufstillstand mit Asystolie oder PEA empfohlen, schnellstmöglich 1 mg Adrenalin intravenös oder intraossär zu injizieren und diese Dosis alle drei bis fünf Minuten zu wiederholen. Bei einem Kreislaufstillstand mit elektrisch behandelbaren Rhythmusstörungen, wie Kammerflimmern oder pulsloser ventrikulärer Tachykardie, empfehlen die Leitlinien die erstmalige Injektion von Adrenalin nach dem 3. Elektroschock, gegebenenfalls mit Wiederholung alle drei bis fünf Minuten. Dies gilt besonders für Patienten, bei denen der Kreislaufstillstand beobachtet wurde. Bei aufgefundenen Patienten mit Kammerflimmern kann Adrenalin auch früher, also vor der 3. Defibrillation intravenös injiziert werden.
Im BMJ erschien jetzt eine retrospektive Multicenter-Studie, in der Verläufe von stationären Patienten mit Kreislaufstillstand bei nicht mit Elektroschock behandelbaren Rhythmusstörungen analysiert wurden (6). Grundlage der Daten war die „Get With The Guidelines-Resuscitation database” der American Heart Association (AHA) aus den Jahren 2000 bis 2009. Eingeschlossen wurden 119.978 Erwachsene, die in insgesamt 570 Kliniken der USA einen Kreislaufstillstand in der Klinik mit nicht elektrisch behandelbaren Rhythmusstörungen erlitten hatten. Bei 55% lag initial eine Asystolie vor, bei 45% eine pulslose kardiale elektrische Aktivität. Ausgeschlossen wurden Patienten mit Reanimationen, die sich in Akutbereichen ereignet hatten, wie Rettungsstellen, chirurgischen Abteilungen oder Intensivstationen. Auch Patienten mit wiederholtem Kreislaufstillstand im Verlauf wurden ausgeschlossen. Ausgewertet wurden schließlich 25.095 Patienten (Altersdurchschnitt 72 Jahre, 57% männlich). Der primäre Endpunkt war das Überleben mit Entlassung aus dem Krankenhaus. Sekundäre Endpunkte waren anhaltende Kreislaufstabilität (ROSC = Return Of Spontaneous Circulation), Überleben länger als 24 Std. und Überleben mit gutem neurologischem Ergebnis bei Entlassung aus dem Krankenhaus. Dies entsprach den Kategorien 1 und 2 der 5 Punkte umfassenden Cerebral Performance Category scale (CPC 1-5; 7).
Die eingeschlossenen Patienten hatten im Median innerhalb von 3 Min. die erste Dosis Adrenalin erhalten (interquartile range: 1-5 Min.). Im Median wurden insgesamt 3 mg Adrenalin injiziert. Je größer das Zeitintervall vom diagnostizierten Kreislaufstillstand bis zur ersten Injektion war, desto schlechter war das Überleben bzw. das neurologische Ergebnis. Im Vergleich zu den Referenzgruppen ergab sich eine adjustierte Odds Ratio (OR) von 1,0 für das Überleben nach Applikation innerhalb von 3 Minuten (OR: 0,91 für 4-6 Min., 0,74 für 7-9 Min. und 0,63 für > 9 Min.). Für Injektionen nach mehr als 6 Minuten war der Unterschied hoch-signifikant (p < 0,001). Die Hälfte der Patienten erhielt die erste Injektion nach mehr als 3 Min. ab Beginn der Reanimation. Bei 49% der reanimierten Patienten konnte ein stabiler Kreislauf etabliert werden, 27% überlebten 24 Std., und 10% konnten aus dem Krankenhaus entlassen werden. Nur 7% der Reanimierten hatten kein relevantes neurologisches Defizit bei Entlassung. Für ein Überleben mit gutem neurologischem Ergebnis war die Zeit bis zur Injektion von Adrenalin entscheidend: eine Chance von 12% nach Injektion innerhalb von 3 Min., 10% nach 4-6 Min., 8% nach 7-9 Min. und 7% nach > 9 Min.
Fazit: Daten aus einem US-amerikanischen Register bestätigen erneut, dass der Erfolg einer Reanimation ein Wettlauf mit der Zeit ist und dass Patienten mit Asystolie eine extrem schlechte Prognose haben, selbst bei einem Kreislaufstillstand in einer Klinik. Während eine frühere Studie keinen Überlebensvorteil durch Injektion von Adrenalin im Rahmen der Reanimation gezeigt hat, fand eine neue Registerstudie zumindest einen Vorteil bei Patienten mit Asystolie oder pulsloser elektrischer kardialer Aktivität. Die erste Dosis Adrenalin sollte bei diesen Patienten so schnell wie möglich injiziert werden, um die Chance wahrzunehmen, das neurologische Defizit zu minimieren.
Literatur
- Hagihara, A., et al.:JAMA 2012, 307, 1161 Link zur Quelle . AMB 2012, 46, 27. Link zur Quelle
- Neumar,R.W., et al.: Circulation 2010, 122 (18. Suppl.), S729. Link zur Quelle
- Aung, K., und Htai,T.: Arch. Intern. Med. 2005, 165, 17. Link zur Quelle
- AMB 2004, 38,43 Link zur Quelle . AMB 2008, 42, 33. Link zur Quelle
- Paradis,N.A., et al.: JAMA 1991, 265, 1139. Link zur Quelle
- Donnino,M.W., et al.: BMJ 2014, 348, g3028. Link zur Quelle
- Edgren,E., et al.: Lancet 1994, 343, 1055. Link zur Quelle