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Zu Therapie und Prophylaxe des paroxysmalen Vorhofflimmerns

In einer Untersuchung von G. Cotter et al. aus Israel (1) wurden 100 Patienten (Durchschnittsalter 68 Jahre) mit seit weniger als 48 Stunden bestehendem Vorhofflimmern randomisiert mit Plazebo oder i.v. mit Amiodaron (Cordarex) behandelt. Amiodaron wurde hochdosiert (125 mg/h über 24 Stunden; insgesamt 3 g) verabreicht. Patienten der Plazebo-Gruppe, bei denen das Vorhofflimmern nach 24 Stunden noch persistierte, erhielten ebenfalls Amiodaron. Alle Patienten mit einer peripheren Pulsfrequenz über 100/min erhielten zusätzlich initial 2 mal 0,5 mg Digoxin i.v. zur Senkung der Herzfrequenz.

Die Ausgangsdaten beider Gruppen waren gleich. Es fand sich bei etwa 30% der Patienten ein echokardiographisch vergrößerter linker Vorhof (> 45 mm). 12% bzw. 18% der Patienten hatten eine Ejektionsfraktion < 45%. In beiden Gruppen kam es zu keinen ernsten unerwünschten Wirkungen. Nach 24 Stunden waren von den jeweils 50 Patienten pro Gruppe 32 (64%) unter Plazebo und 46 (92%) unter Amiodaron in einen Sinusrhythmus konvertiert (p = 0,002). In der Plazebo-Gruppe kam es bei 29 der 32 Patienten (91%) innerhalb von 8 Stunden zur spontanen Konversion. Ähnlich fanden sich 31 Konversionen unter Amiodaron in den ersten 8 Stunden und weitere 15 Konversionen zwischen der 8. und 24. Stunde. Von den 18 Patienten der Plazebo-Gruppe mit nach 24 Stunden noch persistierendem Vorhofflimmern konvertierten 15 (83%) nach Beginn der Amiodaron-Therapie. Insgesamt 7 Patienten konvertierten nicht spontan oder unter Medikation und hatten chronisches Vorhofflimmern nach 4 Wochen. Davon gelang bei 3 Patienten auch nicht der Versuch einer elektrischen Kardioversion; 4 Patienten wurden initial erfolgreich elektrisch kardiovertiert, erlitten aber ein Rezidiv. Diese Studie belegt die häufige Spontankonversion bei paroxysmalem Vorhofflimmern und die additive Wirksamkeit und gute akute Verträglichkeit von hochdosiertem Amiodaron. Basierend auf ihren Ergebnissen empfehlen die Autoren ein zweistufiges Vorgehen bei paroxysmalem Vorhofflimmern: Frequenzkontrolle und Abwarten einer Spontankonversion innerhalb der ersten 8 Stunden. Medikamentöse Kardioversion mit hochdosiertem Amiodaron nach 8 Stunden, insbesondere bei älteren Patienten mit reduzierter Ejektionsfraktion und dilatiertem linken Vorhof. Vor der Gabe von Amiodaron muß aber – nicht nur bei dieser Indikation – die Funktion der Schilddrüse bekannt sein. Daher wird bei Vorhofflimmern, das nicht länger als 48 Stunden besteht, in unserer Übersicht (s.AMB 2000, 34, 89) die elektrische Kardioversion vorgeschlagen.

Zur Frage der optimalen Rezidivprophylaxe bei rekurrierendem paroxysmalem Vorhofflimmern wurden kürzlich die Ergebnisse des Canadian Trial of Atrial Fibrillation publiziert (2). Multizentrisch wurden 403 Patienten eingeschlossen, bei denen in den letzten 6 Monaten mindestens eine Episode von Vorhofflimmern aufgetreten war oder aktuell bestand. Bei Studienbeginn befanden sich 63% der Patienten im Sinusrhythmus, 37% hatten Vorhofflimmern. Die mittlere linke Vorhofgröße betrug 41 mm; nur 12% der Patienten hatten eine Ejektionsfraktion < 50%. In einem offenen Design wurden randomisiert 201 Patienten in Gruppe 1 mit Amiodaron (Cordarex u.a.) behandelt; 202 Patienten in Gruppe 2 wurden ein zweites Mal randomisiert, um festzulegen, ob sie initial Sotalol (Sotalex u.a.) oder Propafenon (Rytmonorm u.a.) erhalten sollten. Hatte das erste Medikament keinen Erfolg, wurde das zweite verordnet. Amiodaron wurde in den ersten 14 Tagen mit täglich 10 mg/kg dosiert, danach 4 Wochen lang mit 300 mg/d und schließlich mit einer Erhaltungsdosis von 200 mg/d. Die Dosierungen von Sotalol waren in Abhängigkeit von Alter und Nierenfunktion 3 mal 80 mg bis 2 mal 160 mg/d, die von Propafenon 3 mal 150 mg bis 2 mal 300mg/d.

Patienten, die bei Einschluß in die Studie Vorhofflimmern hatten, wurden initial antikoaguliert und, wenn nach medikamentöser Aufsättigung das Vorhofflimmern noch persistierte, innerhalb von 21 Tagen elektrisch kardiovertiert. Eine elektrische Kardioversion nach Aufsättigung mußte bei 44 Patienten unter Amiodaron und bei 63 Patienten unter Sotalol/Propafenon vorgenommen werden.

Nach einer mittleren Nachbeobachtung von 16 Monaten trat bei 71 der mit Amiodaron behandelten Patienten (35%) das Vorhofflimmern wieder auf; unter Sotalol oder Propafenon waren es 127 (63%). Die Wahrscheinlichkeit, während eines Jahres ohne Rezidiv im Sinusrhythmus zu bleiben, betrug 69% in der Amiodaron-Gruppe und 39% in der Sotalol/Propafenon-Gruppe (p = 0,001). In Gruppe 2 fand sich kein Unterschied zwischen Sotalol und Propafenon. Wegen unerwünschter Wirkungen wurde bei 18% der Patienten unter Amiodaron und bei 11% der Patienten unter Sotalol oder Propafenon die Behandlung abgebrochen (p = 0,06). Ein Patient unter Propafenon mußte wegen einer Torsade de Pointes reanimiert werden. Bei 2 Patienten mußte Amiodaron wegen beginnender Lungentoxizität abgesetzt werden. Die Autoren unterstreichen in der Diskussion die Überlegenheit von Amiodaron gegenüber Sotalol/Propafenon und weisen auf die bessere Verträglichkeit von Amiodaron im Vergleich zu früheren Studien hin, bei denen Tagesdosen von 300-400 mg gegeben worden waren. Besonders bei Patienten mit frühen Rezidiven und struktureller Herzkrankheit erscheint ein früher Einsatz von Amiodaron sinnvoll, wenn man überhaupt rhythmisierend behandeln will (s.a. AMB 2000, 34, 89).

In einer weiteren Studie gingen A. Capucci et al. der Frage nach, ob Amiodaron bzw. eine Kalium-Glukose-Infusion die Wirksamkeit der elektrischen Kardioversion bei chronischem Vorhofflimmern erhöhen (3). Als eine Ursache der bei bereits länger bestehendem Vorhofflimmern seltenen Konversion gilt das sogenannte elektrische Remodeling mit einer Senkung der atrialen Refraktärzeit und einer konsekutiven Depletion von energiereichen Phosphaten und von Kalium. Amiodaron verlängert als Klasse-III-Antiarrhythmikum die atriale Refraktärzeit, die Infusion von Kalium-Glukose-Insulin modifiziert die diastolische Depolarisation. Für die Untersuchung wurden 92 Patienten (mittleres Alter 59 Jahre) mit seit mehr als 2 Wochen (im Mittel 17 Wochen) bestehendem Vorhofflimmern vor geplanter elektrischer Kardioversion in 3 Gruppen randomisiert. In Gruppe 1 (31 Patienten) wurde vor der elektrischen Kardioversion ein Monat lang mit 400 mg Amiodaron/d vorbehandelt und in Gruppe 3 mit Diltiazem (= 180 mg/d). Gruppe 2 erhielt einen Monat lang Diltiazem und eine Glukose-Kalium-Insulin-Infusion 24 Stunden vor der Kardioversion. Nach erfolgreicher Kardioversion erhielt Gruppe 1 Amiodaron (200 mg/d), die Gruppen 2 und 3 wurden mit Diltiazem weiterbehandelt. Die elektrische Kardioversion wurde mit vergleichsweise niedriger Energie versucht (beginnend mit 50 Joule, dann in 50-Joule-Stufen ansteigend bis maximal 360 Joule).

Zum Zeitpunkt der geplanten elektrischen Kardioversion waren bereits 8 Patienten in Gruppe 1 (25%) konvertiert, hingegen nur zwei Patienten (6%) bzw. ein Patient (3%) in Gruppe 2 bzw. 3 (p = 0,005). Die elektrische Kardioversion war dann bei 20 von 23 verbliebenen Patienten in Gruppe 1 (87%), 17 Patienten in Gruppe 2 (58%) und 19 Patienten in Gruppe 3 (65%) erfolgreich (p = 0,05). Die verabreichte Energie zur Kardioversion war in Gruppe 2 am geringsten. Zwei Monate später befanden sich 69% der Patienten in Gruppe 1 noch im Sinusrhythmus, hingegen nur 44% bzw. 48% in Gruppe 2 bzw. 3. Die Autoren ziehen den Schluß, daß Amiodaron die Effektivität der elektrischen Kardioversion bei chronischem Vorhofflimmern deutlich steigert ohne daß eine höhere Energie zur Kardioversion benötigt wird.

Diese kleine Untersuchung zeigt, daß Amiodaron die Wirksamkeit einer elektrischen Kardioversion bei bereits mehrere Monate lang bestehendem Vorhofflimmern signifikant verbessert. In einem begleitenden Editorial wird auf die kleine Patientenzahl der Studie hingewiesen und nochmals die Frage nach der Dauer der nachfolgenden Rezidivprophylaxe aufgeworfen (4). Da die meisten Rezidive nach erfolgreicher Kardioversion innerhalb von zwei Monaten auftreten, ist eine frühe Rezidivprophylaxe unumstritten. Danach findet sich jedoch – meist unabhängig von der Art der medikamentösen Behandlung – eine Rezidivrate von 7%/Jahr, so daß auch bei den hier vorliegenden Ergebnissen unklar bleibt, wie lange eine medikamentöse Rezidivprophylaxe fortgeführt werden soll.

Fazit: Bei Patienten ohne Herzinsuffizienz und ohne wesentlich vergrößerten linken Vorhof geht paroxysmales Vorhofflimmern bei etwa zwei Dritteln innerhalb von 24 Stunden spontan wieder in Sinusrhythmus über. Länger anhaltendes Vorhofflimmern kann wirksam und sicher mit höheren Dosen Amiodaron behandelt werden. Zur Rezidivprophylaxe von rekurrierendem Vorhofflimmern ist niedrig dosiertes Amiodaron oral gegeben deutlich wirksamer als Sotalol oder Propafenon. Bei über mehrere Monate persistierendem Vorhofflimmern kann der Erfolg elektrischer Kardioversionsversuche durch eine einmonatige Vorbehandlung mit Amiodaron signifikant verbessert werden. Aber die Toxozität von Amiodaron muß gegen die klinischen Auswirkungen des Vorhofflimmerns abgewogen werden. Der Übersichtsartikel auf S. 89 zeigt, wie sich diese Studien in das Gesamtkonzept der Therapie des Vorhofflimmerns einordnen.

Literatur

1. Cotter, G., et al.: Eur. Heart J. 1999, 20, 1833.
2. Roy, D., et al. (Canadian Trial of Atrial Fibrillation = CTAF): N. Engl. J. Med. 2000, 342, 913.
3. Capucci, A., et al.: Eur. Heart J. 2000, 21, 66.
4. Levy, S.: Eur. Heart J. 2000, 21, 263.