Chronisches Vorhofflimmern erhöht das Risiko arterieller Thromboembolien. Das Embolierisiko ist bei schweren organischen Herzkrankheiten, besonders bei Folgezuständen rheumatischer Erkrankungen der Herzklappen, größer als bei „Lone atrial fibrillation“. Oft herrscht Unsicherheit, ob ältere Menschen mit chronischem oder rezidivierendem Vorhofflimmern antikoaguliert werden sollten (s.a. AMB 1993, 27, 41 u. 1994, 28, 21), da die Nebenwirkungen (Blutungen) einer Antikoagulanzien-Therapie mit normaler Intensität (INR 2,5-3,5) nicht unerheblich sind. Auch Azetylsalizylsäure (ASS) vermindert bei Patienten mit Vorhofflimmern das Risiko arterieller Embolien; jedoch ist es in Studien, die an überwiesenen Patienten in kardiologischen Praxen durchgeführt wurden, offenbar weniger wirksam als eine Standard-Antikoagulanzien-Behandlung. Zu dieser Frage gibt es bisher aber keine speziellen vergleichenden Untersuchungen; nur Untergruppen-Analysen legen die Vermutung nahe, daß im höheren Lebensalter Antikoagulanzien überlegen sind. Somit ist nicht klar, ob ältere Menschen mit Vorhofflimmern (ohne rheumatisch verursachte Vitien) in der Allgemeinpraxis von einer Antikoagulanzien-Therapie mehr profitieren als von der weniger riskanten Behandlung mit ASS. Aus diesem Grund führten B.S.P. HeIlemons et al. aus Maastricht (Holland) an Patienten/innen, die älter als 60 Jahre waren und elektrokardiographisch gesichertes chronisches oder intermittierendes Vorhofflimmern hatten, eine Vergleichsstudie zur Wirksamkeit von 150 mg ASS/d, Standard-Antikoagulanzien-Therapie (INR 2,5-3,5) und sehr niedrig dosierter Antikoagulanzien-Therapie (INR 1,1-1,6) durch (Brit. Med. J. 1999, 319, 958). Verwendet wurden Phenprocoumon (Marcumar u.a.) oder Acenocoumarol. Die Ausschlußkriterien waren zahlreich: früherer Schlaganfall oder Herzinfarkt oder kardiovaskuläre chirurgische Eingriffe, Herzinsuffizienz (linksventrikuläre Ejektionsfraktion < 40%), Vorgeschichte von arteriellen Embolien, Kontraindikationen für die Medikamente, frühere gastrointestinale oder urethrale Blutungen, schwerere Leber- oder Niereninsuffizienz, Herzschrittmacher und eine Lebenserwartung < 2 Jahre. Falls Kontraindikationen für eine Standard-Antikoagulanzien-Therapie gegeben waren (Alter > 78 Jahre, Retinopathie, Magen/Duodenalulzera, Blutungsanamnese und Blutdruck > 185/105 mmHg), wurden die Patienten in einem sog. zweiten Stratum nur zwischen den Möglichkeiten ASS oder niedrig dosierte Antikoagulanzien-Therapie randomisiert. Die Studie wurde von 1990 bis 1996 durchgeführt. Das mittlere Alter der Patienten war 75 Jahre bei Einschluß, die mittlere Beobachtungszeit 2,7 Jahre.
Bei 729 eingeschlossenen Patienten wurden insgesamt 108 kardiovaskuläre „Primärereignisse“ (nicht-tödliche Schlaganfälle, nicht-tödliche arterielle Embolien, vaskuläre Todesfälle insgesamt, schwere Blutungen) registriert (5,5%/Jahr).
Verglichen mit dem Ereignis-Risiko bei Behandlung mit ASS war das Relative Risiko unter niedrig dosierten Antikoagulanzien 0,91 (Vertrauensgrenzen 0,61-1,36) und für die Standard-Antikoagulanzien-Therapie 0,78 (0,34-1,81). Beide Intensitäten der Antikoagulanzien-Therapie waren damit der Behandlung mit 150 mg ASS/d nicht signifikant überlegen. Im Stratum II – Vergleich von ASS mit niedrig dosierten Antikoagulanzien bei Patienten mit Kontraindikationen gegen Standard-Antikoagulanzien-Therapie – ergab sich ebenfalls kein signifikanter Unterschied.
Fazit: In der Allgemeinpraxis ist bei älteren Patienten mit Vorhofflimmern ohne rheumatisch verursachte Vitien oder andere schwere Herzerkrankungen Azetylsalizylsäure (150 mg/d) als Thromboembolie-Prophylaxe ausreichend und der aufwendigeren Therapie mit Antikoagulanzien nicht unterlegen.