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Leserbrief: Antithrombotische Tripeltherapie

Dres. G.E. und H.W. aus Bremen schreiben (stark gekürzt): >> In Ihrem Artikel zur antithrombotischen Tripeltherapie nach akutem Koronarsyndrom bei Patienten mit oraler Dauerantikoagulation (1) wird suggeriert, die generelle Bevorzugung direkter oraler Antikoagulanzien (DOAK) vor Vitamin-K-Antagonisten (VKA) bei Vorhofflimmern (VHF) sei leitliniengerecht. Das mag für die ESC-Leitlinie gelten, allerdings haben die AkdÄ und die DEGAM hierzu divergierende Leitlinien-Empfehlungen ausgesprochen (2, 3). Zur Frage der antithrombotischen Therapie bei VHF und NSTEMI empfiehlt die DEGAM-Leitlinie nicht den regelhaften Einsatz von DOAK in Kombination mit Clopidogrel.

Die zitierten, methodisch übrigens durchweg kritikwürdigen Studien waren sämtlich auf den Sicherheits-Endpunkt „schwere plus relevante, aber nicht-schwere Blutungen“ angelegt. Dabei fand sich kein Vorteil für Edoxaban im Vergleich zu Warfarin, und die schweren Blutungen waren unter Rivaroxaban auch nicht seltener als unter Warfarin und unter Apixaban und Dabigatran, nur um etwa 2%. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass in den Vergleichsgruppen mit Tripel-Therapie unter Einbezug von Warfarin ein INR-Wert von 2,0-3,0 und nicht, wie in allen internationalen Leitlinien in dieser Situation empfohlen, von 2,0-2,5 angestrebt wurde. Insofern entsprach die Vergleichstherapie nicht dem aktuellen Standard und stellt bezüglich Blutungskomplikationen einen unfairen Vergleich zu Ungunsten von Warfarin dar. Unseres Erachtens sollte eine Tripel-Therapie mit ASS, Clopidogrel und VKA weiterhin als Standard in der Behandlung antikoagulierter Patient(inn)en mit akutem Koronarsyndrom gelten. <<

Antwort: >> Zum Thema der allgemeinen Bevorzugung von DOAK gegenüber VKA bei Patienten mit nicht-valvulärem VHF hat die AkdÄ in ihrem letzten Statement im Jahre 2019 eine individuelle Entscheidung ohne pauschale Bevorzugung einer Antikoagulanziengruppe empfohlen, und zwar abhängig von klinischer Gesamtsituation, Komorbiditäten, Begleitmedikation und Patientenwunsch (3). In der Praxis haben sich die DOAK gegenüber den VKA bei der Indikation „nicht-valvuläres VHF“ inzwischen durchgesetzt. Das Verordnungsverhältnis betrug im Jahr 2019 6,5:1 (4). Die Gründe hierfür liegen sicherlich nicht in der Evidenz aus Studien. Daher sind Ihre Hinweise auf die weiterhin unbefriedigende Beweislage wichtig und entsprechen auch unserer Sichtweise (5). Zugleich sind wir aber nicht sehr zuversichtlich, dass dieses Rad zurückgedreht werden kann.

Hinsichtlich der Frage einer antithrombotischen Zweifach- oder Dreifachtherapie merken Sie richtigerweise an, dass die Ergebnisse fast aller Studien zur dualen antithrombotischen Therapie ohne ASS (DAT) methodische Einschränkungen hinsichtlich der Vergleichsgruppen haben:

1. überwiegend Vergleich mit der klassischen dreifachen antithrombotischen Tripeltherapie, bestehend aus VKA, Clopidogrel, ASS mit kritikwürdigen INR-Zielwerten;

2. kein Vergleich mit DAT, bestehend aus VKA plus Clopidogrel, kein Vergleich mit einer Tripeltherapie, bestehend aus DOAK plus Clopidogrel plus ASS. Eine Ausnahme ist hier die AUGUSTUS-Studie mit ihrem 2 x 2-faktoriellen Design (6).

In allen Studien wurden Blutungen als primäre (Sicherheits-) Endpunkte und ischämische Ereignisse lediglich als sekundäre (Effektivitäts-) Endpunkte untersucht. Wir haben mehrfach und kritisch über alle diese Studien berichtet und dabei stets eine bessere Evidenzlage eingefordert, besonders hinsichtlich der Effektivitätsendpunkte (7).

Letztlich gilt aber auch bei dieser Frage, dass die jeweiligen Ausgangssituationen der Patienten oft sehr unterschiedlich sind. Die Entscheidung über Zahl, Dosierung und Anwendungsdauer der antithrombotischen Arzneimittel muss daher individualisiert erfolgen, und zwar nach Abschätzen der Risiken für Stent-Thrombose, Blutung und arterielle Thromboembolie. Wir haben diese Problematik 2019 ausführlich beschrieben und resümiert, dass sie behandelnde Ärzte, Leitlinienautoren und Patienten vor neue Herausforderungen stellt (8). <<

Literatur

  1. AMB 2020, 54, 89. Link zur Quelle

  2. https://tinyurl.com/ygbs38qh Link zur Quelle

  3. https://www.akdae.de/Arzneimitteltherapie/LF/PDF/OAKVHF.pdf Link zur Quelle

  4. https://www.iqvia.com/-/media/iqvia/pdfs/cese/germany /publikationen/flashlight/newsletter-flashlight-77- iqvia-022020.pdf Link zur Quelle

  5. AMB 2019, 53, 81 Link zur Quelle . AMB 2018, 52, 41. Link zur Quelle

  6. Lopes, R.D., et al. (AUGUSTUS): N. Engl. J. Med. 2019, 380, 1509. Link zur Quelle Vgl. AMB 2019, 53, 81 Link zur Quelle . AMB 2018, 52, 41. Link zur Quelle

  7. AMB 2017, 51, 17 Link zur Quelle . AMB 2017, 51, 94 Link zur Quelle . AMB 2017, 51, 94. Link zur Quelle

  8. AMB 2019, 53, 81. Link zur Quelle