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Neue Arzneimittel 2007

Zusammenfassung: Im Jahr 2007 sind 31 Arzneimittel neu zugelassen worden. Davon hatten 17 eine neuartige Struktur oder ein neuartiges Wirkprinzip, bei fünf waren Pharmakokinetik oder Pharmakodynamik verbessert und fünf waren Analogpräparate ohne Innovation und Zusatznutzen. Lumiracoxib musste im gleichen Jahr wegen Lebertoxizität wieder vom Markt genommen werden. Bei Vareniclin ergaben sich Hinweise auf gefährliche psychiatrische UAW. Trotzdem ist bei den Neuzulassungen des Jahres 2007 nicht die Arzneimittelsicherheit das Hauptproblem, sondern – wie schon im Vorjahr – die zum Teil extrem hohen Preise. Viele der teuren Medikamente haben ihre Indikation bei seltenen Krankheiten (Orphan Drugs), andere bei häufigen (Exenatid, HPV-Impfstoff, Ranibizumab). Die Preise spielen bei der Zulassung in Deutschland keine Rolle. Das muss sich dringend ändern.

Im Juli 2008 ist der neue Arzneiverordnungs-Report erschienen (1). Er berichtet wie alljährlich über das Verordnungsverhalten der Ärzte zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) im Jahr zuvor.

Insgesamt stiegen die Arzneimittelausgaben im Jahr 2007 um 6,7% auf 27,8 Mrd. €. Die Zahl der Verordnungen hat zugenommen, und es wurden teurere Arzneimittel und größere Packungen verordnet. Zum Anstieg der Kosten trugen aber auch die Erhöhung der Mehrwertsteuer von 16% auf 19% bei, die auch für Arzneimittel gilt, und die Übernahme der Kosten für Schutzimpfungen in den Leistungskatalog der GKV.

Bei der Betrachtung einzelner Marktsegmente entsteht allerdings der Eindruck, dass auch preisbewusster und daher preiswerter verordnet wird. So wurde z.B. im Bereich des „generikafähigen” Marktes mehr verordnet. Im Jahre 2000 waren es 63%, demgegenüber im Jahr 2007 75%. Im selben Zeitraum gingen auch die Kosten für die Verordnungen „umstrittener Arzneimittel” von 163 Mio. auf 42 Mio. € zurück. Der Umsatz von ”Me too”- oder Analog-Präparaten nahm im gleichen Zeitraum zwar deutlich zu (von 2,5 Mrd. € auf 4,9 Mrd. €), aber es wurden infolge der Festpreisregelung, die diese Präparate deutlich verbilligt, preisgünstigere Arzneimittel verordnet.

Es könnte jedoch noch preisbewusster verordnet werden. 1,3 Mrd. € wären zu sparen, wenn regelmäßig die preisgünstigsten Arzneimittel der jeweiligen Gruppe gewählt würden, etwa Omeprazol statt Pantoprazol, Morphin statt Oxycodon, Carbamazepin statt Pregabalin oder Bisoprolol statt Metoprolol. Würde das jeweils preisgünstigste Generikum ausgewählt, könnten weitere 995 Mio. € gespart werden. Offenbar halten es viele Ärzte noch immer nicht für ihre Aufgabe, sich um Arzneimittelpreise zu kümmern. Zu hohe Preise sind doch die häufigste „unerwünschte Wirkung” von Arzneimitteln!

Bei den neuen Arzneimitteln des Jahres 2007 fällt auf, dass sieben Substanzen für seltene Krankheiten zugelassen worden sind und dass die Preise für diese Arzneimittel extrem hoch sind (2). Würden die elf teuersten Medikamente, die im Jahr 2007 zugelassen wurden, regelmäßig bei der Indikation eingesetzt, die in der Zulassung genannt ist, müssten etwa 12 Mrd. € zusätzlich veranschlagt werden, allein für Ranibizumab (Lucentis®) fast 9 Mrd. €. Das ist bezeichnend für die rücksichtslose und leider unkontrollierte Preispolitik der Hersteller. Auf diese Weise sollen offenbar finanzielle Einbußen durch Marktsättigung und Preisverfall bei den Medikamenten gegen die Volkskrankheiten wettgemacht werden.

Im folgenden sind die neuen Arzneimittel des Jahres 2007 aufgelistet. Für jedes Medikament ist, wie im Arzneiverordnungs-Report üblich, die Bewertung nach Fricke angegeben: A = Innovative Struktur mit therapeutischer Relevanz; B = Verbesserung pharmakodynamischer oder pharmakokinetischer Eigenschaften; C = Analogpräparat mit keinen oder nur geringen Unterschieden; D = nicht ausreichend gesichertes Wirkprinzip oder unklarer therapeutischer Stellenwert. Die Preise (in €) pro WHO-definierter mittlerer Tagesdosis (DDD) sind ebenfalls dem Arzneiverordnungs-Report 2008 entnommen.

Abatacept (Orencia®) wurde, in Kombination mit Methotrexat, zur i.v. Behandlung von Patienten mit Rheumatoider Arthritis zugelassen, die auf andere Remission-induzierende Arzneimittel, auch TNF-Antagonisten (Eternacept, Infliximab, Adalimumab) nicht ansprechen. Es handelt sich um einen sehr komplexen Eiweißkörper, der die Stimulation der T-Lymphozyten bremst. Aktivierte T-Lymphozyten spielen eine besondere Rolle in der Pathogenese der Rheumatoiden Arthritis. In den Zulassungsstudien führte bei Patienten, die auf Methotrexat bzw. Infliximab nicht ansprachen, die Behandlung mit Abatacept nach 6 bzw. 12 Monaten zu deutlich positiven klinischen Effekten. Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) sind Infusionsreaktionen und im weiteren Verlauf schwere Infektionen. In einer mit Infliximab (3) vergleichenden Untersuchung war die Wirksamkeit ähnlich, das UAW-Profil vielleicht etwas günstiger. Eine abschließende klinische Einordnung des neuartigen teuren Arzneimittels ist noch nicht möglich.

Bewertung: A; Kosten pro WHO definierter Tagesdosis (DDD): 59,56 €.

Aliskiren (Rasilez®) ist der erste zur Behandlung der arteriellen Hypertonie zugelassene Renininhibitor. Wir haben die Substanz kritisch besprochen (4). Es fehlen Langzeitstudien. Die Therapiekosten sind vergleichsweise hoch (vgl. 5).

Bewertung: A/C; DDD: 1,00 €. Zum Vergleich: Valsartan (Diovan®, Provas®, Cordinate®) ~ 0,65 €, Ramipril Hexal® 0,07 €.

Anidulafungin (Ecalta®) ist nach Caspofungin der zweite Vertreter der Echinocandine, der zur Behandlung der invasiven Candidiasis bei erwachsenen, nicht neutropenischen Patienten zugelassen wurde. In vergleichenden klinischen Studien mit Fluconazol (vgl. 6) ergaben sich bei ähnlichem UAW-Profil keine überzeugenden Hinweise für eine bessere Wirksamkeit von Anidulafungin.

Bewertung: C; DDD: 583,77 €. Zum Vergleich: Fluconazol Hexal® 65,27 €.

Betain (Cystadane®) ist ein lange bekanntes, jetzt als Orphan drug zugelassenes Präparat (2) zur Behandlung der seltenen, genetisch bedingten Hyperhomozystinämie und Homozystinurie (verzögerte geistige Entwicklung, Augenlinsen-Luxationen, frühe Arteriosklerose und Osteoporose).

Bewertung: A; DDD: 21,24 €.

Cilostazol (Pletal®) wurde zugelassen zur Förderung der arteriellen Durchblutung bei Claudicatio intermittens. Die schmerzfreie Gehstrecke verlängert sich unter der Behandlung nicht mehr als unter Naftidrofuryl, aber deutlich weniger als bei systematischem Gehtraining (7).

Bewertung: C; DDD: 2,50 €. Zum Vergleich: Naftidrofuryl 1,18 €.

Darunavir (Prezista®) ist ein neuartiger Proteaseinhibitor zur Behandlung von HIV-Infektionen. Er bewirkte in einer Studie mit mehrfach vorbehandelten Patienten ein besseres virologisches Ansprechen als in der Proteaseinhibitor-Kontroll-Gruppe. Ob die beobachtete Reduktion der Viruslast auch zu Verbesserungen harter klinischer Endpunkte führt, kann nur durch Studien mit mehr Patienten und längerem Beobachtungszeitraum entschieden werden (8).

Bewertung: B; DDD: 32,67 €. Zum Vergleich: Tripranavir (Aptivus®) 39,90 €.

Eculizumab (Soliris®) ist ein humanisierter monoklonaler Antikörper gegen das Komplementprotein C5 zur Behandlung der paroxysmalen nächtlichen Hämoglobinurie. Es ist als Orphan drug zugelassen (2). In klinischen Studien konnte eine effektive Senkung von Transfusionsbedarf und Thromboembolierate nachgewiesen werden. Problematisch sind die enorm hohen Therapiekosten. Die Tagesdosis (300 mg) kostet 5.736,10 €, die Dauertherapie (900 mg alle 14 Tage) 448.645 €/Jahr. Für die 1300 Patienten, die es in Deutschland gibt, entstehen also Kosten von etwa 580 Mio. €.

Bewertung: A; DDD: 5.736,10 €.

Epoetin delta (Dynepo®) ist ein weiterer Erythropoese-stimulierender Wirkstoff, der sich im Herstellungsverfahren (menschliche Hautzelllinie) gegenüber den Epoetinen alfa und beta unterscheidet. Epoetin delta ist zur Behandlung der renalen Anämie zugelassen. Klinische Studien zeigten eine vergleichbare Wirksamkeit und Sicherheit mit Epoetin alfa. Wir sind auf die Problematik dieser Stoffgruppe ausführlich eingegangen (9). Epoetin delta ist etwas preisgünstiger als die anderen Erythropoese-stimulierenden Referenzarzneimittel, aber teurer als die kürzlich zugelassen biosimilaren Arzneimittel.

Bewertung: C; DDD: 11,47 €. Zum Vergleich: Epoetin alfa (Erypo®) 15,17 €.

Eptotermin alfa (Osigraft®) ist ein Protein, das die Knochenneubildung bei Patienten mit Pseudarthose, z.B. nach Tibiafraktur, anregt. Es ist ebenso wirksam wie eine Knochentransplantation, aber teurer.

Bewertung: A/C; Einmalige Gabe 5.402,72 €.

Exenatid (Byetta®) ist ein Inkretin-Analogon. Es hat eine dem Glucagon-like peptide-1 des Dünndarms ähnliche Wirkung. Es ist zugelassen zur Behandlung von Typ-2-Diabetikern, die auf orale Antidiabetika (OA) nicht ausreichend ansprechen. Wir haben das Medikament kritisch besprochen (10). Mittlerweile ist als UAW auch über akute Pankreatitis berichtet worden (11). Ein weiteres Problem sind die Kosten (12). Es gibt in Deutschland etwa 490 000 Typ-2-Diabetiker, die auf OA nicht ausreichend ansprechen. Würden diese alle vor dem Übergang auf Insulin mit Exenatid behandelt, entstünden jährlich Kosten von 730 Mio. € (1), ohne dass ein Zusatznutzen erkennbar ist. Die Preisgestaltung der Hersteller ist dringend kontrollbedürftig.

Bewertung: A/C; DDD: 4,10 €. Zum Vergleich: Actraphane® 1,27 €.

Gadoversetamid (Optimark®) ist ein Kontrastmittel für die Magnetresonanz-Angiographie mit ähnlichen Eigenschaften und UAW wie andere Gadolinium-haltige Kontrastmittel.

Bewertung: C; Preis pro Untersuchung: 79,63 €. Zum Vergleich: Gadovist® 82,30 €, Dotarem® 89,52 €.

Humaner Papillomvirus-Impfstoff Typ 16,18 (Cervarix®). Die Probleme bei der Beurteilung von Wirkungen, UAW und Preis der HPV-Impfung haben wir bei der Zulassung von Gardasil® ausführlich und kritisch diskutiert (12). Auch für Cervarix® gelten die gleichen Überlegungen. Zur Prophylaxe von Genitalwarzen ist es unwirksam.

Bewertung: C; Preis für drei Immunisierungen: 454,41 €. Gardasil® ist gleich teuer.

Idursulfase (Elaprase®) ist eine rekombinante Sulfatase zur Behandlung des Enzymmangels bei einer speziellen Mukopolysaccharidose (Hunter-Syndrom; 2). Die motorischen Symptome (Gehstrecke, Vitalkapazität) werden gebessert, nicht aber die schwere neurologische Symptomatik. Die Therapiekosten betragen 700.000 €/Jahr, so dass für die Behandlung der pro Jahr neun neuen Patienten in Deutschland etwa 6 Mio. € aufgewendet werden müssen.

Bewertung: A; Kosten/Jahr für ein Kind (25 kg): 391.000 €.

Lenalidomid (Revlimid®) ist ein dem Thalidomid chemisch ähnlicher Wirkstoff. Er ist in Kombination mit Dexamethason für die Behandlung von Patienten mit Multiplem Myelom, die mindestens eine vorausgegangene Therapie erhalten haben, zugelassen. Lenalidomid hat stärkere antiangiogenetische und tumorhemmende Wirkungen als Thalidomid, wobei Ergebnisse vergleichender Studien, z.B. mit Thalidomid oder Bortezomib (Velcade®) zur Wirksamkeit und Sicherheit bei Patienten im zugelassenen Anwendungsgebiet, nicht vorliegen. Auf die Ergebnisse klinischer Phase-III-Studien, auf der die Zulassung basiert, werden wir in Kürze ausführlich eingehen. Inzwischen wird Lenalidomid auch in der primären Therapie des Multiplen Myeloms im Rahmen klinischer Studien eingesetzt. Wie Thalidomid hat auch Lenalidomid teratogene Wirkungen (14). Die Einhaltung höchstmöglicher Sicherheitsvorkehrungen und Verschreibung beider Wirkstoffe nur noch über ein sog. T-Rezept (ab 8. Februar 2009) sind deshalb obligatorisch. Die Gesamtüberlebensrate unter dieser Kombinationstherapie betrug in einer Untersuchung 29,6 Monate im Vergleich zu 20,2 Monaten unter der Monotherapie mit Dexamethason. Schwere UAW (Neutropenie, Thromboembolien) waren bei der Kombinationstherapie deutlich häufiger. Ein Nachteil von Lenalidomid ist der gegenüber Thalidomid, aber auch Bortezomib, extrem hohe Preis.

Bewertung: A; DDD: 282,56 € bzw. 103.000 €/Jahr.

Lumiracoxib (Prexige®). Dieser COX-2-Inhibitor wurde am 2.1.2007 zugelassen und wegen seiner Lebertoxizität am 19.11.2007 wieder vom Markt genommen (15).

Maraviroc (Celsentri®) blockiert den Chemokininrezeptor CCR5 und verhindert damit (wie Enfurvitid) den Eintritt des HIV in die Zelle. Es ist angezeigt in Kombination mit anderen antiretroviralen Arzneimitteln zur Therapie vorbehandelter Erwachsener, bei denen ausschließlich CCR5trope Viren nachgewiesen wurden. In den Zulassungsstudien wurde bei den mit Maraviroc behandelten Patienten die Viruslast gesenkt, nicht jedoch die Häufigkeit AIDS-typischer Infektionen. Hepatotoxizität und Interaktionen sind besonders zu beachten.

Bewertung: A; DDD: 36,70 €.

Mecasermin (Increlex®) ist ein rekombinanter humaner Insulin-like growth factor-1 (IGF-1). Er ist zur Behandlung der wenigen Kinder zugelassen, die unter Kleinwuchs und einem Mangel an IGF leiden und bei denen Wachstumshormon nicht wirksam ist (Laron-Syndrom). Typische UAW sind Hypoglykämie, Lipohypertrophie an der Injektionsstelle und Tonsillenvergrößerungen.

Bewertung: A; DDD: 39,09 €.

Methoxy-Polyethylenglykol-Epoetin beta (Mircera®) ist ein weiterer Erythropoese-stimulierender Wirkstoff, der 2007 zur Behandlung der renalen Anämie zugelassen wurde. Durch Pegylierung steigt das Molekulargewicht, und die Wirkdauer wird auf ca. vier Wochen verlängert. Methoxy-Polyethylenglykol-Epoetin beta wird deshalb auch als „Continuous Epoetin Receptor Activator” (C.E.R.A.) bezeichnet, ein Begriff, der angesichts identischer Wirksamkeit und Verträglichkeit wie z.B. Epoetin alfa und beta eher dem Marketing dient und kein neues Wirkprinzip darstellt.

Bewertung: B; DDD: 8,58 €. Zum Vergleich: Epoetin delta (Dynepo®) 11,47 €, Epoetin alfa (Erypo®) 15,17 €.

Nelarabin (Atriance®) ist ein Desoxyguanosin-Analogon zur Behandlung von Patienten mit akuten lymphoblastischen Leukämien bzw. lymphoblastischen Lymphomen der T-Zellen, deren Erkrankung nicht auf die vorangehende Behandlung mit mindestens zwei Chemotherapieschemata angesprochen hat oder rezidiviert ist. Bisher wurde Nelarabin bei Kindern und Erwachsenen mit diesen Erkrankungen nur in unkontrollierten Phase-II-Studien untersucht, so dass der klinische Stellenwert dieses Wirkstoffs nicht sicher beurteilt werden kann.

Bewertung: B; DDD: 625,80 €.

Paliperidon (Invega®), ein atypisches Neuroleptikum, das in Wirkungs- und UAW-Profil dem Risperidon stark ähnelt. Es wird allerdings in einer speziellen Retardform angeboten, die seine terminale Halbwertzeit auf etwa 23 Stunden verlängert. Das hat für die Praxis der Therapie psychisch instabiler Patienten gewisse Vorteile, aber z.B. beim Auftreten von UAW (extrapyramidale Störungen) auch Nachteile.

Bewertung: C; DDD: 7,82 €. Zum Vergleich: Clozapin Hexal® 2,19 €.

Perflutren (Luminity®) ist ein so genanntes lungengängiges Kontrastmittel für die Echokardiographie, dessen Kontrast, wie die anderer Ultraschall-Kontrastmittel, auf umhüllten (Fluorkohlenwasserstoff, Albumin) Mikro-Gasbläschen beruht, die nach der Herzpassage nicht in der Lunge abgeschieden werden. Mit Kontrastmittel waren 74% der Untersuchungen aussagefähig, in der Vergleichsgruppe nur 26%. UAW waren ebenso häufig wie bei Plazebo und anderen diagnostischen Maßnahmen in der Kardiologie. Allerdings mussten andere Perflutren-haltige Kontrastmittel (Optison®, Definity®) nach schweren UAW (auch Todesfällen) bei Patienten mit schweren kardialen Vorerkrankungen in den USA mit einer Sicherheitswarnung („Boxed Warning”) versehen werden bzw. wurden bereits 2005 vorübergehend vom Markt genommen (16).

Bewertung: C; Preis/Anwendung: 107,10 €. Zum Vergleich: Optison® (Albumin) 122,22 €.

Ranibizumab (Lucentis®) ist, wie Bevacizumab (Avastin®), ein Hemmstoff des vaskulären endothelialen Wachstumsfaktors (VEGF) und zur Behandlung der altersbedingten Makuladegeneration zugelassen (17). Ranibizumab ist extrem teuer. Durch einen Rabattvertrag vom Juni 2008 zwischen dem Herstellern Novartis und 15 Allgemeinen Ortskrankenkassen ist das Problem mittlerweile etwas entschärft (18). Nur eine unabhängig finanzierte Untersuchung der Behandlungsergebnisse mit Bevacizumab kann Abhilfe schaffen. Derartige vergleichende Studien sind 2008 begonnen worden. Ergebnisse sind aber erst 2010 zu erwarten.

Bewertung: A; Kosten/Jahr: 18.279 €. Zum Vergleich: Bevacizumab (Avastin®) 266,50 €.

Retapamulin (Altargo®). Ein neues topisches Antibiotikum zur Kurzzeitbehandlung oberflächlicher Hautinfektionen mit grampositiven Keimen. Es wirkt nicht besser als Fucidine Salbe®, ist aber fast doppelt so teuer.

Bewertung: A/C; DDD: 9,15 €. Zum Vergleich: Fucidine® Salbe 4,90 €.

Rufinamid (Inovelon®) ist ein Antiepileptikum, das zur zusätzlichen Behandlung einer besonderen Form der kindlichen Epilepsie (Lennox-Gastaut-Syndrom) als Orphan drug zugelassen worden ist. Es hat dasselbe Profil von Wirkungen und schweren UAW wie die bisher bei solchen Patienten eingesetzten Medikamente (Lamotrigin, Felbamat, Topiramat), ist aber wesentlich teurer.

Bewertung: C; DDD: 17,16 €. Zum Vergleich: Lamotrigin 1,00 €.

Sitagliptin (Januvia®) ist ein Hemmer der Dipeptidylpeptidase. Dieses Enzym baut hormonell aktive Proteine ab, z.B. das Glucagon-like peptide (s. Exenatid). Sitagliptin wird als Tablette eingenommen und ist zur Behandlung von Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 zugelassen, wenn Sulfonylharnstoffe oder Metformin weder allein noch in Kombination den Blutzucker ausreichend senken können (19). In den Zulassungsstudien wurden – wie bei Exenatid – Blutzucker und HbA1c in ähnlicher Weise gesenkt wie bei Behandlung mit Sulfonylharnstoff. Hypoglykämie und Gewichtszunahme waren seltener. Diabetes-typische Endpunkte wie Niereninsuffizienz, Retinopathie und makrovaskuläre Komplikationen konnten natürlich noch nicht untersucht werden. In einer großen vergleichenden Analyse der oralen Antidiabetika war ein Zusatznutzen der Substanz bisher nicht zu erkennen (20). Trotz eines hohen Preises wurde es bereits im ersten Jahr nach der Zulassung sehr häufig verordnet.

Bewertung: A/C; DDD: 2,08 €. Zum Vergleich: Glibenclamid 0,24 €, Glimepirid 0,20 €.

Telbivudin (Sebivo®) ist ein neu zugelassenes Nukleosid-Analogon zur Behandlung der chronischen Hepatitis B, das schneller als Adefovir zu einer Reduktion der HBV-DNA führt. Nach 52 Wochen Behandlung ist der Unterschied jedoch nicht mehr signifikant. Bei der Behandlung der chronischen Hepatitis B mit Nukleosid-/Nukleotid-Analoga sind aber vor allem die Langzeitergebnisse wichtig und zusätzlich nützlich (21).

Bewertung: B; DDD: 17,51 €. Zum Vergleich: Lamivudin 3,96 €.

Temsirolimus (Torisel®) ist ein i.v. zu verabreichender kompetitiver Inhibitor von mTOR (Mammalian Target Of Rapamycin). Mit dem Wirkungsmechanismus von Temsirolimus und den Ergebnissen randomisierter kontrollierter Studien zu neuen Arzneimitteln für die Behandlung des Nierenzellkarzinoms werden wir uns demnächst in einem Hauptartikel beschäftigen (22). Die Kosten sind sehr hoch. Am 5.1.2009 informierte der Hersteller in einem Rote-Hand-Brief über bedrohliche, auch tödliche Zwischenfälle bei der Infusion von Temsirolimus (23).

Bewertung: A; DDD: 158,44 €. Zum Vergleich: Interferon alfa ~ 34,70 €.

Tetrabenazin (Nitoman®) wurde schon vor Jahrzehnten in die Therapie der Chorea Huntington eingeführt (Schweiz, Großbritannien, Irland). Erst 2006 wurde allerdings eine randomisierte Studie veröffentlicht, die zwar eine geringe Wirksamkeit zeigte, aber auch bedenkliche UAW. Bessere, evidenzbasierte Behandlungsalternativen gibt es nicht.

Bewertung: A/C; DDD: 7,30 €.

Trabectedin (Yondelis®) ist ein neuartiges Zytostatikum zur Behandlung von Patienten mit fortgeschrittenem Weichteilsarkom nach Versagen der Standardtherapie mit Anthrazyklinen und Ifosfamid. Ergebnisse zur Wirksamkeit und Sicherheit beruhen auf unkontrollierten Phase-II-Studien, die eine abschließende Beurteilung des therapeutischen Stellenwerts nicht erlauben.

Bewertung: A; Kosten/Jahr: 124.835 €.

Trepostinil (Remodulin®) ist, wie Iloprost, ein Prostaglandin-Analogon, das allerdings nicht inhalativ, sondern s.c. als Infusion angewandt wird zur Behandlung der fortgeschrittenen, primären pulmonalen Hypertonie. Sildenafil, oral anwendbar, und Iloprost sind klinisch äquivalent und sehr viel preisgünstiger.

Bewertung: C; DDD: 658,33 €. Zum Vergleich: Iloprost (Ventavis®) 50,87 €, Sildenafil (Revatio®) 26,16 €.

Vareniclin (Champix®) ist eine weitere Alternative der medikamentösen Hilfe zur Raucherentwöhnung. In seiner Effizienz ist es Bupropion (Zyban®) etwa ebenbürtig (24). Zum Vergleich der Häufigkeit von UAW reichen die vorliegenden Daten nicht aus. Bisher gibt es keine Studie, in der Vareniclin direkt mit der preiswerteren und in verschiedenen Studien etwa ebenso wirksamen Nikotinersatz-Therapie verglichen wird (25). Nach der Zulassung haben Berichte über neuropsychiatrische Symptome wie Depressionen und Suizidgedanken bei Einnahme von Champix® zu Warnhinweisen der FDA, der EMEA und der AkdÄ geführt (25).

Bewertung: A/C; DDD: 3,65 €. Zum Vergleich: Bupropion (Zyban®) 2,97 €; Nikofrenon® Pflaster 1,67 €.

Literatur

  1. Schwabe, U., und Paffrath, D.: Arzneiverordnungs-Report 2008. Springer Medizin Verlag, Heidelberg 2008.
  2. AMB 2008, 42, 73. Link zur Quelle
  3. Genovese, M.C., et al.: N. Engl. J. Med. 2005, 353, 1114. Link zur Quelle
  4. AMB 2007, 41, 84b. Link zur Quelle
  5. http://www.akdae.de/40/Aliskiren.pdf Link zur Quelle
  6. AMB 2007, 41, 33 Link zur Quelle und AMB 2003, 37, 14. Link zur Quelle
  7. AMB 2008, 42, 95. Link zur Quelle
  8. AMB 2008, 42, 46. Link zur Quelle
  9. AMB 2008, 42, 70b. Link zur Quelle AMB 2007, 41, 13b Link zur Quelle und 38. Link zur Quelle
  10. AMB 2007, 41, 50. Link zur Quelle
  11. http://www.akdae.de/20/10/2008-006.html Link zur Quelle und AMB 2007, 41, 88. Link zur Quelle
  12. http://www.akdae.de/40/Exenatide.pdf Link zur Quelle
  13. AMB 2007, 41, 03 Link zur Quelle und 92. Link zur Quelle
  14. http://www.akdae.de/20/10/2008-020.html Link zur Quelle
  15. AMB 2004, 38, 73b Link zur Quelle und AMB 2007, 41, 70a Link zur Quelle und 95a. Link zur Quelle
  16. AMB 2008, 42, 15b. Link zur Quelle
  17. AMB 2006, 40, 91 Link zur Quelle und AMB 2008, 42, 81. Link zur Quelle
  18. http://www.aerzeblatt.de/v4/news/news.asp.?id=32768 Link zur Quelle
  19. http://www.akdae.de/40/Sitagliptin.pdf Link zur Quelle
  20. AMB 2008, 42, 11a. Link zur Quelle
  21. AMB 2008, 42, 20b. Link zur Quelle
  22. AMB 2009, 43, in Vorbereitung.
  23. http://www.akdae.de/20/40/Archiv/2009/20090105.pdf Link zur Quelle
  24. AMB 2007, 41, 36. Link zur Quelle
  25. http://www.akdae.de/20/10/2008-026.html Link zur Quelle